Studie

Deutschland lässt weibliches Fachkräftepotenzial nach wie vor ungenutzt

Fachkräfte

Immer mehr Frauen in Deutschland lernen Programmieren – allerdings später und auf alternativen Bildungswegen. Auch werden sie deutlich seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen als ihre männlichen Kollegen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Le Wagon, einem Anbieter innovativer Weiterbildungen im Bereich Tech und Coding, und Honeypot.io, der europaweit führenden Plattform für Tech-Jobs. Die gemeinsame Umfrage zum Thema Frauen in Tech-Berufen zeigt, dass Frauen in Tech-Berufen nach wie vor unterrepräsentiert sind. Den Befragten fehlt der Überblick über mögliche Jobprofile sowie Programmierunterricht bereits in der Schule. Die Studie offenbart eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und setzt ein deutliches Signal sowohl in Richtung Bildungsinstitutionen als auch für die Tech-Industrie.

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Frauen lernen immer häufiger programmieren und möchten im Tech-Sektor arbeiten. Doch zu den entsprechenden Vorstellungsgesprächen werden sie deutlich seltener eingeladen als ihre männlichen Kollegen.

Das zeigt die aktuelle Studie „Women in Tech“, der Dienstleister Le Wagon und Honeypot.io. Die beiden Unternehmen begleiten Menschen in den zwei wichtigsten Phasen der beruflichen Karriere – Ausbildung und Jobsuche – und befragten Teilnehmerinnen und Nutzerinnen zu ihren Erfahrungen. So wurden nur etwa 16 Prozent der Userinnen der Tech-Job-Plattform Honeypot.io im Jahr 2022 zu Vorstellungsgesprächen eingeladen – trotz des enormen Bedarfs an Fachkräften. Bei den männlichen Bewerbern waren es 84 Prozent. “

Uns war es wichtig, zu erfahren, wie genau Frauen in Tech-Berufe einsteigen. Am Ende haben Frauen und Männer zwar ähnliche oder gleiche Positionen inne, doch sie kommen auf teils völlig unterschiedlichen Wegen dorthin. Unsere Umfrageergebnisse zeigen: Frauen starten am häufigsten als Quereinsteigerinnen in der Branche. Für uns als Bildungsanbieter ist das ein äußerst wichtiger Faktor, wenn es darum geht, unser Angebot passend zu gestalten” sagt Hakan Housein, Sprecher von Le Wagon Deutschland, über die Studie.

Dabei steigt der Anteil der Frauen, die Programmieren lernen. Gut jeder Dritte Teilnehmende (33,8 Prozent) in den Coding-Camps von Le Wagon ist eine Frau. Während der Coronapandemie ging diese Zahl zwar deutlich zurück. Eine mögliche Ursache vermuten die Studienherausgeber in der unbezahlten Care-Arbeit, die Frauen nach wie vor häufiger übernehmen und die durch die Covd-Pandemie weiter zugenommen hat.

Insgesamt kommen Frauen spät zum Programmieren. Knapp 75 Prozent der Befragten starteten erst mit 27 Jahren oder später in die Tech-Branche. Das liegt zum einen an fehlenden Informationen über die Branche und an mangelnden Informationen über die verschiedenen Karriereoptionen (42 Prozent der Befragten). Jeweils 33 Prozent der Befragten befürchteten, dass ihnen fachliche Kenntnisse fehlen oder benennen die mangelnde Vermittlung von Programmierfähigkeiten während der Schulzeit.

So lernen die meisten (78 Prozent) Honeypot-Nutzerinnen das Programmieren in Bootcamps. Diese zählen damit zu den beliebtesten Quellen für Bildung im Erwachsenenalter. Für den Uni-Hörsaal hingegen entschieden sich deutlich weniger Frauen: nur fünf Prozent erlangten ihre Programmierfertigkeiten an einer Universität.

Le Wagon und Honeypot.io interessierten sich neben den Datenpunkten auch für die persönliche Erfahrungen der Umfrageteilnehmerinnen:

“Die größten Herausforderungen waren meist psychologischer Natur”, sagt Erika Grossehokamp, über ihren beruflichen Werdegang. Heute arbeitet sie als Data Consultant, doch ihre Karriere begann als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit einem Master in Wirtschaftswissenschaften. “Ich fühlte mich manchmal wie eine Hochstaplerin, wenn ich mich auf Stellen bewarb! Ich hatte das Gefühl, dass sich vielleicht niemand für mich interessieren würde, weil ich keinen Abschluss oder keine lange Erfahrung in diesem Beruf habe. Dann fand ich meinen jetzigen Arbeitgeber, der sich nicht so sehr für meinen Hintergrund interessierte, sondern eher dafür, ob ich lernfähig bin. Das konnte ich durch eine technische Herausforderung beweisen, und nun arbeiten wir schon seit über 1,5 Jahren zusammen, und es war eine tolle Erfahrung.”

Während also an vielen Stellen schon Fortschritte erkennbar sind, gibt es in anderen Punkten noch deutlich Luft nach oben. Vor allem im Hinblick auf den wachsenden Fachkräftemangel, insbesondere im IT-Sektor, sind wir alle in der Verantwortung, die nötigen Veränderungen herbeizuführen. Das betrifft nicht nur die Schaffung von Strukturen und Umgebungen, die den Einstieg in die Branche erleichtern, sondern auch das Hinterfragen bestehender Denkmuster.

Imke Schultjan, Managing Director bei Honeypot.io, sagt: “Wir möchten mit diesem Bericht die Diskussion über das ungenutzte Potenzial der weiblichen Arbeitskräfte in der Technologiebranche wieder in den Mittelpunkt rücken. Frauen sind eine sich dynamisch entwickelnde Kraft in der Tech-Branche, während der Bedarf an großartigen Tech-Talenten schnell wächst. Dies könnte eine Gelegenheit für Unternehmen sein, Inklusion und Gleichberechtigung weiter auszubauen.

Methodik der Umfrage: Das Geschlecht wurde sowohl anhand externer Bibliotheken, die auf der Grundlage von Vornamen ermittelt wurden, als auch anhand eines Python-Geschlechtsdetektors bestimmt. Die Gehaltsdaten des Reports stammen aus den Gehaltsangaben einstellender Unternehmen auf der Plattform Honeypot, dabei wurden die Stellenanzeigen für Software-Entwickler:innen, Ingenieur:innen und Daten-Analyst:innen berücksichtigt. Daten zu Bootcamps von Le Wagon beziehen sich auf die 17.000 Absolvent:innen der Kursangebote Web Development und Data Science im DACH-Raum und anderen Weltregionen aus den vergangenen fünf Jahren und wurden durch das Unternehmen bereitgestellt. Zusätzlich wurden qualitative Interviews mit 27 Frauen in Tech-Berufen sowie vier Le Wagon Absolvent:innen in Deutschland, Großbritannien und anderen Ländern durchgeführt.

www.lewagon.com

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