Schwachstellen der KI aufdecken

KI am Arbeitsplatz: Ungleichheiten und Widersprüche

Eine aktuelle Studie offenbart fundamentale Widersprüche in der Unternehmens-KI: Zwischen strategischem Potenzial und Implementierungsrealität.

Während Unternehmen global vor den Herausforderungen der KI-Integration, der Wertschöpfungsoptimierung und ethischer Compliance stehen, dokumentiert eine neue Untersuchung erhebliche Diskrepanzen zwischen strategischen KI-Ambitionen und deren praktischer Umsetzung. Die Technologie, die für IT-Entscheider sowohl transformative Chancen als auch komplexe Risiken birgt, spaltet die Unternehmenslandschaft in zwei Lager: Die einen sehen darin den Schlüssel für Wettbewerbsvorteile und operative Exzellenz, während andere vor den systemischen Risiken und Kontrollverlusten warnen.

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Durchgeführt als Teil der neuesten Studie „Digital Etiquette: Unlocking the AI gates” befragte die Adaptavist Group 900 Experten, die für die Einführung und Implementierung von KI in Großbritannien, den USA, Kanada und Deutschland verantwortlich sind. Bei den 225 Befragten in Deutschland zeigte sich eine große Kluft zwischen den 42 %, die die KI-Ansprüche ihres Unternehmens für übertrieben halten – den „KI-Skeptikern“ – und den 34 %, die dies nicht tun, den „KI-Realisten“.

Für die „KI-Skeptiker“ – Führungskräfte, die die Aussagen ihres Unternehmens für übertrieben halten – bringt die Technologie vermeintliche Gefahren und Ängste mit sich: 56 % der Befragten glauben, dass ihr Unternehmen Kunden durch den Einsatz von KI finanziell, psychisch oder physisch gefährdet. Im Gegensatz dazu sind nur 13 % der Meinung, dass ihr Unternehmen realistische Versprechen zu KI macht.

Trotz dieser trüben Aussichten investieren die Unternehmen, die KI überbewerten, Millionen in diese Technologie: 36 % der KI-Skeptiker hatten in den letzten zwölf Monaten zwischen 1,14 und 11,47 Millionen Euro in die Implementierung der Technologie investiert, 7 % investierten über 11,47 Millionen Euro. Das ist mehr als ihre „realistischen” Kollegen, von denen 30 % zwischen 1,14 und 11,47 Millionen Euro und 4 % über 11,47 Millionen Pfund ausgegeben haben. Die nur geringe Differenz zeigt jedoch, dass der Unterschied in der Einstellung wahrscheinlich nicht mit der Höhe der Investitionen zusammenhängt.

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KI-Einführung: Zählen Handlungsdruck oder Ergebnisse?

In Unternehmen, in denen die KI-Einführung von den eher skeptischen Verantwortlichen vorangetrieben wird, ist der Treiber für die Implementierung von KI eher der Handlungsdruck, es sind weniger die Ergebnisse: 79 % gaben an, dass sie ihr Team zur Nutzung der Technologie ermutigen, weil sie das Gefühl haben, dass sie das tun sollten, und nicht, weil sie einen konkreten Mehrwert bietet, verglichen mit 64 % der Realisten. Diese Kluft zwischen den Befragten – also genau den Personen, die KI in Unternehmen integrieren – deutet darauf hin, dass die Technologie den Teams von oben herab aufgezwungen wird, möglicherweise ohne die erforderliche Unterstützung oder Schulung.

Die unterschiedlichen Einstellungen beruhen auf unterschiedlichen Wertvorstellungen hinsichtlich der KI. KI-Führungskräfte in Unternehmen, die einen eher zurückhaltenden Ansatz bei der Einführung von KI verfolgen, berichten von konkreteren Ergebnissen. Sie haben mehr Vertrauen in die Technologie, sind experimentierfreudiger und sehen eher Verbesserungen in der Arbeitsqualität, Zeiteffizienz und Produktivität.

Die Studienergebnisse fallen in eine kritische Zeit, in der Unternehmen mit der flächendeckenden Einführung von KI zu kämpfen haben, während ihre Mitarbeiter zunehmend skeptisch werden. Der Hype ist nach wie vor groß, doch immer mehr Experten werden desillusioniert, und renommierte Studien von Organisationen wie dem MIT kommen zu dem Schluss, dass 95 % der generativen KI-Pilotprojekte scheitern. Im Anschluss an den MIT-Bericht zeigt die Studie, wie Unternehmenskultur, Wahrnehmung und Umsetzung einen enormen Einfluss auf den Erfolg von KI haben können.

Zuckerbrot und Peitsche

KI-Skeptiker, die sich gezwungen sehen, schnell Ergebnisse zu liefern oder hohe Erwartungen zu erfüllen, berichten von einer Kultur der Angst, Schuldzuweisungen und strengen Einschränkungen. In diesen Unternehmen befürchten 56 % der Befragten, dass die Einführung von KI Arbeitsplätze gefährdet, verglichen mit nur 13 % der weniger skeptischen Führungskräfte. Ebenso gaben 78 % der Führungskräfte, die der Meinung waren, dass ihr Unternehmen die Vorteile der KI überbewertet, an, dass ihr Unternehmen KI-Innovationen nutzt, um Personal abzubauen, verglichen mit 33 % der Unternehmen mit realistischen Erwartungen.

45 % der KI-Skeptiker sagten, dass sie ihre Nutzung von KI am Arbeitsplatz aus Angst vor Konsequenzen verheimlichen, gegenüber nur 9 % der KI-Realisten – was wahrscheinlich auf eine schlechte Unternehmenskultur zurückzuführen ist. 58 % – und damit mehr als die Hälfte –  der Beschäftigten in Unternehmen mit übertriebenen Erwartungen befürchten, fälschlicherweise der Nutzung von KI verdächtigt zu werden, während 53 % der Meinung sind, dass Kollegen Nutzer von KI als weniger kompetent wahrnehmen. Dies steht in krassem Gegensatz zu den 26 % und 10 % der KI-Realisten, die derselben Meinung sind.

Der Kontrast zwischen Führungskräften, die von der KI-Entwicklung ihres Unternehmens überzeugt sind, und solchen, die mit schlechten Ergebnissen, überstürzten Implementierungen und einer widerstrebenden Belegschaft zu kämpfen haben, ist eklatant.

Jon Mort, The Adaptavist Group

Unterschiede in der Einstellung der Unternehmen gegenüber bestimmter Messgrößen können ebenfalls Aufschluss über die unterschiedlichen Erfahrungen der beiden Gruppen geben, wobei KI-Skeptiker stärker unter Druck stehen, messbare Ergebnisse zu liefern. KI-Skeptiker geben an, dass ihr Unternehmen die Nutzung von KI eher an Leistungs-KPIs knüpft (46 % gegenüber 20 %) und Experimente eher ablehnt (65 % gegenüber 25 %). Dies deutet darauf hin, dass in Unternehmen, die KI als eine Verpflichtung mit hohem Risiko betrachten, eine restriktive Kultur entsteht, die Neugier und Experimentierfreudigkeit hemmt.

Lücken in der Schulung können diesen Druck noch verstärken und KI-Skeptiker zum Scheitern verurteilen: 52 % der Führungskräfte in Unternehmen, in denen KI überbewertet wird, geben an, dass es keine formellen KI-Schulungen gibt, verglichen mit 19 % der Realisten. Ein weiterer Bericht der Adaptavist Group hat die Bedeutung von Schulungen und die weit verbreiteten Unterschiede beim Zugang zu diesen aufgezeigt.

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Den Nutzen neuer Technologien erschließen

Im Gegensatz dazu berichteten KI-Verantwortliche in Unternehmen, die der Meinung waren, dass der Nutzen von KI ehrlich kommuniziert wurde, von weitaus größeren Vorteilen. 55 % sagen, dass KI die Arbeitsqualität verbessert hat (gegenüber 39 %) der Führungskräfte, die der Meinung waren, dass ihre Unternehmen die Vorteile von KI überbewertet haben), 57 % berichten von Zeitersparnissen (gegenüber 27 %) und 39 % stellen eine Leistungssteigerung fest (gegenüber 27 %).

Diese Unternehmen berichten auch von weniger ethischen und operativen Herausforderungen. Die Bedenken hinsichtlich Plagiaten, Täuschungen, Ungenauigkeiten und Voreingenommenheit sind bei KI-Realisten, in denen mehr Schulungen durchgeführt wurden, deutlich geringer:

  • Nur 34 % der KI-Realisten beschäftigen sich mit Fragen der Ethik und des Plagiats, verglichen mit 67 % der KI-Skeptiker.
  • 19 % der KI-Realisten machen sich Gedanken über Realitätsverluste, gegenüber 62 % der KI-Skeptiker.
  • 22 % äußern Bedenken hinsichtlich der Voreingenommenheit, verglichen mit 63 % in vermeintlich überbewerteten Umgebungen.

Die besser ausgebildeten KI-Realisten verbringen auch weniger Zeit damit, KI-Ergebnisse zu korrigieren, was die ausgeprägtere Schulung bzw. Beratung widerspiegelt, die sie erhalten haben: 20 % bearbeiten oder regenerieren regelmäßig Antworten, gegenüber 67 % der skeptischen Führungskräfte. KI-Realisten fördern Experimente, bauen Vertrauen in KI-generierte Arbeit auf und schaffen Umgebungen, in denen sowohl Menschen als auch Technologie gedeihen können.

KI-Kluft wird trotz massiver Investitionen weiter wachsen

Die rasante Verbreitung von Tools trägt ebenfalls zur Diskrepanz bei und lässt vermuten, dass KI-Skeptiker möglicherweise Opfer eines „zu schnellen, zu starken” Wandels geworden sind. 67 % der KI-skeptischen Führungskräfte sind der Meinung, dass zu viele KI-Tools zu schnell eingeführt werden, verglichen mit 23 % der KI-Realisten. 62 % der KI-skeptischen Führungskräfte erwarten, dass ihre KI-Nutzung in den nächsten zwölf Monaten zurückgehen wird, verglichen mit nur 10 % der Realisten.

Dies macht deutlich, dass selbst bei erheblichen Investitionen, einer positiven Wahrnehmung und einem guten Ansatz die Frage, ob KI als Verpflichtung mit hohem Druck oder als überschaubares, nützliches Werkzeug angesehen wird, darüber entscheidet, ob Unternehmen einen „Traum“ oder eine „Dystopie“ erleben. CEOs und CTOs müssen sich fragen, ob sie ihren KI-Führungskräften die richtigen Schulungen und die richtige Denkweise vermittelt haben, um Wachstum zu ermöglichen.

Jon

Mort

CTO

The Adaptavist Group

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