Laut der IDC-Studie »Cloud-Trends in Deutschland 2018« ist die Frage nach dem »ob« längst entschieden. Viele Firmen sind bereits einen entscheidenden Schritt weiter und arbeiten an einer Cloud-First-Strategie. Die Bandbreite der Einsatzszenarien ist extrem groß und umfasst alle IT-Ressourcen eines Unternehmens. Noch relativ am Anfang steht die Multi-Cloud. Hier erwartet IDC aber bis 2020 einen Durchbruch.
IDC Cloud-Studie: 90% der Befragten haben eine Cloud-Strategie definiert (Grafik: IDC).»Mit der Multi-Cloud steht der nächste Evolutionsschritt auf dem Weg zur nahtlosen und automatisierten Bereitstellung von IT-Ressourcen und Business-Plattformen aus internen und externen Quellen ins Haus«, ist sich Matthias Zacher, Manager Research & Consulting bei IDC sicher. »Das ist offensichtlich für viele Unternehmen in Deutschland eine interessante Option.« Allerdings ist die Nutzung einer Multi-Cloud kein Selbstläufer, sondern vielmehr eine anspruchsvolle und komplexe Aufgabe.
IDC hat im August 2018 in Deutschland IT- und Fachentscheider aus 200 Organisationen mit mehr als 100 Mitarbeitern zu ihren Umsetzungsplänen, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren in puncto Cloud-Computing befragt. Anders als bisher wurden nur Firmen befragt, die sich bereits umfassend mit Cloud-Services und Cloud-Technologie beschäftigen. Aus Expertensicht ist die Cloud längst Commodity und in deutschen Unternehmen etabliert. Daher wurden Cloud-Verweigerer außen vor gelassen. Gleichzeitig sollte aber auch die Erfahrung abgefragt werden, die bisher mit Cloud-Services gesammelt wurde. Daher macht das Vorgehen schon Sinn.
Cloud fest in IT- und der Unternehmensstrategie etabliert
Matthias Zacher, IDC»Cloud ist in 90 Prozent der befragten Unternehmen verankert, entweder als Bestandteil der IT-Strategie oder sogar als Teil der Unternehmensstrategie«, erklärt Zacher. »Nahezu die Hälfte der Firmen hat die Cloud-Strategie in die Unternehmensstrategie integriert. Das ist ein klarer Beleg für die enge Verzahnung von Cloud-Computing und Business. Denn für die Umsetzung der hochgradig komplexen Geschäftsprozesse in digitalen Ökosystemen kommt eine Vielzahl von Anwendungen und Diensten zum Einsatz, die agile, skalierbare und automatisiert bereit gestellte Ressourcen, Systeme und Anwendungen erfordern. Hierfür stellt die Cloud die passenden Tools bereit.« Die Modernisierung der Informationstechnologie zähle demzufolge zu den Top-3-Prioritäten der nächsten zwölf Monate.
Wow, beeindruckende Zahl! Frage ist nur: Wie strategisch ist “strategisch” gemeint?! #idccloud18 @IDC_Deutschland pic.twitter.com/zzS2pAqOar
— Michael Hülskötter (@mhuelskoetter) 21. September 2018
Firmen nutzen Cloud für mehrere Workloads
»Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen setzt die Cloud in mehr als einem Anwendungsfall bzw. einer Workload ein«, sagt Zacher. »Je nach Anforderung an die Compliance, die Sicherheit, Wirtschaftlichkeit oder Agilität der Anwendungsfälle wird sich die Nutzung der verschiedenen Deployment-Modelle weiter intensivieren.« Vor allem datengetriebene Anwendungen würden flächendeckend in die Cloud verlagert. In den kommenden zwölf Monaten planen beispielsweise 91 Prozent der Unternehmen Big Data, 87 Prozent Business-Intelligence und Data-Warehousing und ebenfalls 87 Prozent Enterprise-Anwendungen (ERP und CRM) hauptsächlich in der Cloud zu betreiben. Das beinhalte sowohl Public-Clouds sowie Private-Clouds, die in einen RZ gehostet werden oder bei Providern. Hauptgrund dafür, die Workloads benötigen skalierbare Ressourcen.
Cloud First heißt es bei den meisten Firmen. Ohne Cloud- und Digitalisierungsstrategie stehen Verantwortliche heute unter einem Rechtfertigungsdruck und »haben morgen ein Problem«, konstatiert IDC-Analyst Zacher. »Analog der Geschäftsmodelle der Unternehmen entwickeln sich die IT-Umgebungen ebenfalls mit hoher Geschwindigkeit weiter. Für die Einführung neuer IT-Lösungen evaluieren die befragten Unternehmen immer gezielter Cloud- Lösungen. 23 Prozent prüfen zunächst regelmäßig, ob für den relevanten Anwendungsfall eine Lösung in der Cloud verfügbar ist.« Weitere 39 Prozent evaluieren Cloud- und Non-Cloud-Lösungen auf gleicher Augenhöhe. IDC erwartet, dass sich der Cloud-First-Approach in den nächsten zwölf bis 24 Monaten noch weiter durchsetzt.
Wer keine Cloud- und DX Strategie hat, hat heute Rechtferigungsdruck und morgen ein Problem #idccloud18 pic.twitter.com/BcWNfKfrR1
— IDC Deutschland (@IDC_Deutschland) 21. September 2018
Sichtweisen auf die Multi -Cloud nicht einheitlich
Die hohe Attraktivität der Multi-Cloud basiert laut IDC auf einer übergreifenden, integrierten und automatisierten Bereitstellung von IT-Ressourcen und Business-Plattformen, beispielsweise interner Datacenter-Services und externer Cloud-Services. »Aus unserer Sicht kann man von einer Multi-Cloud sprechen, wenn entweder zwei Services derselben Cloud-Typen von der IT integriert angeboten werden, einschließlich Monitoring und Compliance, oder Off-Premises-Anwendungen sich ad hoc per API mit On-Premises-Anwendungen verbinden lassen«, erklärt die Zacher die IDC-Definition einer Multi-Cloud.
Immerhin 44 Prozent der Befragten teilen die Sichtweise von IDC auf die Multi-Cloud. Die verbleibenden 56 Prozent verstehen unter der Multi-Cloud die Nutzung der Cloud-Services-Angebote unterschiedlicher, externer Cloud-Provider sowie eine Nutzung verschiedener Cloud-Deployment-Modelle. Das heißt, Public- und Private-Cloud oder bei Bedarf die Bereitstellung von Infrastruktur-Kapazitäten aus einem definierten Private- in einen Public-Cloud-Pool.
»Für den Erfolg von Multi-Cloud-Projekten ist ein deckungsgleiches Verständnis aller Beteiligter über die Multi-Cloud und die daraus abzuleitenden Aufgaben unerlässlich«, sagt Zacher. »Andernfalls sind unlösbare Konflikte beispielsweise beim Management und der Portabilität von Cloud-Services vorprogrammiert.«
Multi-Cloud noch im Entwicklungsstadium
Bis 2021 erwartet IDC einen weltweiten Public-Cloud-Umsatz von 276 Milliarden US-Dollar.Nachdem sich zunächst Provider und Rechenzentrums-Anbieter mit Multi-Clouds beschäftigt haben, evaluieren IT-Abteilungen nun zunehmend die Möglichkeiten von Multi-Clouds auf Basis einer zentralen Cloud-Plattform. Allerdings nutzen derzeit gerade einmal 15 Prozent der Befragten eine Multi-Cloud. Man darf also schon noch von einer frühen Marktphase sprechen, auch, weil ausschließlich Unternehmen mit Cloud-Aktivitäten befragt wurden. IDC erwartet aber, dass sich dies in den kommenden ein bis zwei Jahren spürbar wandeln wird. 60 Prozent der befragten Studienteilnehmer planen in diesem Zeitraum Multi-Clouds einzusetzen.
»Herausfordernde und hinderliche Aspekte sind immer noch die hohe Komplexität sowie unklare Prozesse«, meint Zacher. »Wir hörten in Gesprächen mit IT-Verantwortlichen immer wieder, dass die Technologie für Private- und Hybrid-Clouds weitgehend verstanden worden sei. Der wahre Knackpunkt liegt somit in der Beherrschung der vielfältigen Prozesse. Dabei geht es um die passenden Betriebsmodelle, ausreichende Sicherheit und Compliance, Kostentransparenz, die Nutzerverwaltung und eine effiziente Orchestrierung von Cloud-Services.« Ein Punkt, der offenkundig eine Herausforderung darstellt, ist die Frage, wie die IT-Organisation künftig aufgestellt sein soll und welche Aufgaben die einzelnen IT-Mitarbeiter in der Multi-Cloud übernehmen sollen.
Liegt der Nutzungsgrad der Multi-Cloud aktuell noch bei rund 15 Prozent, soll er bis 2020 auf 60 Prozent ansteigen. Bis 2021 erwartet IDC einen weltweiten Public-Cloud-Umsatz von 276 Milliarden US-Dollar. Davon sollen alleine 90 Prozent auf Multi-Cloud entfallen. Zum Vergleich, 2016 lag der Weltmarkt für Cloud-Services, -Anwendungen, -Hard- und Software noch bei 37 Milliarden US-Dollar.
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