Wie KI in Unternehmen implementiert und betrieben wird

KI-Projekte scheitern meist an der letzten Meile

Ki-Projekt

Der Hype um KI-Technologien ist ungebrochen. Laut der aktuellen State of AI-Studie von McKinsey nutzen bereits 65 Prozent der Unternehmen weltweit KI-Lösungen in irgendeiner Form.

Doch hinter diesen beeindruckenden Zahlen verbirgt sich eine ernüchternde Realität: Die meisten KI-Projekte scheitern, bevor sie jemals produktiven Mehrwert liefern. Die größte Herausforderung liegt nicht in der Entwicklung der Algorithmen, sondern in ihrer dauerhaften und stabilen Integration in die Unternehmens-IT.

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Die Kluft zwischen Proof-of-Concept und Produktion

Die Adoption Rate von KI ist noch immer ungleichmäßig über verschiedene Branchen verteilt. Bei meinen Gesprächen mit Kunden im amerikanischen und europäischen Raum zeigt sich ein klares Muster: Die Zurückhaltung bei der Implementierung liegt weniger an mangelndem Interesse als vielmehr an der unterschätzten Komplexität des dauerhaften Betriebs.

Ein grundlegendes Problem stellt die rasante Entwicklung der Technologie dar. Frameworks wie TensorFlow und Keras entwickeln sich kontinuierlich weiter, während gleichzeitig die Modelle selbst permanent nachjustiert werden müssen. Diese doppelte Dynamik stellt Unternehmen vor große Herausforderungen.

Die Vorstellung, ein KI-Projekt wie ein klassisches IT-Projekt mit einem definierten Ende zu behandeln, erweist sich in der Praxis als Trugschluss. Stattdessen handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess, der dauerhaft Ressourcen bindet. Diese Erkenntnis trifft viele Unternehmen unvorbereitet, wie sich bei einem kürzlich besuchten Kunden zeigte, der aufgrund von Personalengpässen die Wartung seiner KI-Anwendung auslagern musste.

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Analytische versus generative KI: Unterschiedliche Herausforderungen

Die operativen Anforderungen unterscheiden sich fundamental zwischen analytischer KI (Vorhersagen und Mustererkennung) und generativer KI (Generieren von Inhalten). Während viel Aufmerksamkeit auf generative KI-Anwendungen fällt, liefern analytische KI-Modelle in vielen Fällen den größeren Mehrwert.

Besonders in sensiblen Bereichen wie der Medizin wird die begrenzte Erklärbarkeit komplexer generativer KI-Modelle zur Herausforderung. Die Intransparenz der Entscheidungswege erschwert die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse und damit ihre Akzeptanz in kritischen oder regulierten Anwendungsfeldern.

Die Problematik der Interpretierbarkeit beschäftigt auch führende Forschungseinrichtungen wie Anthropic. Ein vielversprechender Ansatz ist laut der RAND Corporation die sogenannte “Mechanistic Interpretability”, bei der die Aktivierung einzelner Neuronen visualisiert wird. Doch bis diese Technologie reif ist, bleiben kritische Einsatzgebiete wie Medizin, Finanzwesen und Verteidigung zurückhaltend.

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Die vergessene Dimension: Nachhaltiger KI-Betrieb

Die größte Herausforderung beim KI-Einsatz liegt nicht in der initialen Entwicklung, sondern in der kontinuierlichen Pflege und Anpassung der Modelle. Bei einem aktuellen Kundenprojekt aus der Landwirtschaft wurde dies besonders deutlich: Neben der einmaligen Aktualisierung des Datenbestands mussten auch Mechanismen implementiert werden, die es den Nutzern ermöglichen, Parameter zurückzumelden, damit sich die Modelle automatisch verbessern können.

Dieses “Recruit Learning” ist entscheidend für den langfristigen Erfolg jeder KI-Initiative. Die Trainierbarkeit muss von Anfang an in einem KI-Projekt für einen langfristigen Zeithorizont mitberücksichtigt werden. Andernfalls entwickelt man ein System, das nach kurzer Zeit veraltet und seinen Nutzen verliert.

Diese Erkenntnis verändert den gesamten Entwicklungsansatz: Die Adaptierbarkeit muss von Beginn an eingebaut werden, sonst bleibt der langfristige Nutzen begrenzt. Es geht nicht mehr um einmalige Entwicklung, sondern um evolutionäre Systeme, deren Weiterentwicklung automatisiert werden sollte.

Fachkräftemangel als Bremsklotz

Ein weiteres gravierendes Problem ist der akute Mangel an qualifizierten Fachkräften. Die verfügbaren Spezialisten sind sowohl in den USA als auch in Europa knapp und entsprechend teuer. Die größte Herausforderung besteht darin, Mitarbeiter zu finden, die sowohl Branchenkenntnisse als auch das technische Know-how für die Betreuung von KI-Systemen mitbringen.

Diese Personalproblematik ist ein wesentlicher Faktor für das Scheitern von KI-Projekten. Besonders betroffen ist der Mittelstand, der im Wettbewerb um Spezialisten oft nicht mit den Gehältern oder der Attraktivität der Großkonzerne mithalten kann.

Hybrid-Modelle als Zukunftstrend

Ein vielversprechender Lösungsansatz ist die Kombination analytischer und generativer KI- Modelle. Die aktuelle Entwicklung geht dahin, Interpretierbarkeit direkt in die Modellarchitektur einzubauen. Durch implementierte Checkpoints wird nachvollziehbar, welche Entscheidungswege im Modell getroffen werden.

Diese Hybrid-Architekturen kombinieren die Stärken beider Ansätze: Die Transparenz und Effizienz analytischer Modelle mit der Flexibilität und Anpassungsfähigkeit generativer Systeme. Dabei sollte die grundsätzliche Frage immer sein, ob KI für den spezifischen Anwendungsfall überhaupt notwendig ist, oder ob analytische Methoden mit höherer Transparenz ausreichen.

Managed Services als strategischer Ausweg

Angesichts dieser komplexen Herausforderungen gewinnen spezialisierte Dienstleister an Bedeutung, die die kontinuierliche Betreuung von KI-Systemen übernehmen. Viele IT- Dienstleister fokussieren sich nicht auf die Eigenentwicklung von KI-Lösungen, sondern auf die Übernahme und Optimierung bestehender Implementierungen, die ins Stocken geraten sind.

Der Fokus liegt dabei auf dem Langzeitbetrieb. Über die einmalige Rettung eines Projekts hinaus werden langfristige Engagements angestrebt, die über mehrere Jahre laufen können. Besonders attraktiv sind dabei Projekte, die das Alleinstellungsmerkmal eines Unternehmens unterstützen und so einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil schaffen.

Diese Ausrichtung entspricht einem wachsenden Marktbedürfnis: Unternehmen benötigen Partner, die nicht nur bei der initialen Entwicklung unterstützen, sondern auch den nachhaltigen Betrieb sicherstellen können. Das Ziel ist eine kontinuierliche, in automatisierter Form, die KI-Systeme und Softwareentwicklung integriert.

Der Betrieb entscheidet über den ROI

Die Zukunft gehört nicht den Unternehmen mit den besten KI-Modellen, sondern jenen mit den stabilsten und skalierbarsten KI-Operations. Die technologischen Möglichkeiten sind vorhanden, die Investitionsmittel fließen. Was fehlt, ist die konsequente Fokussierung auf die “letzte Meile” – die nachhaltige Integration von KI in den Unternehmensalltag.

Erfolgreiche KI-Transformation erfordert eine neue Art des Denkens über IT-Operations, bei der kontinuierliches Lernen, automatisierte Anpassung und proaktive Wartung zur Norm werden. Besonders im Industriestandort Deutschland ist eine starke Automatisierung, die auf ausgereiften KI-Systemen basiert, entscheidend für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.

Ob durch den Aufbau interner Capabilities oder die Partnerschaft mit spezialisierten Dienstleistern – ohne professionelle KI-Operations bleiben selbst die vielversprechendsten Projekte in der Proof-of-Concept-Phase stecken. Die Erkenntnis setzt sich durch: Der nachhaltige Betrieb ist mindestens genauso wichtig wie die initiale Entwicklung.

Weiss

Helmut

Weiß

Cloud Architect

Skaylink

Silvio

Kleesattel

Technology & Innovation Lead

Skaylink

Silvio Kleesattel ist Technologie- und Innovationsleiter bei Skaylink, einem europäischen Anbieter von Cloud Managed Services. Als technologischer Vordenker von Skaylink ist er für Innovationen mit einer amerikanischen Perspektive aus Brasilien verantwortlich. Dank zwei Jahrzehnten internationaler Erfahrung in der IT-Welt und seiner Nähe zum operativen Kundengeschäft in Europa und Nordamerika
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