Hyperpersonalisierung

Wie GenAI das Kundenerlebnis revolutioniert

Kundenservice

Stetig steigende Kundenerwartungen setzen Unternehmen zunehmend unter Druck. Doch mit generativer KI steht inzwischen eine Technologie bereit, die hilft, Kundinnen und Kunden individuell anzusprechen und ihre Anliegen schneller zu lösen. Aber wie funktioniert das genau und welche Herausforderungen ergeben sich dabei?

In Zeiten, in denen die Kundschaft mehr und mehr maßgeschneiderte Erlebnisse erwartet und immer häufiger wechselbereit ist, wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden, ist Kundenorientierung zu einem strategischen Erfolgsfaktor geworden. Um im Wettbewerb zu bestehen, müssen Unternehmen sich von One-Size-Fits-All-Ansätzen in der Kommunikation und im Service verabschieden und individuell auf ihre Kunden sowie deren Bedürfnisse eingehen. Allein die Ansprache mit dem Namen in einer E-Mail reicht längst nicht mehr aus – notwendig sind hyperpersonalisierte Interaktionen über alle Kanäle hinweg.

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Als entscheidende Technologie dafür hat sich in den vergangenen Monaten generative KI (GenAI) etabliert. Mit ihrer Fähigkeit, Informationen aus verteilten Datenbeständen zu ziehen und Inhalte individuell zu erstellen, verändert sie geradezu die Spielregeln. Das fängt schon auf der Website an, wo die dargestellten Texte und Bilder genau auf den jeweiligen Besucher zugeschnitten werden können. Voraussetzung ist, dass Unternehmen beim Seitenaufruf schon einiges Wissen über den Besuchenden haben, um ihm Produkte und Services in angepasster Form zu präsentieren oder die Ansprache zu optimieren. In Abhängigkeit vom Alter oder einer Einstufung in konservativ oder progressiv könnten beispielsweise Anrede und Tonalität variiert werden.  

Im einfachsten Fall kennen Unternehmen etwa den Standort des Besuchenden oder den Suchbegriff, über den er auf die Website gekommen ist. Diese Informationen erlauben zumindest eine grundlegende Anpassung der Inhalte. Im Idealfall erkennen Unternehmen jedoch die konkrete Person und können sich bei der Personalisierung auf detaillierte Angaben aus den Stammdaten und der Kundenhistorie stützen. Darüber hinaus sind externe Marketingplattformen eine wertvolle Hilfe, da sie in der Regel tiefgehende Einblicke in die Interessen und das Verhalten von Internet-Usern liefern. Im Grunde gilt: Je mehr Informationen Unternehmen vorab haben, desto eher können sie sich ein vollständiges Bild vom Besuchenden machen und desto besser die Seiteninhalte für ihn anpassen.

Die KI erstellt individuelle Inhalte

Insbesondere die Generierung individueller Texte funktioniert mit GenAI schon ausgezeichnet – von der Ansprache der Kundinnen und Kunden über maßgeschneiderte Produktbeschreibungen bis hin zu Anleitungen und Hilfetexten, die ihr Vorwissen und ihre Sprache berücksichtigen. Zudem lassen sich die Oberflächen von Website und App jederzeit so verändern, dass für den jeweiligen Nutzenden wichtige Inhalte, Funktionen und Bedienelemente optimal platziert sind. Selbst Bilder und Videos kann die KI liefern, um Produkte in einem zum Betrachter passenden Umfeld zu präsentieren. Um den großen Stauraum eines Autos zielgruppengerecht zu veranschaulichen, könnte es einem Familienvater beispielsweise mit Kinderwagen im Kofferraum angezeigt werden, der sportlichen Mitzwanzigerin hingegen mit einem eingeladenen Fahrrad.

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Da die Generierung von Bildern und Videos viele Rechenressourcen erfordert und die Ergebnisse recht unterschiedlich ausfallen können, werden visuelle Inhalte derzeit oft vorproduziert. Die KI wird mit echten Aufnahmen gefüttert, an denen sie sich beim Erstellen von Varianten und Alternativen orientieren kann – die finale Auswahl übernimmt dann der Mensch. Weitere Modellverbesserungen und ausreichend Rechenleistung vorausgesetzt, sollte es künftig aber möglich sein, Bilder und Videos für die Website on demand zu generieren und ohne weitere Kontrollen anzuzeigen. 

In einigen Anwendungsfällen wird das schon gemacht, etwa bei der virtuellen Anprobe von Kleidung und Schmuck, virtuellen Testfahrten im neuen Auto oder der virtuellen Einrichtung von Küchen und Wohnungen. Hier ist der Rahmen durch vorliegendes Bildmaterial von Produkten und Umgebungen eng genug gesteckt, und von Nutzern hochgeladene Fotos können einen Inhaltsfilter durchlaufen, um unangemessene oder unbrauchbare Inhalte vor der Verwendung auszusortieren.

Im Dialog mit einem Bot

Auch Chatbots und Sprachbots hebt GenAI auf ein völlig neues Level. Handelte es sich bislang um eher simple Systeme, die festen Gesprächsfäden folgten, nach Schlüsselworten suchten und Textbausteine nutzten, so sind sie nun in der Lage, geschriebene und gesprochene Sprache tatsächlich zu verstehen und Antworten frei zu formulieren. Kurz gesagt: Sie führen einen richtigen Dialog. Kundinnen und Kunden können ihr Anliegen schildern, die KI fragt gegebenenfalls nach und sucht dann in Wissensdatenbanken und Support-Dokumenten nach Lösungen, die sie individuell aufbereitet. Eine KI-basierte Anliegen-Erkennung erreicht nach Erfahrung von NTT DATA inzwischen Genauigkeiten von weit über 90 Prozent, sodass deutlich weniger Anfragen als bisher an einen menschlichen Mitarbeitenden übergeben werden müssen. 

Das verbessert die Customer Experience sowohl direkt als auch indirekt: Direkt, weil die Kundschaft weniger Frusterlebnisse hat als mit den klassischen Chat- und Sprachbots, die sich noch immer auf vielen Websites und an vielen Hotlines finden. Und indirekt, weil die GenAI-gestützten Bots das Team im Contact Center entlasten, sodass es mehr Zeit für komplexe Anliegen hat und die Wartezeiten auf einen freien Mitarbeitenden kürzer ausfallen.

Künftig könnte es sogar Standard werden, dass sich zunächst zwei Bots unterhalten – wenn nämlich Kundinnen oder Kunden ihren KI-Assistenten auf dem Smartphone oder einen anderen KI-Agenten anweisen, ein Problem für sie zu lösen, und dieser über die Website oder Hotline Kontakt aufnimmt. In diesem „Internet of Agents“ (IoA) versuchen zwei oder mehr Bots beziehungsweise Agenten die ihnen präsentierten Anliegen oder Aufgaben vollkommen selbstständig zu lösen.

Die Fähigkeiten der KI gehen allerdings weit über das Kommunikative – das Verstehen und Formulieren von Texten und das Ausarbeiten von Problemlösungen – hinaus, denn sie kann Personen anhand ihrer Stimme identifizieren und ihre Stimmung einschätzen. Stimmbiometrie gibt es zwar schon länger, doch bislang mussten Kundinnen und Kunden zunächst vorgegebene Texte einsprechen, die dann zur Authentifizierung wiederholt und mit den Aufnahmen abgeglichen wurden. Erst mit GenAI können sie im normalen Gespräch zuverlässig identifiziert werden. Allerdings werden auch die Möglichkeiten, Stimmen mit KI zu fälschen, immer besser, weshalb Unternehmen einen zweiten Authentifizierungsfaktor abfragen sollten, bevor sie sensible Informationen wie einen Kontostand herausgeben oder Aktionen wie eine Tarifänderung einleiten.

Die Stimmungserkennung, auch Sentiment-Analyse genannt, ist wiederum ein wichtiges Werkzeug, um den richtigen Moment abzupassen, in dem ein Chat oder Gespräch an einen menschlichen Mitarbeitenden übergeben werden sollte. Sie wertet unter anderem Wortwahl und Tonalität aus, um etwa Frust, Stress oder Sarkasmus zu erkennen.

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Unterstützung für Mitarbeitende

Übergibt der Bot jemanden an einen Mitarbeiter, kann GenAI diesem eine kurze und übersichtliche Zusammenfassung des bisherigen Gesprächs liefern, sodass die Person ihr Anliegen nicht erneut schildern muss. Das sollte übrigens für alle Kanalwechsel gelten: Auch wenn ein Kunde zuvor via E-Mail mit dem Support in Kontakt stand, sollten dem Mitarbeitenden bei einer telefonischen Nachfrage schon alle Details des bisherigen Austauschs vorliegen – übersichtlich aufbereitet und versehen mit wichtigen Informationen aus der Kundenhistorie. Im Gespräch kann die KI dann im Hintergrund nach Lösungsvorschlägen für ein Problem suchen und Handlungsempfehlungen geben. Auf diese Weise hilft sie der Belegschaft, Anfragen schneller und besser zu beantworten.

Darüber hinaus kann KI das Cross-Selling vorantreiben und optimal zur Kundschaft passende Angebote empfehlen – und nach einem Gespräch umgehend ein Protokoll anfertigen, sodass Mitarbeitende das nicht selbst tun müssen und sich schneller wieder um Kundinnen und Kunden kümmern können. Idealerweise erkennt die KI neue Anliegen und Lösungen, die in den Wissensdatenbanken noch nicht dokumentiert sind, und trägt diese ein. Gegebenenfalls schaut anschließend noch jemand aus dem Team über die Informationen, nimmt Anpassungen vor und schaltet sie frei. Dies reduziert den manuellen Aufwand für die Pflege von Wissensdatenbanken erheblich und stellt sicher, dass sie stets auf dem neuesten Stand sind.

Ebenso lässt sich GenAI beim Training der Belegschaft im Service und Verkauf einsetzen, um Erfahrungen der Kundschaft zu verbessern. Virtuelle, auf GenAI-basierende Avatare können dort als Sparringspartner dienen, die unterschiedliche Charakterzüge und Anliegen haben und die Teammitglieder nicht nur vor typische, sondern auch herausfordernde Situationen stellen. Die KI wertet dabei das Verhalten der Mitarbeitenden aus und gibt ihnen Feedback – etwa ob sie die richtigen Fragen gestellt und das Anliegen korrekt erkannt haben, ob sie freundlich waren und Floskeln oder Füllwörter wie „Äh“ und „Hm“ genutzt haben. Und beim Videotraining für Verkaufsgespräche checkt die KI darüber hinaus auch Gestik und Mimik oder ob Blickkontakt hergestellt wurde.

Das Problem mit den Datensilos

Wie gut generative KI die Customer Experience tatsächlich verbessert, hängt wie bei jedem KI-Einsatz von den zur Verfügung stehenden Daten ab, und hier fangen für die meisten Unternehmen die Probleme schon an. Die Daten verteilen sich in der Regel über eine Vielzahl von Systemen und sind teilweise redundant oder nicht einheitlich – zum Beispiel, weil mehrere Datenbanken mit Informationen zur Kundschaft und mit internem Wissen existieren oder weil die Schreibweisen von Namen und Adressen voneinander abweichen. 

Im Zuge der GenAI-Einführung sollten Unternehmen daher ihre Datenbestände bereinigen und verknüpfen. Es ist nicht unbedingt notwendig, alle Daten in einem großen Pool zusammenzuführen – sie müssen in erster Linie zugänglich und nutzbar sein, damit die KI ein ganzheitliches Bild von Kundinnen und Kunden gewinnen und auf alle Wissensquellen zugreifen kann. Unter Umständen kann es jedoch sinnvoll sein, die benötigten Daten auf ein neues System zu replizieren, um zusätzliche Last auf den Bestandssystemen zu vermeiden und eine hohe KI-Performance zu erhalten. Schließlich hängen gute Kundenerlebnisse auch von kurzen Antwortzeiten ab. 

Gerade die Verknüpfung der Datenquellen ist häufig nicht nur mit technischen, sondern ebenso mit organisatorischen Herausforderungen verbunden. Einerseits weil die verschiedenen Systeme zu unterschiedlichen Fachbereichen und Teams gehören, andererseits weil sich durch den KI-Einsatz die Aufgaben der Mitarbeitenden verändern. KI-Projekte sind daher immer auch Change-Projekte. Wollen Unternehmen das Potenzial von GenAI zur Verbesserung der Customer Experience tatsächlich ausschöpfen und die Zufriedenheit und Treue der Kundschaft nachhaltig steigern, dürfen sie diesen Punkt keinesfalls unterschätzen.

Florian Sölch

Florian

Sölch

Head of CXM

NTT Data DACH

William Cobbah

William

Cobbah

Head of Data and Intelligence

NTT

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