Neue BHN-Studie zeigt: Feierabend ist für viele nur Theorie. Eine ernüchternde Bestandsaufnahme zum steigenden Stresslevel und dem Druck, auch nach der Arbeitszeit erreichbar zu sein.
Eine Untersuchung des Anbieters Blackhawk Network (BHN) verdeutlicht, dass für viele Beschäftigte in Deutschland Erholung nur schwer möglich ist. Fast 40 Prozent der Befragten gaben an, auch während des Urlaubs auf berufliche Nachrichten oder E-Mails zu reagieren. Damit bleibt das Postfach mental oft geöffnet, selbst wenn offiziell freie Zeit ansteht.
Wenn Feierabend nur auf dem Papier existiert
Die Ergebnisse zeichnen ein deutliches Bild: Rund sechs von zehn Beschäftigten antworten mindestens zweimal pro Woche nach Dienstschluss auf berufliche Nachrichten. Knapp 39 Prozent tun dies sogar täglich. Für fast die Hälfte der Befragten ist der Stresspegel dadurch heute höher als noch vor fünf Jahren. Nur ein kleiner Teil empfindet die Situation entspannter als zu Beginn der Corona-Pandemie.
Das ständige „Always-on“-Gefühl wirkt sich spürbar auf die Work-Life-Balance aus. Während Feiertage wie Weihnachten oder Ostern weitgehend als Ruhezonen respektiert werden, reagieren am Wochenende oder im Urlaub viele weiterhin auf dienstliche Anliegen. Nur ein Fünftel der Arbeitnehmer schafft es, konsequent außerhalb der Arbeitszeit abzuschalten.
Junge Beschäftigte besonders betroffen
Der Trend zur ständigen Erreichbarkeit verstärkt sich besonders in jüngeren Altersgruppen. Mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen sowie der 30- bis 39-Jährigen prüft heute häufiger berufliche Nachrichten nach Feierabend als noch vor fünf Jahren. Gleichzeitig berichten genau diese Gruppen von einem gestiegenen Stressniveau.
Interessant ist jedoch, dass Jüngere in Situationen mit persönlicher oder sozialer Bedeutung – etwa bei Familienfeiern oder kulturellen Veranstaltungen – häufiger als ältere Beschäftigte Grenzen ziehen. Das deutet auf ein wachsendes Bewusstsein für die eigene Balance zwischen Beruf und Privatleben hin.
Private Momente unter Druck
Ein Viertel der Befragten gab an, bereits beim Abendessen mit Familie oder Freunden auf berufliche Anliegen reagiert zu haben. Auch bei Geburtstagen oder Taufen unterbrachen rund 16 Prozent private Aktivitäten für die Arbeit. Selbst in öffentlichen Momenten wie Konzerten oder Kinobesuchen griffen einige zum Smartphone. Diese Entwicklung zeigt, wie stark die Arbeit in persönliche Lebensbereiche eindringt.
Richtlinien allein lösen das Problem nicht
In vielen Unternehmen fehlen klare Vorgaben zur Erreichbarkeit. Laut der Studie ist dieses Thema in knapp der Hälfte der Betriebe überhaupt nicht geregelt. Selbst dort, wo es formale Richtlinien gibt, verändert dies das Verhalten der Mitarbeiter kaum. Entscheidend sei weniger das Vorhandensein von Regeln, sondern die gelebte Unternehmenskultur.
Patrick Schlieper von BHN betont, dass Beschäftigte nur dann wirklich entlastet werden, wenn Erwartungen klar kommuniziert und Vorbilder geschaffen werden. Ergänzend seien flexible Benefits sinnvoll, die Angestellte in verschiedenen Lebenslagen mental, körperlich und finanziell unterstützen.
Handlungsbedarf für Unternehmen
Die Studie macht deutlich, dass Arbeitgeber gefordert sind, mehr als nur PDF-Dokumente mit Vorgaben zu erstellen. Gefragt sind konkrete Maßnahmen im Alltag: von der klaren Definition der Erreichbarkeit bis hin zu gelebter Anerkennungskultur. Nur so lassen sich Stress reduzieren, Motivation fördern und langfristig Burnout-Risiken senken.