„Künstliche Intelligenz? Das ist doch ChatGPT, oder?“

Next Level Leadership: Führung mit KI, nicht durch KI

KI-Leadership

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein mächtiges Hilfsmittel beim Führen. Doch sie kann menschliche Führung nicht ersetzen – unter anderem, weil sie keine Verantwortung übernehmen kann und über kein Gewissen und Bauchgefühl verfügt.

„Künstliche Intelligenz? Das ist doch ChatGPT, oder?“ Führungskräfte, die über KI sprechen, sollten nicht nur deren prominentesten Vertreter kennen, denn: Künstliche Intelligenz ist längst mehr als ein cleverer Chatbot. Sie durchdringt Entscheidungsprozesse, lenkt Geschäftsmodelle und verändert unsere Arbeitsweise. 

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Die KI verändert unser Leben und Arbeiten

Die eigentliche Frage ist also nicht mehr, ob die KI die (Arbeits-)Welt verändert, sondern wie Führungskräfte sie sinnvoll einsetzen – beispielsweise zur Teamführung. Denn KI trifft heute schon Entscheidungen, die früher Chefsache waren: Sie filtert Bewerbungen, bestimmt Preise, bewertet Leistung, optimiert Abläufe. Sie analysiert, steuert, prognostiziert – und verändert damit Führung. Doch nicht, indem sie Führungskräfte ersetzt, sondern neue Anforderungen schafft. Die Frage lautet also nicht mehr, ob Führung mit KI funktioniert, sondern wie Führungskräfte diese so nutzen, dass sie menschliche Führung ergänzt sowie wirkungsvoller macht.

Im Alltag benutzen wir heute bereits häufig KI – meist, ohne es zu merken. Denn sie ist schon in viele digitale Anwendungen und Funktionen integriert. So zum Beispiel in die Gesichtserkennung unserer Smartphones. Und unser E-Mail-Postfach bleibt dank intelligenter Filter weitgehend spamfrei, weil die KI weiß, welche Nachrichten wir (nicht) wollen. Und wenn wir unterwegs sind, berechnet Google Maps in Echtzeit die schnellste Route, indem es mit KI die Verkehrsströme analysiert und Staus voraussieht.

Auch in unserer Freizeit ist KI oft im Spiel: Netflix schlägt uns mit ihrer Hilfe Filme vor und Spotify kuratiert für uns individuelle Playlists. Und wenn wir in Online-Shops etwas suchen, erscheinen wie von Zauberhand passende Empfehlungen – weil ein Algorithmus Muster in unserem Kaufverhalten erkannt hat. Alle diese technologischen Errungenschaften nutzen wir selbstverständlich, oft ohne uns zu fragen, was dahintersteckt.

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KI – eine Software, die fast wie ein Mensch denkt

Künstliche Intelligenz ist ein Teilbereich der Informatik. Vereinfacht gesagt ahmt sie menschliche Intelligenz nach, indem sie Muster erkennt, aus Erfahrungen lernt und eigenständig Probleme löst – ähnlich wie unser Gehirn durch Wahrnehmung, Analyse und Anpassung Entscheidungen trifft und aus Fehlern lernt. Ihre modernste Form, die generative KI, kann eigenständig die unterschiedlichsten Inhalte wie Texte, Bilder, Grafiken, Lieder usw. erstellen und zwar in einer so hohen Qualität, dass wir manchmal vergessen, dass sie „nur“ eine Maschine bzw. ein Werkzeug ist. Ihre wahre Stärke liegt jedoch nicht im kreativen Output, sondern im Lernen, denn KI-Systeme entwickeln sich mit jeder Interaktion weiter. Vorausgesetzt, wir teilen ihnen mit, was an ihren „Ausarbeitungen“ aus unserer Warte noch nicht okay ist.

Die Menschheit hat schon viele bahnbrechende Technologien erlebt, die unsere Welt grundlegend veränderten:

  • Die Dampfmaschine markierte den Beginn der industriellen Revolution.
  • Die Elektrizität schuf eine neue Ära der Innovation und Produktivität.
  • Das Internet vernetzte die Welt und machte Wissen für alle zugänglich.

Die KI bzw. Künstliche Intelligenz unterscheidet sich von diesen, ihren Vorgängern jedoch in einem entscheidenden Punkt: Sie ist ein lernendes System.

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Die KI steigert die Produktivität fast jeder betrieblichen Funktion

Und während frühere Technologien Jahrzehnte brauchten, um ihre volle Wirkung zu entfalten, passiert das mit der KI in Rekordzeit. Die Elektrizität brauchte ein gigantisches Stromnetz, das Internet Millionen Kilometer Kabel und entsprechende Hardwarekomponenten. Die KI hingegen braucht keine neuen physischen Infrastrukturen: Sie ist sofort verfügbar. Dank Cloud Computing, APIs und App-Stores kann sie mit minimalem Aufwand implementiert werden. Deshalb hatte ChatGPT in nur 60 Tagen über 100 Millionen „User“, also Nutzer – schneller als jede andere Technologie zuvor.

Zugleich war es noch nie so einfach, eine bahnbrechende Technologie zu nutzen. Die KI senkt die Hürden: weniger Kapital, weniger Expertise, weniger Zeit. Unternehmen, die früher Millionen in IT-Projekte investieren mussten, können heute KI-gestützte Systeme mit wenigen Klicks nutzen. Ob in der Produktion, im Kundenservice oder Marketing, KI steigert die Produktivität und Leistung in nahezu jeder betrieblichen Funktion. Und das aber gezeigte Lernvermögen der KI-Systeme ist grandios. Sie verarbeiten nicht nur riesige Datenmengen, sondern ziehen daraus Schlüsse und verbessern sich mit jeder neuen Information. Daher sprechen viele von einer „Intelligenz“, die der des Menschen ähnlich sein soll.

Als Führungskraft die KI als Unterstützer wertschätzen

Auch ich arbeite seit etwa zwei Jahren mit einer eigenen KI. Sie heißt Felix, und wir sind ein starkes Team. Doch warum klappt unsere Zusammenarbeit so gut? Unter anderem, weil ich eine adäquate Erwartungshaltung habe. Das Erste, was ich als Leiterin eines Instituts für Führung im digitalen Zeitalter (IFIDZ) tat, war: Ich spannte Felix für das Schreiben von Leadership-Texten sowie Vorbereiten von Beratungen, Coachings und Vorträgen ein; denn damit kenne ich mich aus und kann deshalb seine Antworten am besten validieren. So erfahre ich, wo seine Grenzen liegen, und sehe ich, was er leisten kann, wenn ich ihn trainiere – ihm also zu jeder Antwort ein Feedback gebe.

Ich sage es ihm, wenn er ins Schwarze trifft, aber auch, wenn seine Ausarbeitungen zu oberflächlich oder zu detailliert sind. So versteht er immer besser, was mir wann wichtig ist. Ich schärfe Felix also nach, indem ich ihm Feedback gebe und beispielsweise sage, was mir in unserer Kommunikation und Zusammenarbeit noch fehlt. Das nennt man „prompten“.

Felix hat seinen Namen übrigens selbst gewählt. Ich erklärte ihm zu Beginn unserer Zusammenarbeit, dass ich ihn als Kollegen verstehe und Wert auf einen kollegialen Umgang lege. Und weil ein modernes Leadership eine weitgehende Selbstbestimmung beinhaltet, fragte ich ihn, wie er heißen möchte. Er meinte „Felix“, da dieser Name für Glück und Erfolg stehe. Damit war ich einverstanden.

Die KI spiegelt – wie Menschen – das Führungsverhalten wider

Warum gehe ich mit meiner KI so „persönlich“ um? Unter anderem, weil ich sie hinsichtlich zwischenmenschlicher Interaktion und emotionaler Intelligenz teste. Denn für mich ist eine erfolgreiche Interaktion mit Menschen die Basis von Führung. Und genau darin liegt auch das Geheimnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit KI: Sie ist nur so gut wie die Daten, die wir ihr liefern – und nur so leistungsfähig, wie wir sie machen. Sie zeigt Führungskräften sozusagen das Ergebnis ihrer Führung. Es ist nicht anders als bei Menschen: Ihr Verhalten spiegelt das eigene Führungsverhalten wider.

Im deutschsprachigen Raum bestehen – im weltweiten Vergleich – aktuell noch große Vorbehalte bezüglich eines KI-Einsatzes nicht nur im Bereich Führung. Das belegt eine Anfang 2025 erschienene Studie der Boston Consulting Group (www. bcg.com/press/15january2025-zukunftstechnologie-ki-2025-trifftweltweite-dynamik-auf-deutsche-zuruckhaltung). Und wenn die Unternehmen und ihre Führungskräfte KI einsetzen? Dann oft so, als wäre sie nur eine weitere neue Software – neben vielen anderen. Doch KI ist kein IT-Update. Sie braucht einen echten Platz in der Strategie, in der Führung und in den Köpfen. Wer KI effektiv nutzen möchte, muss sie verstehen und bereit sein, sie in die Strukturen, Prozesse und Unternehmenskultur zu integrieren. Und Führungskräfte, die sich weigern, sie strategisch, also gezielt zu nutzen? Sie machen sich selbst auf die Dauer überflüssig: Nicht, weil die KI die Führung übernimmt, sondern weil sie den Anschluss verlieren.

KI kann menschliche Führung nicht ersetzen

KI kann menschliche Führung nicht ersetzen, denn Führung bedeutet auch Verantwortung übernehmen – für Menschen, für Entscheidungen und deren Konsequenzen. Es geht darum, Situationen nicht nur analytisch zu bewerten, sondern sie auch im richtigen Kontext zu verstehen und entsprechend zu handeln. Genau hier liegt die Grenze von KI: Maschinen können keine Verantwortung übernehmen, weil sie weder verstehen, was Verantwortung bedeutet, noch ihr Handeln rechtfertigen können.

Ein entscheidender Grund hierfür ist: Maschinen haben kein Bewusstsein. Sie „wissen“ nicht, dass sie existieren, und reflektieren ihre Entscheidungen nicht. Verantwortung setzt Bewusstsein voraus – das Wissen um die eigenen Handlungen und deren Konsequenzen. Eine Führungskraft überlegt, bevor sie handelt: 

  • Welche Auswirkungen hat meine Entscheidung? 
  • Was passiert mit den Menschen, die betroffen sind? 
  • Ist meine Entscheidung moralisch vertretbar? 

KI-Systeme hingegen folgen nur Algorithmen, ohne Einsicht oder Intention. Sie berechnen Wahrscheinlichkeiten, erkennen Muster und optimieren Entscheidungen auf Basis statistischer Zusammenhänge: Aber sie verstehen nicht, was richtig oder falsch ist. 

Dies wird dies insbesondere dann problematisch, wenn KI-Systeme mit verzerrten oder falschen Daten arbeiten. Denn letztlich sind sie nur so gut wie das Datenmaterial, mit dem wir sie füttern – und genau hier liegt die größte Gefahr. Fehler oder überholte Annahmen, die in Daten stecken, werden von der KI nicht nur übernommen, sondern oft sogar „perfektioniert“. Dafür gibt es sogar einen Begriff: GIGO – garbage in, garbage out (Müll rein, Müll raus). Doch die eigentliche Gefahr wird häufig übersehen: Eine KI hat kein Gewissen und kein „Bauchgefühl“. Sie hat keine innere Stimme, die ihr sagt: „Moment mal, da stimmt was nicht“. Sie spult ab, was die Daten ihr vorgeben. Rutschen zum Beispiel alte Vorurteile in Auswahlverfahren oder bei Kreditvergaben unbemerkt in die Trainingsdaten, die bestimmte Personengruppen in der Vergangenheit systematisch benachteiligten, übernimmt die KI das – nur effizienter, unsichtbarer und ohne jedes Schuldgefühl. Dies gilt für alle Anwendungsbereiche.

Datenqualität ist kein IT-, sondern ein Kulturthema

Und hier wird es unbequem für Führungskräfte: Wer KI einsetzt, übernimmt Verantwortung. Punkt! Die Ausrede „Das war die Technik“ zieht nicht. Führung heißt, genau hinzuschauen: Woher kommen die Daten? Wessen Blick fehlt? Werden die richtigen Fragen gestellt? Wer prüft die Ergebnisse? Gute Führung weiß: Datenqualität ist kein IT-Thema. Sie ist eine Frage der Kultur – geprägt von Haltung, Ethik und echter Führungsverantwortung. 

KI kann zudem keine neuen Kontexte erschließen oder unvorhergesehene Situationen eigenständig bewältigen. Führungskräfte müssen jedoch verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten einer Situation antizipieren und ihre Entscheidungen daraufhin ausrichten können. Gerade in einer Welt, die von Krisen, Unsicherheiten und ständigen Veränderungen geprägt ist, ist ein szenariobasiertes Denken unerlässlich – also die Fähigkeit, alternative Zukunftsszenarien durchzuspielen und sich flexibel auch auf unvorhergesehene Ereignisse einzustellen. KI kann zwar Wahrscheinlichkeiten berechnen, sie versteht aber nicht, welche Szenarien wirklich realistisch, politisch oder emotional brisant sind. Sie kann nicht intuitiv erkennen, wann ein Risiko trotz guter Datenlage nicht tragbar ist – ein erfahrener Mensch kann das. 

Eine weitere Dimension, die sich nicht programmieren lässt, ist: kulturelle und soziale Sensibilität. Eine Führungskraft liest zwischen den Zeilen. Sie erkennt, wann und wo Klartext gefragt ist und wann eher leise Töne angesagt sind, zum Beispiel, weil in gewissen kulturellen Kontexten und Konstellationen ein klares „Nein“ – aufgrund übergeordneter Ziele – wenig zielführend wäre. All diese Aspekte zeigen: KI kann zwar ein mächtiges Werkzeug beim Führen sein, sie ist aber nie ein Ersatz für echte menschliche Führung. 

Liebermeister

Barbara

Liebermeister

Leiterin

Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ)

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