Virtuelle Verkäufer können menschliche Streamer im E-Commerce noch nicht vollständig ersetzen. Eine umfassende Studie der University of British Columbia belegt, dass Menschen beim Live-Shopping deutlich überzeugender sind als digitale Avatare. Die Forscher identifizierten jedoch konkrete Verbesserungsansätze für KI-basierte Verkaufssysteme.
Live-Streaming hat sich zu einem wichtigen Vertriebskanal im Online-Handel entwickelt, insbesondere auf asiatischen Plattformen wie Tmall. Während Unternehmen zunehmend auf kostengünstige KI-Streamer setzen, zeigt die Realität ein differenziertes Bild der Technologie-Akzeptanz.
Deutliche Leistungsunterschiede im Praxistest
Das Forschungsteam um Yanwen Wang analysierte Verkaufsdaten eines großen Modehändlers auf der chinesischen E-Commerce-Plattform Tmall. Dabei wurden 328 Produkte in drei Kategorien unterteilt: 72 Artikel mit digitalen Streamern, 74 mit menschlichen Verkäufern und 182 Produkte ohne Streaming-Unterstützung.
Die Ergebnisse fielen eindeutig aus: Menschliche Streamer erzielten signifikante Umsatzsteigerungen, während digitale Pendants nur marginale Verbesserungen gegenüber dem kompletten Verzicht auf Live-Streaming erreichten. Der Abstand zwischen menschlichen und KI-basierten Verkäufern erwies sich als erheblich.
Optimierungspotential durch menschlichere Gestaltung
In einer Folgestudie untersuchten die Wissenschaftler systematisch Verbesserungsmöglichkeiten für digitale Streamer. Dafür kooperierten sie mit einem Online-Lebensmittelhändler und testeten verschiedene Avatar-Varianten – von einfachen, cartoonartigen Figuren bis hin zu hochentwickelten, menschenähnlichen Darstellungen.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren:
- Menschlichere Erscheinung: Realistische Optik und natürlich klingende Stimmen verbessern die Akzeptanz
- Echtzeit-Interaktion: Die Fähigkeit zur direkten Beantwortung von Kundenfragen erwies sich als kritischer Faktor
- Gamification-Elemente: Verlosungen und interaktive Gewinnspiele steigern das Engagement
Echtzeit-Features als Verkaufsbeschleuniger
Besonders beeindruckend waren die Zahlen für KI-Streamer mit Echtzeit-Antwortfunktion: Diese erzielten 25 Prozent mehr verkaufte Produkte und konnten den Umsatz um 86 Prozent steigern. Integrierte Gewinnspiele führten zu einem Anstieg der Verkaufszahlen um 17 Prozent und einem Umsatzplus von 70 Prozent.
“Die Daten zeigen eindeutig, dass Interaktivität der Schlüssel zum Erfolg ist”, erklärt Studienleiterin Wang. “Passive Avatar-Präsentationen reichen nicht aus – Kunden erwarten echte Kommunikation.”
Hybrid-Ansatz als Zukunftsmodell
Die Forscher sehen die optimale Lösung in einem Mensch-KI-Hybrid-System. Dabei könnte eine menschliche Fachkraft mehrere KI-Streamer gleichzeitig überwachen und bei komplexeren Anfragen oder kritischen Verkaufsmomenten eingreifen. Dieser Ansatz würde Kosteneffizienz mit menschlicher Expertise kombinieren.
Technische Herausforderungen bleiben bestehen:
- Natürliche Sprachverarbeitung in Echtzeit
- Emotionale Intelligenz und Empathie-Simulation
- Produktkenntnisse und situative Anpassung
- Vertrauensaufbau zu potenziellen Kunden
Ausblick: KI lernt verkaufen
Die Studie unterstreicht, dass reine Kosteneinsparungen durch KI-Systeme nicht automatisch zu Verkaufserfolgen führen. Stattdessen müssen digitale Streamer gezielt für menschliche Interaktion optimiert werden. Mit fortschreitender KI-Entwicklung dürften jedoch auch die Fähigkeiten virtueller Verkäufer weiter steigen.
Für Unternehmen bedeutet das: Der vollständige Ersatz menschlicher Verkäufer durch KI ist derzeit noch nicht empfehlenswert. Hybride Ansätze versprechen hingegen das beste Verhältnis aus Effizienz und Verkaufserfolg.
(lb/Pressetext)