Digitalisierung braucht Menschen

In Deutschland fehlen weiterhin mehr als 100.000 IT-Fachkräfte

IT-Fachkraefte

Obwohl die Zahl der unbesetzten IT-Stellen in Deutschland leicht zurückgegangen ist, bleibt der Mangel an qualifizierten Fachkräften ein ernstes Problem für Unternehmen.

Laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter 855 Betrieben fehlen derzeit rund 109.000 IT-Expertinnen und -Experten – ein Rückgang im Vergleich zu den 149.000 im Jahr 2023, aber keineswegs eine Entwarnung.

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Mehrheit der Unternehmen sieht keine Besserung

85 Prozent der befragten Unternehmen geben an, derzeit nicht genug qualifiziertes IT-Personal zu finden. Nur ein Bruchteil (4 Prozent) sieht ein Überangebot, während 10 Prozent von einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt sprechen. Der Ausblick ist ebenfalls pessimistisch: Vier von fünf Unternehmen rechnen mit einer weiteren Verschärfung des Mangels in den kommenden Jahren.

Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst weist darauf hin, dass trotz wirtschaftlicher Unsicherheit und einer zurückhaltenden Einstellungspolitik der Bedarf an IT-Kompetenz steigt – nicht zuletzt durch die fortschreitende Digitalisierung von Wirtschaft, Verwaltung und öffentlichen Institutionen.

Trotz des hohen Bedarfs sehen sich einige Unternehmen gezwungen, IT-Stellen zu streichen. 6 Prozent haben in den letzten zwölf Monaten IT-Fachkräfte entlassen, und 14 Prozent erwarten dies in naher Zukunft. Insgesamt rechnen 35 Prozent mit einem Abbau von IT-Arbeitsplätzen in Deutschland. Gleichzeitig glauben 52 Prozent, dass sich durch Entlassungen in anderen Firmen neue Chancen für die eigene Personalgewinnung ergeben könnten.

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Künstliche Intelligenz – Chance oder Risiko?

Ein wachsender Teil der Unternehmen nutzt Künstliche Intelligenz, um Engpässe im Personalbereich abzufedern. Bereits 8 Prozent setzen gezielt auf KI-Lösungen, etwa zur Automatisierung von Supportanfragen oder zur Codegenerierung.

Die Folgen für den Arbeitsmarkt sind allerdings uneinheitlich:

  • 27 Prozent rechnen mit einem Stellenabbau durch KI,
  • 42 Prozent hingegen sehen in der Technologie einen zusätzlichen Bedarf an IT-Know-how,
  • 34 Prozent glauben, dass ganze Berufsbilder ersetzt werden könnten,
  • Und ein Viertel der Unternehmen erwartet, dass IT-Kräfte ohne KI-Kompetenz künftig keine Rolle mehr spielen.
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Fehlende Bewerber und lange Besetzungszeiten

Die durchschnittliche Dauer, um eine IT-Stelle zu besetzen, liegt aktuell bei 7,7 Monaten – genau wie vor zwei Jahren. Hauptgründe für die Verzögerungen sind:

  • Unrealistische Gehaltsforderungen (63 Prozent),
  • Geringe Umzugsbereitschaft (44 Prozent),
  • Mangelnde Flexibilität der Unternehmen selbst, z. B. bei mobilem Arbeiten (43 Prozent) oder Arbeitszeitmodellen (29 Prozent).

Hinzu kommen Soft-Skill-Defizite, mangelnde Sprachkenntnisse sowie fehlende technische Qualifikationen bei Bewerberinnen und Bewerbern. Erschreckend: Ein Viertel der Unternehmen erhält praktisch keine Bewerbungen auf offene IT-Stellen.

Weiterbildung, Quereinstieg – aber viele tun nichts

Um dem Mangel entgegenzuwirken, setzen Unternehmen auf unterschiedliche Strategien:

  • 31 Prozent bieten Weiterbildungen an,
  • 22 Prozent fördern den Quereinstieg,
  • 19 Prozent wollen ältere Beschäftigte länger halten,
  • Nur 14 Prozent fördern gezielt Frauen in der IT,
  • Und 29 Prozent tun aktuell gar nichts gegen den Fachkräftemangel.

Wintergerst mahnt: Gerade in den Bereichen Weiterbildung, Diversität und Quereinstieg bestehe noch erhebliches Potenzial.

Der Weg in die IT verläuft längst nicht mehr nur über ein Studium:

  • Nur 27 Prozent der Neueinstellungen im IT-Bereich haben einen klassischen Hochschulabschluss.
  • 37 Prozent kommen über eine duale Ausbildung.
  • 27 Prozent sind Quereinsteiger – viele mit praktischer Erfahrung, Weiterbildungen oder autodidaktischem Wissen.

Besonders gefragt sind laut Unternehmen Personen mit beruflicher IT-Erfahrung – unabhängig vom ursprünglichen Berufsfeld.

Nur 14 Prozent der Firmen haben bisher gezielt im Ausland nach IT-Fachkräften gesucht. Dabei sehen viele Unternehmen in der aktuellen US-Politik unter Donald Trump eine Chance, mehr Fachkräfte nach Deutschland zu holen. Rund 45 Prozent glauben, dass die USA an Attraktivität als Arbeitsort verloren haben. Ein Viertel plant nun, verstärkt im Ausland zu rekrutieren.

Wo die Politik gefragt ist

Bitkom sieht politischen Handlungsbedarf in mehreren Bereichen. Besonders hilfreich wären laut der Studie:

  • Eine wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeitregelung (74 Prozent),
  • Förderung der Fachkräfteeinwanderung (69 Prozent),
  • Die sogenannte Aktiv-Rente, also das längere Verbleiben älterer Arbeitnehmer im Berufsleben (67 Prozent).

Weitere Vorschläge wie die Standardisierung von Weiterbildungszertifikaten, Reformen für Selbstständige oder die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen wurden ebenfalls genannt – allerdings mit deutlich weniger Rückhalt.

Digitalisierung braucht Menschen

Der Mangel an IT-Fachkräften ist kein temporäres Problem, sondern eine strukturelle Herausforderung. Der digitale Wandel lässt sich nicht aufhalten – aber ohne ausreichendes Personal wird er gebremst. Unternehmen wie Politik stehen gleichermaßen in der Pflicht, die Voraussetzungen für einen modernen, flexiblen und inklusiven IT-Arbeitsmarkt zu schaffen.

(pd/Bitkom)

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