Recruiting heute: Post & Pray ist tot

Ansatz von innen heraus

So einfach es klingt, so grundlegend und entscheidend sind Überlegungen der HR dazu, ob Mitarbeiter wirklich gerne im Unternehmen arbeiten, oder die Arbeit nur als einen austauschbaren Gehaltscheck sehen. Der Arbeitgeber ist heute schnell ersetzt – IT-ler wechseln beispielsweise alle 2,1 Jahre den Job.

Um das zu vermeiden und die Mitarbeiterbindung zu stärken, ist es umso wichtiger herauszufinden, was die einzelnen Abteilungen am Unternehmen schätzen und was sie sich (noch) wünschen. An erster Stelle stehen dabei meist nicht Dinge wie “Kickertische” oder “Obstkörbe”, sondern ganz alltägliche Erfahrungen, die den Arbeitsalltag bereichern und eine gewisse Einzigartigkeit mit sich bringen. Persönliche Wertschätzung und Umgang miteinander, Work-life-balance, Qualität von Führungskräften und strategische Ausrichtung des Unternehmens sind ausschlaggebende Faktoren.

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Wenn Unternehmen erkennen, welche Punkte von Mitarbeitern aufrichtig geschätzt werden, können sie auch nach außen gespiegelt werden – auf den eigenen Kanälen, oder durch Mitarbeiter, die motiviert werden, ihre Erfahrungen auf den vorher erwähnten Portalen wie Kununu oder Glassdoor zu teilen. Hier gilt es aber eines unbedingt zu beachten: Bewertungsportale zwingen Arbeitgeber dazu, auf den selbst gesteuerten Employer Branding Kanälen authentisch zu sein und nichts zu versprechen, was sie nicht halten können. Wenn die gelebte Praxis sich nicht mit den Marketingbotschaften deckt, riskiert man nicht nur den Verlust bestehender Mitarbeiter, man schreckt auch andere potentielle Bewerber ab.

Zusammengefasst gilt: Glückliche Mitarbeiter sind die besten Markenbotschafter. Sie werden von ganz alleine über ihre Erlebnisse berichten und die Realität in einem Unternehmen nach außen tragen.

Zusammen erreicht man mehr

Jobs werden zunehmend spezifischer und komplexer. Zu erwarten, dass die HR in einem Unternehmen die Herausforderungen und Ansprüche aller Jobs in jeder Abteilung kennt, ist unrealistisch und gefährlich. Aber je weniger die HR weiß, desto schwieriger wird die Personalgewinnung. Fachkräfte erwarten Fachwissen – auch im Recruitingprozess.

Im Tech-Recruiting ist eine enge Zusammenarbeit zwischen HR und Fachseite oft besonders von Vorteil. Das mag offensichtlich klingen: trotzdem zeigen sich in der Praxis immer wieder Fälle, bei denen genau das nicht umgesetzt wird. Dabei bringt die Kooperation und der Austausch so viele Vorteile: Durch eine enge Kommunikation der Teams können genauere Anforderungsprofile erstellt werden. Das hilft potenziellen Mitarbeitern, sich ein präzises Bild von einer ausgeschriebenen Stelle zu machen. Zudem kommt es bei den Bewerbern gut an, wenn das Anschreiben bzw. der Kontakt mit den Bewerbern teilweise direkt über die technischen Manager (oder in ihrem Namen) abläuft. Die Praxis zeigt, dass die Quote von angeschriebenen Talenten zu eingestellten Talenten deutlich höher ist, wenn die technischen Teams direkt mit im Recruiting involviert sind. Das Gespräch zwischen Tech-Talent und Tech-Mitarbeiter erfolgt dann auf Augenhöhe.

Ein schöner Nebeneffekt: Durch die Zusammenarbeit von Fach- und HR-Abteilung werden gegenseitige Erwartungen kalibriert. Betroffene werden zu Beteiligten. Sind die Leiter einer Fachabteilung beim Recruiting involviert, wächst das Verständnis dafür, wie komplex Hiring heute abläuft und wie schwierig der Arbeitnehmermarkt gerade ist.

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Was nicht gemessen wird, wird auch nicht verbessert

In fast allen Unternehmensbereichen ist die Betrachtung von Kennzahlen das täglich Brot, im Recruiting dagegen eher selten. Um zu verstehen, ob das aktuelle Recruiting-System noch effektiv ist, gilt es zunächst eine Metrik zu finden, an dem die Effektivität festgemacht wird. Bei erfolgreichen HR-Abteilungen ist dies in unserer Erfahrung fast immer die “Time-to-hire”.

Diese Kennzahl misst die Zeit von der Veröffentlichung der Vakanz bis zur Unterzeichnung des Vertrags mit einem Bewerber. Die “Time-to-hire” ist die adäquate KPI, weil sie die Kernfrage beantwortet, anhand derer eine HR-Abteilung im Unternehmen beurteilt wird: “Wie lange dauert es, bis die Stellen besetzt sind?”

Die “Time-to-hire” hilft HR-Abteilungen auch, ihren Impact auf den Unternehmenserfolg zu beziffern. Denn unbesetzte Stellen führen zu Umsatzverlust: Kunden können nicht bedient werden, Projekte werden nicht gestartet, Produkte werden nicht verbessert, usw.

Wie lässt sich dieser Effekt quantifizieren? Oft hilft die einfache Daumenregel, dass ein Mitarbeiter in einem Unternehmen typischerweise das dreifache seines eigenen Gehalts erwirtschaftet. Aus 65.000 Euro Jahresgehalt ergeben sich so etwa 200.000 Euro Unternehmensumsatz. Bei ca. 200 Arbeitstagen pro Jahr ergibt sich also ein Umsatzverlust von ca. 1.000 Euro pro Arbeitstag, an dem diese Stelle unbesetzt bleibt. Wenn die HR-Abteilung also zehn Arbeitstage “Time-to-hire” bei zehn Stellen einsparen kann, ergibt das einen verhinderten Umsatzverlust von ca. 100.000 Euro.

Für HR-Teams sind solche Zahlen oft das beste Argument in Budgetverhandlungen. Denn Investitionen in gute HR-Mitarbeiter, moderne Softwarewerkzeuge, und effektive Recruitingkanäle machen sich schnell bezahlt. Die HR sollte also nicht als bloßer Kostenpunkt, sondern als Invest für Umsatzwachstum betrachtet werden. 

 

Jost

Schatzmann

Honeypot -

VP Marketplace

Zuvor war er 8 Jahre lang bei XING, zuletzt als VP Product E-Recruiting. Durch die langjährige Arbeit im Bereich Recruiting ist er mit den Herausforderungen und Chancen vertraut, die Fachkräftemangel und Digitalisierung für Unternehmen bedeuten.
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