PROBLEME VERHINDERN

PREDICTIVE ANALYTICS im PROJEKTMANAGEMENT

Zeitliche Verzögerungen, überschrittene Budgets, höherer Bedarf an Ressourcen: Es gibt viele Gründe, warum Projekte scheitern. Anhand aktueller Daten aus dem Projektmanagement können Unternehmen mit Hilfe von Machine Learning mögliche Fehlentwicklungen sofort erkennen und frühzeitig beheben. 

Analysen zur Vorhersage von Problemen (Predictive Analytics) werden bereits in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Zum Beispiel überwachenUnternehmen damit Produktionsmaschinen, um mögliche Fehler oder Reparaturfälle vorherzusehen.

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Dies funktioniert über Sensoren, welche die aktuellen Leistungsdaten permanent überprüfen. So lassen sich über kleine Abweichungen oder Schwankungen Anzeichen erkennen, die auf mögliche Probleme in der Zukunft hinweisen. Damit können Unternehmen frühzeitig planen, wann sie die Maschine aus dem Produktionsprozess nehmen und reparieren. Die Fertigung wird dadurch möglichst wenig gestört und der Fehler behoben, bevor er negative Auswirkungen auf die hergestellten Produkte hat.

Die Einsatzszenarien wachsen

Laut der IDG-Studie Predictive Analytics2018 bescheinigen zwei Drittel der Unternehmen der gezielten Datenanalyse inihrem Geschäftsbereich großes Potenzial. Fast 60 Prozent sind mit den Ergebnissen der bisherigen Predictive-Analytics-Projekte zufrieden. 94 Prozent der Firmen nutzen sie für bessere Geschäftsentscheidungen, insbesondere in den Bereichen IT, Management und Produktion.

Es gibt aber viele weitere Einsatzszenarien. Dazu gehören etwa Empfehlungsalgorithmen in Online-Shops und Streaming-Plattformen, Spracherkennung und -generierung in Smart-Home-Systemen oder Bilderkennung in der medizinischen Diagnostik. Noch nicht sehr häufig – aberderzeit im Kommen – ist die Nutzung von  Predictive Analytics im Projektmanagement. Gerade hier kann der Ansatz dazu dienen, Projekte im vorgegebenen Umfang, Zeit- und Budgetrahmen zu halten. Aber auch die ständige Prüfung, ob ein   Projekt noch auf dem richtigen Weg ist,um die wesentlichen Ziele zu erreichen, gilt als wichtiger Anwendungsfall.

Daten und ihre Nutzung

Obwohl die benötigten Daten in der Regel vorhanden sind, kommt Predictive Analytics im Projektmanagement bislang noch selten zum Einsatz. Es fehlt vor allem an der Bereitschaft, große Datenmengen zur Entscheidungsfindung heranzuziehen. Doch gerade dies wäre wichtig, da sich mit herkömmlichen Methoden in den vergangenen Jahren die Erfolgsquote von Projekten nicht wesentlich verbessert hat, wie die Studie Global Project Management Survey von PMI zeigt. Tatsächlich gibt es im Projektmanagement ein großes Potenzial für Big-Data-Analysen. Schließlich steigt die Menge an projektbezogenen und allgemeinen Daten im Unternehmen rasant. Gleichzeitig sindCloud-Speicher und Rechenkapazitäten immer einfacher und günstiger verfügbar. Diese skalierbaren und teils kostenfreien Lösungen schaffen ideale Voraussetzungen für erste Einsatzszenarien und Machbarkeitsstudien. Damit können Unternehmen in überschaubaren Projekten testen, wie sich Datenanalysen für das Projektmanagement nutzen lassen. Und durch die zunehmende Technologisierung und Digitalisierung des kompletten Projektmanagement-Zyklus‘ vom Portfoliomanagement bis zu den Lessons Learned lassen sich zahlreiche Synergien nutzen.

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Die vier Stufen von Machine Learning

Eine wichtige Voraussetzung für fortgeschrittene Big-Data-Analysen und darauf basierende Vorhersagen ist Machine Learning. Dabei lassen sich vier Ebenen abgrenzen:

1. Descriptive Analytics: Analyse des IST-Zustands ohne Verknüpfung von Datenpunkten
2. Diagnostic Analytics: Erkennen von Mustern in Daten ermöglicht Rückschlüsse über Ursachen bisheriger Entwicklungen, aber keine Aussagen über künftige Trends
3. Predictive Analytics: Fortschreiben der erkannten Muster in die Zukunft
4. Prescriptive Analytics: Konkrete Empfehlungen anhand der erkannten Muster, um ein vordefiniertes Ziel zu erreichen

Beim Einsatz von Machine Learning müssen Unternehmen aber häufig zwischen einer höheren Genauigkeit der Vorhersage und ihrer Erklärbarkeit abwägen. Hochperformante Algorithmen wie neuronale Netze liefern zwar häufig bessere Ergebnisse, doch sie bieten kaum bis keine Erklärungen dafür, wie ein Ergebnis zustande kam und welche Faktoren zu welchem Anteil daran beteiligt waren. Mit Algorithmen wie Entscheidungsbäumen lassen sich dagegen Entscheidungsprozesse auf transparente Weise grafisch darstellen und dadurch relevante Input-Faktoren einfach erkennen.

Aufwand zur Datenanalyse sinkt

Als Inputdaten für Predictive Analytics im Projektmanagement können Unternehmen grundsätzlich alle Datenquellen für ein Machine-Learning-Modell nutzen. Am wichtigsten sind natürlich die Projektmanagementsysteme. Doch mit Hilfe von Text Mining lassen sich sogar Daten verwenden, die in unstrukturierter Textform vorliegen. Natural Language Processing (NLP) kann diese auf die wichtigsten Kerninformationen reduzieren und macht sie so kategorisierbar. Stimmungen von Nutzern können analysiert undzum Beispiel für das Projektrisikomanagement nutzbar gemacht werden. Dabei lassen sich auch Informationen aus externen Quellen wie soziale Medien oder Internetseiten in die Trendanalyse integrieren.

Für Unternehmen sind dafür keine hohen Anfangsinvestitionen mehr notwendig, da viele Tools bereits Unterstützung für Machine-Learning-Modelle bieten. Auch eineDatenhaltung in Form eines umfassenden  Data Warehouses ist für die Umsetzung erster Use Cases nicht notwendig. Eine Analyse und Bereinigung der Daten lässt sich sogar in Excel oder direkt in der Machine-Learning-Umgebung durchführen. Zur Modellerstellung kann etwa das Azure Machine Learning Studio genutzt werden. Auch hier sind erste Einsatzszenarien ohne Mehrkosten oder sonstige genutzteAzure-Services umsetzbar. Die Ergebnisse lassen sich dann via Web-Schnittstelle direkt in Projektplanungs- und Projektreporting-Tools integrieren.Mögliche Anwendungsszenarien Machine Learning lässt sich in zahlreichen Projektmanagement-Szenarien nutzen.

Die wichtigsten sind dabei wohl die Vorhersage von Projektdauer und Länge der Projektphasen sowie die Klassifizierung gefährdeter Aufgaben.

  • Vorhersage von Projektdauer und Länge der Projektphasen: Für die Gesamtdauer eines Projekts und einzelner Projektphasen liegen viele Schätzwerte zugrunde. Anstatt sich hier lediglich auf die Erfahrung des Projektmanagers zu verlassen, können Daten genutzt werden, um die Dauer der verschiedenen Projektplanungsebenen mit Hilfe von Realwerten vergangener Projekte genauer abzuschätzen. Anhand der Projekt-Metadaten, der geplanten Projektaufgaben und bisheriger Projektdaten wird über einen Regressionsalgorithmus eine Vorhersage zur Länge der Projektphasen oder einzelner Aufgaben getroffen. Selbst während eines Projekts können diese Analysen anhand der aktuellen Projektinformationen fortgeführt sowie deren Ergebnisse in Dashboards und Reporting-Tools wie Power BI oder Tableau angezeigt werden.
  • Klassifizierung gefährdeter Aufgaben: Verzögerungen sind in vielen Projekten Alltag. Über mögliche Abweichungen in der Planung frühzeitig informiert zu werden, kann einen entscheidenden Vorteil liefern und weitere Verzögerungen verhindern. Auf Basis von Daten über eingesetzte Ressourcen, bisherigen ähnlichen Aufgaben und weiterem Input wird eine Aufgabe mit Hilfe eines Random-Decision-Forests als verspätungsgefährdet oder pünktlich klassifiziert. Gefährdete Aufgaben werden im Projektplan und in Projekt-Dashboards entsprechend markiert. Der Projektmanager erhält direkt in seinem Planungs-Tool – etwa Microsoft Project oder Jira – Vorschläge für Maßnahmen zur Beseitigung der Gefährdung, zum Beispiel alternative Ressourcen, inklusive aktualisierter Task-Dauer. 

Zahlreiche Vorteile

Mit Hilfe von Machine Learning und darauf basierenden Predictive Analytics können Unternehmen von vielen Vorteilen profitieren. So erhalten die Projektmanager wertvolle Planungsunterstützung und treffen Entscheidungen anhand von quantifizierbaren Daten und nicht mehr nach Bauchgefühl. Gleichzeitig lassen sich bisher unerkannte Beziehungen in den vorhandenen Daten aufdecken und darauf basierende Handlungsempfehlungen generieren. Dadurch können Projektmanager präventiv statt schadensbegrenzend agieren und erhöhen so ihre Planungsqualität und den Projekterfolg. Die modellierten Empfehlungsalgorithmen verbessern sich außerdem mit jedem weiteren abgeschlossenen Projekt automatisch und kontinuierlich, liefern also mit der Zeit noch genauere Vorhersagen. Dabei können Unternehmen ihren bereits bestehenden Datenbestand zu niedrigen technologischen Investitionen nutzen, um erste Einsatzszenarien zu erproben und auf den Weg zu bringen.

Fazit

Gerade im Projektmanagement kann Predictive Analytics eine wichtige Grundlage liefern, um mögliche Fehlentwicklungen von Projekten frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Damit dies gelingt, müssen Projektmanager jedoch bereit sein, die Datenmengen zur Entscheidungsfindung zu nutzen. Technische Lösungen zur Umsetzung erster Testprojekte stehen meist als Cloud-Anwendungen kostengünstig und skalierbar zur Verfügung.

Fabian Heisler, Senior Consultant bei Campana & Schott, www.campanata-schott.com/de

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