Kommentar

Rechenzentren im Wettlauf mit künstlicher Intelligenz

Rechenzentrum

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein neuer Trend mehr, dennoch traf der Durchbruch generativer KI im Mainstream weitgehend unerwartet auf unsere Gesellschaft. Und so versuchen nicht nur die Industrie, sondern auch staatliche Regulierungen mit der neuen Entwicklung Schritt zu halten.

Klar ist jedoch: Bisher wurde nur an der Oberfläche dessen gekratzt, wozu KI in der Lage ist. Sie hat das Potenzial, die Gesellschaft zu verändern und großen Einfluss auf alle Branchen auszuüben – vom Gesundheitswesen über die Reisebranche bis hin zum Einzelhandel.

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Doch ist unsere IT-Infrastruktur bereit für diesen Wandel? Mit immer größeren und komplexeren KI-Workloads steigt auch der Bedarf an Datenspeicherung exponentiell an. Für eine KI-Suche ist mindestens die vier- oder fünffache Rechenleistung einer herkömmlichen Suche nötig. Zudem kann man davon ausgehen, dass die Rechenleistung noch weiter steigt, besonders wenn KI-Modelle schließlich auf aktuelle Daten und nicht nur auf Datensätzen aus einer bestimmten Zeitspanne trainiert werden. Die Branche versteht gerade erst, welche Auswirkungen das auf Rechenzentren haben wird. Wie weit sich KI tatsächlich in unserem Alltag durchsetzt und welchen Nutzen wir aus der Technologie ziehen können, hängt demnach in hohem Maße davon ab, dass Rechenzentren und die Energieinfrastruktur diese Nachfrage bedienen können. 

Rechenkapazitäten müssen von USA nach Europa wandern

Zweifellos wird die KI-Entwicklung derzeit von den USA angeführt, da die meisten Trainingsmodelle vorwiegend dort verortet sind. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es eine Verlagerung nach Europa geben wird, die durch mehrere Faktoren angetrieben wird. 

Der Großteil des KI-Wachstums in Europa wird durch Inferenz-basierte Modelle erwartet. Das bedeutet, aus einer Menge an Daten wird eine Schlussfolgerung getroffen. Meist laufen bei diesem Prozess Echtzeitdaten durch ein trainiertes KI-Modell, um eine Vorhersage zu treffen oder eine Aufgabe zu lösen. Um Latenzzeiten zu vermeiden, sind diese Modelle also am sinnvollsten, wenn sie mit möglichst kurzen Datenübertragungswegen durchgeführt werden – also lokal am europäischen Markt anstatt zentralisiert in den USA. Dies erfordert unweigerlich eine Menge zusätzlicher Rechenleistung, die die Region in absehbarer Zukunft bereitstellen muss. 

Das wirft die Frage auf, wo Rechenzentren zukünftig am besten platziert sein sollten, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Folgt man dem US-amerikanischen Beispiel, dann betreibt man Datacenter am besten in oder in der Nähe von großen Ballungszentren. Damit muss aber auch eine Umgestaltung von Stadtkonzepten einhergehen, was sowohl für die Branche als auch für die Gesellschaft eine große Veränderung bedeutet. Bislang haben Hyperscaler-Cloud-Anbieter in UK und Europa KI-Lasten durch ihre bestehenden Kapazitäten innerhalb traditioneller Verfügbarkeitszonen abgedeckt. Die meisten von ihnen werden diese Strategie auch in diesem Jahr fortführen. Das gibt ihnen Zeit, Entwicklungen zu verfolgen, den zukünftigen Bedarf besser einschätzen zu können und auf dieser Basis kluge Entscheidungen für einen zukunftsgerichteten Ausbau zu treffen. 

Datenlokalisierung treibt Rechenzentrumswachstum in Europa 

Zum anderen treiben Gesetze zum Fluss von Daten, die nicht unter die Datenschutzgrundverordnung fallen, die Migration von Trainingsmodellen aus den USA nach Europa voran. Dabei handelt es sich in der Regel um Vorschriften, die die Speicherung und Verarbeitung von Daten in dem Land oder der Region vorschreiben, in dem bzw. der sie erstellt wurden. Mit dieser Gesetzgebung wurde schon seit einiger Zeit gerechnet. Die rasante Beschleunigung der KI und ihre Auswirkungen auf die Rechenzentren wurden jedoch bisher nicht in sinnvoller Weise in der Ressourcenplanung berücksichtigt. 

Durch die fortschreitende Datenverlagerung benötig Europa und vor allem auch Deutschland eine belastbare Energieinfrastruktur. Doch derzeit ist Europa nicht dafür aufgestellt, KI-Rechenlasten dieser Größenordnung zu unterstützen. Daher müssen als Übergang entweder bestehende Standorte verstärkt werden und auf lange Sicht neue in der Nähe von Stromressourcen errichtet werden. Ebenso ist es möglich zukünftig die Entwicklung neuer Technologien voranzutreiben, die die Latenzzeit verringern und so eine Auslagerung der Rechenzentren an weiter abgelegenen Orten ermöglichen. So kann es gelingen Europa mittelfristig auf die kommenden KI-Rechenlasten vorzubereiten. 

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Fazit

Ohne Frage wird die Nachfrage nach Rechenzentrumskapazitäten durch KI in den nächsten Monaten und Jahren rasant ansteigen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass Kunden die Sicherung ihrer KI-Zukunft dieses Jahr als Priorität planen. Um diese herausfordernde Aufgabe zu meistern ist Zusammenarbeit innerhalb der Branche gefragt. Rechenzentrumsanbieter müssen die Beziehung zu ihren Kunden weiterentwickeln, um gemeinsam innovative Lösungen zu finden, die mit der Nachfrage Schritt halten können. Das Jahr 2024 wird ein entscheidender Moment für Unternehmen sein, um zukünftiges Wachstum zu sichern und dafür zu sorgen, dass sie in dieser neuen technologischen Revolution bestehen.

Carsten Schneider, Managing Director Germany bei CyrusOne, www.cyrusone.com

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