Kommentar

KI für jeden? Transfer Learning ist ein erster Schritt

Transfer Learning wird oft als Wundermittel gepriesen, um Künstliche Intelligenz zur Marktreife zu bringen. Die Lernmethode nutzt bereits trainierte Modelle als Ausgangspunkt und kann somit schneller Ergebnisse liefern. Damit hat Transfer Learning das Potenzial, den KI-Einsatz in Unternehmen zu beschleunigen, findet Franz Kögl, Vorstand von IntraFind, dem Spezialisten für Enterprise Search und KI.  

Experten setzen sehr große Hoffnungen auf Transfer Learning: Dahinter versteckt sich der Ansatz, vortrainierte Modelle aus anderen Zusammenhängen zu nutzen, um Künstliche Intelligenz zu verbessern. So soll eines der größten Probleme, das KI mit sich bringt, wenn sie ins reale Leben vordringt und ihre Marktreife beweisen will, gelöst werden: die Trainingsdaten. Sie sind immer der Flaschenhals.

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Vom Grundsatz her basiert Transfer Learning auf Deep Learning. Diese Methode des maschinellen Lernens nutzt neuronale Netze, um Datensätze zu analysieren. Künstliche neuronale Netze sind dabei von dem biologischen neuronalen Netz inspiriert, das das menschliche Gehirn verwendet. Eingesetzt wird Deep Learning, um Muster zu erkennen, Vorhersagen zu treffen oder statistische Eigenschaften von Daten herauszuarbeiten. Zu den praktischen Anwendungsfällen gehören, Objekte auf Bildern zu identifizieren und zu klassifizieren oder Vorschläge für eine Texteingabe zu berechnen.

Während Menschen eher Generalisten sind, können neuronale Netze jedoch nur sehr konkrete Probleme lösen – nämlich jene, auf die sie trainiert wurden. Entsprechend kann ein Netz, das Objekte auf Bildern identifiziert, keine Vorschläge für eine Texteingabe liefern. Obendrein brauchen neuronale Netze sehr viele Trainingsdaten, die Fachexperten vorher annotiert haben müssen und die dann durch KI-Experten bereinigt und in ein Format gebracht werden müssen, das kompatibel mit dem ist, was das Netz erwartet. Damit sind sie für die Mehrheit der Unternehmen ein recht teurer Problemlöser.  

Transfer Learning kann hier Abhilfe schaffen und einen wichtigen Beitrag für den flächendeckenden Einsatz von KI in der Unternehmenswelt leisten. Denn vereinfacht ausgedrückt liegt dem Transfer Learning die Idee zu Grunde, dass ein Machine-Learning-System seine Erkenntnisse und sein erlerntes Datenmodell an ein anderes weitergibt. So können die Daten für die Analyse einer ähnlich gearteten Fragestellung genutzt werden. Zwei konkrete Anwendungsszenarien zeigen das Potenzial: Im Dokumentenmanagement wird für die Erkennung von Fachthemen ein allgemeines Sprachmodell verwendet und trainiert beziehungsweise auf ein spezielles Fachgebiet justiert.

So werden für die Klassifizierung, zum Beispiel die Erkennung des Dokumententyps, nur wenige Dokumente benötigt, da ein Vorwissen in Form allgemeiner Sprachkenntnisse schon codiert ist. Bei KI-basierten Vertragsanalysen wiederum, deren Grundlage eine für die gängigsten Arten und Klauseln vortrainierte Software ist, lassen sich Vereinbarungen und wichtige Datenpunkte in Verträgen oder Ausschreibungen erkennen und zur gezielten Prüfung, Risikoanalyse, Kommentierung und Bearbeitung extrahieren. Fachanwälte beispielsweise sparen sich durch diese intelligente Lesehilfe viel Zeit, da sie Verträge nicht mehr einzeln durchgehen und relevante Stellen manuell markieren müssen. 

Fakt ist, die „normale“ KI funktioniert bisher immer dann besonders gut, wenn Unternehmen wie die großen Plattformanbieter viele, sogar sehr viele Daten besitzen und maßgeschneiderte Modelle nutzen. Die Google-Bilderkennung beispielsweise löst ein eng definiertes Problem: Bilder klassifizieren. So kann sie Chihuahuas von anderen Hunden unterscheiden. Auch Internet-Übersetzungsdienste wie DeepL funktionieren dank eines eng definierten Problems – in dem Fall die Übersetzung –, Deep Learning und einer großen Menge von Daten.

Den meisten Unternehmen jenseits dieser Technologiegiganten fehlen allerdings zum einen die dafür notwendigen Massendaten, zum anderen sind die Tätigkeiten in der Regel sehr vielfältig. Es ist also praktisch unmöglich, für jede einzelne Aufgabe die entsprechenden Trainingsdaten zu sammeln, ein Modell auf die eigenen Anforderungen anzupassen und es den Mitarbeitern als fertiges System an die Hand zu geben. Genau an diesem Punkt kommt Transfer Learning ins Spiel. Kann die KI auf ein bereits fertiges Modell zugreifen, reichen für die Weiterverarbeitung sehr viel weniger Daten aus.

Natürlich ist Transfer Learning kein Allheilmittel: Daten braucht man trotzdem und je vielfältiger die Tätigkeit ist, desto unwahrscheinlicher wird die vollständige Automatisierung von Abläufen. Trotzdem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, um den Anwender spürbar bei der Erledigung von Routineaufgaben zu entlasten. Mit vortrainierten Produkten von IntraFind etwa lassen sich so sehr schnell aufgabenspezifische Lösungen implementieren, die auch einen schnellen Return on Investment liefern. Transfer Learning ist deshalb ein weiterer wichtiger Schritt, um den Einsatz von KI in der Unternehmenswelt zu verbreiten.

Franz Kögl

IntraFind -

Vorstand

(Bildquelle: IntraFind)
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