Unternehmenssoftware mit Nachholbedarf in puncto Nutzerfreundlichkeit

Usability ist ein entscheidendes Kriterium in der Nutzung von Software und damit auch in der Softwareentwicklung. Doch während die Benutzeroberflächen von Apps und Shops im Consumer-Bereich mehr oder weniger selbsterklärend sind, herrscht bei B2B-Software noch Nachholbedarf.

Nach wie vor kommen bei Bestellungen Excel-Listen und Faxe zum Einsatz. Und: Die Eingabemasken im Web sind oft komplex und unübersichtlich. Dass viele Business-Anwendungen wenig benutzerfreundlich konzipiert sind, hat einen einfachen Grund: B2B-Software ist traditionell von ihrer Funktionalität geprägt. Die Software-Ergonomie kam erst später hinzu. Im Consumer-Bereich wurde das Thema Usability hingegen von Anfang an mitgedacht. Denn: Die Anwender sind meist nicht besonders technikaffin. Wenn sie eine App nutzen, muss deren Funktionsweise sofort über eine intuitiv bedienbare Oberfläche ersichtlich sein. Allerdings sind Optimierungshebel wie Schriftgröße, Farben oder Buttons bei B2B-Software nicht so leicht zu verändern. Viele Anwendungen bilden hochkomplexe Prozesse ab. Oft greifen Änderungen an der Oberfläche in die Systemarchitektur ein. Der Aufwand für Verbesserungen ist daher ungleich höher als im B2C-Umfeld.
 

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Grenzen zwischen B2C- und B2B-Software verschwimmen  

Usability ist aber ungeachtet dieser Herausforderungen auch für B2B-Anwendungen heute ein Muss. Websites, Apps, Online-Shopping – alle Menschen kommen regelmäßig mit Software in Berührung. Dabei vermischen sich der private und geschäftliche Bereich zunehmend. Das Bedienen von Business-Tools wechselt sich mit privaten Einkäufen und Nutzung von sozialen Netzwerken ab. Durch dieses unmittelbare Nebeneinander von B2B- und B2C-Applikationen steigt die Erwartungshaltung der Nutzer: Sie wollen geschäftliche Anwendungen genauso intuitiv bedienen können, wie sie es im privaten Umfeld gewohnt sind. 

Auch durch die steigende Informationsflut, mit der User heute konfrontiert sind, wird die Nutzerfreundlichkeit immer wichtiger. Die Geduld, sich in Software einzuarbeiten, hat spürbar nachgelassen. Probleme bei der Bedienung führen zu Frustration. Bei komplexen B2B-Anwendungen – etwa für die Lohn- und Finanzbuchhaltung – kommt es daher erst recht darauf an, die Benutzeroberflächen und Menüs nicht zu überfrachten.
 

Usability führt zu Kosteneinsparungen und zufriedenen Anwendern

Ein verbessertes Nutzungserlebnis spart letzten Endes Zeit und Kosten, weil die User ihre Aufgaben schneller erledigen können. Und es führt zu einer höheren Anwenderzufriedenheit – ein gerade im Cloud-Zeitalter nicht zu unterschätzender Aspekt. Denn in der Cloud können Unternehmen den Softwareanbieter schnell und unkompliziert wechseln, sollten sie mit ihrer User-Experience nicht zufrieden sein. Auch die Transparenz der Angebote nimmt zu. Gefragt sind intuitiv bedienbare Systeme, die weder Schulungsaufwand noch aufwändige Tests erfordern.

Die User Experience bleibt im B2B-Umfeld zwar immer ein Kompromiss, vor allem wenn es beispielsweise um Finanzbuchhaltungssoftware mit tausenden Funktionen geht. Es gibt aber bewährte Best Practices, die dabei unterstützen können:

  1. Nur anzeigen, was der Nutzer als nächstes benötigt
    Bei intuitiv bedienbaren Systemen ist dem Nutzer immer klar, was als nächstes zu tun ist. Dieser Anspruch lässt sich auch in komplexer Software umsetzen – indem nicht alle Funktionen auf einmal, sondern nur der jeweils nächste Schritt eingeblendet wird. Noch aufgeräumter wird die Oberfläche, wenn sie auf den jeweiligen Anwender zugeschnitten ist. Benötigt ein Mitarbeiter zum Beispiel nur Kundenstammdaten, werden ihm auch nur diese angezeigt, samt den entsprechenden Bedienelementen. Über die Einstellungen kann er dann auf Wunsch auch noch die Oberfläche auf seine Arbeitsweise anpassen. Diese Übersichtlichkeit spart Zeit, da sich der Nutzer besser auf seine Aufgaben konzentrieren kann und schneller die benötigten Funktionen findet.
     
  2. Kontextbezogene Hilfestellung
    Viele B2B-Anwendungen lassen den User bei Schwierigkeiten allein. Intuitive Software erkennt dagegen von selbst, sollte es Probleme geben. Sobald der Nutzer an einer Stelle nicht weiterkommt, bietet die Software Hilfestellung im Kontext an, die ihm zeigt, wie es weitergeht oder dass im Hintergrund gerade bestimmte Berechnungsprozesse in Arbeit sind und er nur warten muss. Kontextsensitiv können erklärende Texte oder Videos eingeblendet werden, die bei den nächsten Schritten in der Software anleiten – zum Beispiel wie eine Rechnung erstellt oder eine Buchung vorgenommen werden kann.
    Sinnvoll ist auch eine Analyse des Nutzerverhaltens. Wenn ein User beispielsweise immer in denselben Bereich navigiert und bestimmte Eingabemasken nie verwendet, kann die Software diese Elemente künftig ausblenden. Zudem kann die Software immer wieder benutzte Einstellungen, wie zum Beispiel Auswertungen aus Daten, die der Anwender regelmäßig erstellt, schon vorbereiten. Optimierungsmöglichkeiten wie diese sind durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz möglich, die praktisch die Telemetrie, also die Aufzeichnung, wo sich der Nutzer oft in der Oberfläche bewegt, auswertet.
     
  3. Chatbots leisten schnell interaktive Hilfe 
    Eine besonders zeitnahe Nutzerunterstützung bieten Chatbots, die den Kundensupport mittlerweile bereits auf vielen Websites unterstützen. Oft ist gerade Schnelligkeit wichtig, um Frustrationen beim Nutzer oder Kunden vorzubeugen. Laut Forrester verlassen 63 % der Kunden einen Anbieter bereits nach nur einer schlechten Erfahrung und fast zwei Drittel warten nicht länger als 2 Minuten auf Hilfe. Chatbots können häufig gestellte Fragen meist automatisch beantworten. Das entlastet die Mitarbeiter, denn im Kundensupport kommen nur noch Anfragen an, die menschliche Qualitäten erfordern. Auch Spracherkennung kann die Benutzerfreundlichkeit von Software verbessern. Vor allem aber die Kombination von Chatbots mit KI sorgt für eine bessere Usability: Bots können lernen, die Menschen und ihre Probleme bei der Bedienung zu verstehen. Dabei erfassen sie nicht nur bestimmte Fragen in Konversationen, sondern können auch antizipieren, an welcher Stelle es schwierig wird und dann Hilfe anbieten.

Oliver Henrich, Vice President Product Engineering bei Sage: „In den letzten 20 Jahren wurde die Benutzerfreundlichkeit bei B2B-Software oft zugunsten von Feature-Vielfalt vernachlässigt. Jetzt befinden sich die Entwickler aber in einer Phase, in der die Software den Schritt in die Cloud vollzieht. Bei diesem Schritt muss die alte Desktop-Oberfläche an die Bedienung im Web angepasst und modernisiert werden. Deswegen gibt es oft einen regelrechten Schub an Benutzerfreundlichkeit von B2B-Software: Der Schritt in die Cloud bietet eine ideale Gelegenheit zum Aufräumen, Überdenken und Modernisieren. Und es ist auf jeden Fall Zeit zu modernisieren: Eine bessere Usability ist heute eine Notwendigkeit, um im Wettbewerb zu bestehen. Gut gestaltete Software sorgt für zufriedene Anwender, die insgesamt mit ihren Erwartungen an das Nutzungserlebnis ihres Arbeitssystems auch anspruchsvoller geworden sind.“

Henrich Oliver

Sage -

Vice President Product Engineering Central Europe

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