Digitalisierung geht am deutschen Mittelstand vorbei

Seit vielen Jahren beschäftigen sich Heerscharen von Experten mit dem Thema Digitalisierung, und doch könnte man den Eindruck gewinnen: am deutschen Mittelstand geht es immer noch vorbei. Während es in anderen Ländern interessante Beispiele für neue Lösungen gibt, ist die digitale Transformation speziell im Mittelstand oft genug keine Chefsache.

Digitale Projekte sind leider weniger »Chefsache« als erforderlich (Grafik: Bitkom).Digitale Projekte sind leider weniger »Chefsache« als erforderlich (Grafik: Bitkom).Schenkt man einer aktuellen Umfrage von Bitkom Research Glauben, befinden sich deutsche Unternehmen in Sachen Digitalisierung zwar auf einem guten Weg, zur Chefsache wird sie allerdings immer seltener erklärt. So treiben nur noch bei 42 Prozent der Studienteilnehmer die Vorstände und Geschäftsführer dieses so wichtige Thema voran; im Vorjahr waren es immerhin noch 51 Prozent. Aber woran liegt es, dass CEO und Co. offenkundig die Digitalisierung ihres Unternehmens so wenig ernst nehmen?

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Digitale Projekte dürfen nicht von der IT-Abteilung alleine vorangetrieben werden

Doris Albiez, Dell EMC: »Mitarbeiter und Abteilungen müssen die digitale Transformation annehmen und einheitlich orchestrieren« (Bild: speicherguide.de).Doris Albiez, Dell EMC: »Mitarbeiter und Abteilungen müssen die digitale Transformation annehmen und einheitlich orchestrieren«Auf organisatorischer Ebene ist es wichtig, die Digitalisierung von Unternehmen nicht alleine in die Hände der IT-Abteilung zu legen, da ansonsten Teile der Belegschaft diese technischen Entwicklungen und Innovationen nicht mitmachen. So sagt beispielsweise Doris Albiez, Senior Vice President & General Manager bei Dell EMC, gegenüber speicherguide.de: »Die Digitalisierung darf kein reines IT-Thema sein. Nur, wenn alle Mitarbeiter und Abteilungen die digitale Transformation annehmen und einheitlich orchestrieren, kann dies zu einem Erfolg führen.«

Japan macht es vor: Digitale Lösungen bieten neue Möglichkeiten und Chancen

Ein Blick gen Osten nach Japan zeigt, wie sehr die Digitalisierung auf technischer Ebene bei der Beantwortung drängender und neuer Fragen helfen kann. So kommen dort innovative Techniken zum Einsatz, die mithilfe ausgefallener Ideen und Konzepte ganz neue Möglichkeiten erschließen.

Dazu gehören beispielsweise intelligente Lösungen aus dem Bereich Präsentationstechnik, bei denen mobile Anwendungen zum Einsatz kommen, die einzelne Folien oder ganze Foliensätze mithilfe eines Smartphones fotografieren und in Echtzeit in andere Sprachen übersetzen, sodass Teilnehmer eines Vortrags den Inhalt der Präsentation in ihrer Muttersprache erfassen können. Zu diesen innovativen Lösungsansätzen gehören aber auch digitale Simultanübersetzer, die mithilfe kleiner Bildschirme dafür sorgen, dass sich zwei Personen unterhalten können, obwohl sie in ihrer jeweiligen Landessprache sprechen. Die kleinen Monitore fungieren nämlich als Simultandolmetscher.

»Machine Learning« steht noch ganz am Anfang

Doch auch im Bereich »Machine Learning« entstehen gerade ganz neue Konzepte, bei denen die Digitalisierung eine wesentliche Rolle spielt. Die Rede ist von riesigen Gewächshäusern, die vollautomatisiert betrieben werden. So stellen Sensoren und Aktoren permanent fest, welche Pflanzen der Anlage gerade wie viel Wasser benötigten und an welchen Stellen die besten Ernteergebnisse zu erwarten sind. Dass auch hier enorme Datenmengen entstehen, die es zu verarbeiten gilt, ist keine große Überraschung.

Silodenken des Mittelstands steht der Digitalisierung im Weg

Doch nicht nur beim Thema innovative Lösungsansätze hinken deutsche (mittelständische) Unternehmen hinterher. So kommt der kooperativen Lösungsfindung eine immer wichtigere Rolle zu, und gerade hier steht bei vielen deutschen Unternehmen das »Silodenken« immer noch im Weg. Aus Angst, eine eigene Idee könnte in einer fremden Lösung münden, verschließen sich Geschäftsführer und Vorstände dem gemeinsamen Entwickeln neuer Konzepte.

Auch hier steht Japan ganz weit vorne, was Innovation durch Kooperation betrifft. Hierzu betreiben Firmen wie Fujitsu eigene Think-Tanks, in denen nichts anderes geschieht als das Entwickeln neuer Geschäftsideen und Lösungen.

Doch woran scheitern solch innovativen, digitalen Projekte und Initiativen hierzulande? Nun, hierfür gibt es durchaus nennenswerte Gründe. Zwar werden je nach Branche regelmäßig neue digitale Projekte erdacht und auch umgesetzt, aber die Mehrheit deutscher mittelständischer Unternehmen sind einfach noch nicht so weit, die hierfür notwendigen Schritte in die Realität umzusetzen. Und da kommt wieder das bereits erwähnte Silodenken ins Spiel. Nach wie vor glauben viele Unternehmen und Unternehmer, die digitalen Herausforderungen ganz alleine bewältigen zu können. Und scheitern oft kläglich daran.

(Externe) Experten und Berater helfen bei der digitalen Reise

Stefan Roth, Fujitsu: »Wir fungieren immer wieder als Vermittler, um gerade dem Mittelstand neue Wege aufzuzeigen« (Bild: speicherguide.de).Stefan Roth, Fujitsu: »Wir fungieren immer wieder als Vermittler, um gerade dem Mittelstand neue Wege aufzuzeigen«Dabei wäre es so einfach, sich Unterstützung für sein eigenes Projekt zu holen, sei es intern oder extern. Kein Unternehmen kann große, komplexe Projekte ganz alleine stemmen, und an technischem Know-how mangelt es der deutschen Wirtschaft ganz sicher nicht. Alleine die fehlende Bereitschaft, sich fremde Hilfe ins Haus zu holen, lässt digitale Unternehmungen regelmäßig scheitern, ob in Sachen Cloud oder Big-Data-Analysen. Dies kann man vor allem im Mittelstand regelmäßig beobachten, wo nach wie vor ein »Patron« das Sagen hat, an dem Vorschläge für eine offenere, kooperative Zusammenarbeit mit anderen Firmen oder Dienstleistern oft zerschellen wie an einer Betonwand.

Doch haben diese Firmen in Zeiten der Vollzeit-Digitalisierung überhaupt eine Chance, mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten? Dazu hat Stefan Roth, Head of Storage Business Central Europe bei Fujitsu, eine klare Meinung: »Wir fungieren immer wieder als Vermittler, um gerade dem Mittelstand neue Wege aufzuzeigen. Annehmen müssen die Unternehmen diese Angebote natürlich selbst, und das geschieht leider immer noch zu selten, gerade bei mittelständischen Firmen.«

Big Data erfordert neue, leistungsfähige Speicherkonzepte

Dabei stellen vor allem die neuen Anwendungen, die im Zuge der Digitalisierung auf die Unternehmen zukommen, die gesamte IT-Infrastruktur vor große Herausforderungen. So werden immer größere Datenmengen generiert, und das immer häufiger auch in Echtzeit. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass viele dieser Daten zwar nur flüchtig sind, aber trotzdem verarbeitet und analysiert werden müssen. »Dies erfordert neue Speicher- und Serverkonzepte, wie sie beispielsweise im Big-Data-Umfeld anzutreffen sind«, sagt Roth. Wir sehen hier durchaus Nachholbedarf, gerade im hiesigen Mittelstand.«

Wenn Datenverbindungen zwischen Server und Storage nicht Schritt halten

Doch nicht nur die Storage-Systeme hinken dieser Big-Data-Entwicklung hinterher. So stellen die großen Datenmengen und deren Verarbeitung mehr und mehr die aktuellen Server und deren Anbindung an die Speicher-Appliances vor große Herausforderungen. Zwar wird dieser negativen Entwicklung mithilfe neuer Techniken wie NVMe-over-Fabric entgegengesteuert, die Flaschenhälse finden aber verstärkt auf noch tieferliegenden Ebenen wie Ethernet statt. Denn keiner der IT-Verantwortlichen wird seine komplette Netzwerkinfrastruktur gegen eine neue Technik austauschen, also müssen verbesserte und angepasste Lösungen her.

Überall dort, wo TCP/IP und iSCSI wegen ihres großen Overheads für schnelle Storage-Anbindungen zu behäbig sind, sind neue Ansätze erforderlich. »Gefragt sind beispielsweise schlanke Protokolle wie RDMA mit denen Daten schneller als bisher zwischen den einzelnen Komponenten transferiert werden können, da sie deutlich weniger »Ballast« als TCP/IP und Co. aufweisen«, erklärt Roth.

Fazit: Offen sein für neue Technologien und Konzepte

Das digitale Zeitalter nimmt immer mehr Fahrt auf, und der Mittelstand läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. So könnte ein Fazit lauten, wenn man sich die aktuellen Entwicklungen ansieht. Solange Silodenken und eine zu geringe Bereitschaft für neue, innovative Konzepte vorherrschen, werden viele mittelständische Firmen kontinuierlich hinterherhinken oder gar den Anschluss verlieren. Und das wäre doch sehr schade.

Video-Interview mit Doris Albiez, Chefin von Dell EMC

Stefan Roth im Video-Interview: »Storage ist wichtiger denn je und muss in den Mittelpunkt«

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