Interview mit Dr. Justin Taylor, SPIRIT/21

Managed Services: „Ready“ werden – aber wie?

Dr. Justin Taylor, Mitglied der Geschäftsleitung und Prokurist Managed Services, SPIRIT/21 GmbH (Quelle SPIRIT/21)

Je besser die Vorbereitung, desto besser das Ergebnis. Darüber sprach Dr. Justin Taylor, Mitglied der Geschäftsleitung und Prokurist Managed Services, SPIRIT/21 GmbH mit Ulrich Parthier, Herausgeber it management.

Fragezeichen ITMHerr Dr. Taylor, Managed Services bieten viele Vorteile – flexiblere Kostenstrukturen, höhere Produktivität, mehr Freiräume und Chancen für die eigene Wertschöpfung. Doch oft tun sich Unternehmen mit dem Umstieg schwer. Woran liegt das?

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Dr. Justin Taylor: Die Entscheidung, IT-Dienstleistungen in externe Hände zu geben, ist immer mit einer gewissen Abhängigkeit verbunden und mit erheblichen Auswirkungen auf die gesamte Unternehmensorganisation. Ich denke da zum Beispiel an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der IT, die sich um ihre zukünftigen Rollen sorgen oder an Geschäftsbereiche, die mit der gewählten Strategie nicht einverstanden sind. Eine genaue Bewertung der Ausgangssituation und eine gründliche Vorbereitung können helfen, Ängste abzubauen und Bedenken auszuräumen.

Was gehört denn aus Ihrer Sicht zu einer guten Vorbereitung?

Dr. Justin Taylor: Wichtig ist, dass die Ziele und der Umfang des Vertrags für alle Parteien klar sind. Da Managed Services-Verträge in der Regel über mehrere Jahre abgeschlossen werden, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich IT-Umgebungen und -Technologien während der Vertragslaufzeit ändern. Daher lohnt es sich, bereits vor Vertragsabschluss darüber nachzudenken, welche Dienste oder Unterstützungsleistungen in Zukunft von Interesse sein könnten.

Kostenvorteile sind oft ein wichtiger Beweggrund, um IT-Services auszulagern. Wie können die Vertragskosten optimiert werden?

Dr. Justin Taylor: Die Kosten eines Managed Service-Vertrages werden in erster Linie durch die gewählte IT-Architektur, zum Beispiel On-Premises oder Cloud, die Betriebszeiten und die vereinbarten Service Level Agreements bestimmt. Ein 24 x 7 x 365 Betrieb ist natürlich aufwändiger als ein 12 x 5-Service. Höhere Servicequalitäten, entsprechend sensible Rufbereitschaften und Reaktionsgeschwindigkeiten können direkte Auswirkungen auf die Kosten haben. Oft lohnt es sich auch, die eigenen Konditionen mit denen des Anbieters zu vergleichen. So kann es unter Umständen günstiger sein, Hardware und Lizenzen selbst zu kaufen, anstatt dies dem Anbieter zu überlassen.

Wabenmodell: Traditioneller Vertrag über Infrastruktur-Services im Rechenzentrum

Bild 1: Managed Services-Verträge sind langfristig ausgelegt. IT-Umgebungen, -Technologien und -Dienstleistungen können sich während der Vertragslaufzeit ändern. Zwei Beispiele aus der Praxis. In beiden Fällen beziehen sich die blauen Felder auf den ursprünglichen Vertragsumfang. Die grauen Felder beschreiben Services, die in Zukunft relevant werden könnten.
Beispiel 1: Traditioneller Vertrag über Infrastruktur-Services im Rechenzentrum. (Quelle SPIRIT/21)

Welche Kostentreiber sollten noch im Auge behalten werden?

Dr. Justin Taylor: Oft zeigt sich in der Praxis, dass der Standardisierungsgrad der vorhandenen IT die Kosten erheblich beeinflussen kann. Bei der Nutzung von Cloud-Technologien ist dies – relativ gesehen – einfacher, da damit oft ein technologischer Wandel einhergeht, der hohe Automatisierung und flexible Skaleneffekte optimal verbindet. In On-Premises-Umgebungen ist durch die historisch gewachsene IT-Umgebung das Niveau der Standardisierung jedoch sehr unterschiedlich. Eine notwendige Entflechtung über eine Transition oder sogar Transformation hat zunächst ein gewisses Investitionsvolumen, das sich aber sehr schnell durch einen guten ROI amortisiert. Nach unserer Erfahrung sollten dabei Legacy- oder Inhouse-Anwendungen immer individuell betrachtet und entsprechend bewertet werden.

Bisher haben wir vor allem die technische Seite betrachtet. Gibt es weitere Faktoren, die in der Vorbereitungsphase beachtet werden sollten?

Dr. Justin Taylor: Auf jeden Fall. In den Planungen sollte zwingend berücksichtigt werden, wie sich die Übertragung der operativen Verantwortung auf die derzeitige IT-Organisation auswirkt. Durch die Einbindung eines externen Dienstleisters ändert sich die Rolle der IT. Sie gibt das Tagesgeschäft gänzlich oder in Teilen ab. Dies geschieht in Verbindung mit neuen, hochwertigen Projekten, die aus Sicht der internen IT damit neu priorisiert und umgesetzt werden. Zusätzlich übernimmt die IT-Organisation die Kontrolle des Providers, zum Beispiel über eine Governance-Organisation, die mit dem Service-Management-Team des Anbieters verbunden ist.

Beispiel 2: Typischer Public Cloud-Services Vertrag

Bild 2: Beispiel 2: Typischer Public Cloud-Services Vertrag. (Quelle SPIRIT/21)

Kommen wir zum wichtigsten Schritt im gesamten Vorbereitungsprozess – der Auswahl des richtigen Providers. Haben Sie dafür nützliche Tipps?

Dr. Justin Taylor: Die größte Herausforderung bei der Suche nach einem geeigneten Dienstleister besteht darin, die verschiedenen Angebote vergleichen zu können. Die Nutzung von Standardvorlagen während des Auswahlprozesses kann die Auswertung von Informationen enorm erleichtern. Gelegentlich kann es auch sinnvoll sein, zur Unterstützung einen externen Berater mit an Bord zu nehmen. Grundsätzlich sollten während des Provider-Auswahlprozesses so viele Fragen wie möglich gestellt werden. Dies ist besonders dann relevant, wenn Themen oder Vertragskonstruktionen unklar oder missverständlich sind. Mein persönlicher Tipp wäre, hier nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Kultur des ausgewählten Providers zu achten, denn man geht eine langfristige und vor allem vertrauensbasierte Verbindung ein. Das kann sich sehr positiv auf das Preis-Leistungs-Verhältnis auswirken.

Welche Rolle spielen Zertifizierungen bei der Wahl des Providers?

Dr. Justin Taylor: ISO/ISAE-Zertifizierungen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Oft gibt es auch spezielle, branchenspezifische Zertifizierungen, die im Auswahlprozess berücksichtigt werden sollten. Hier hilft es, vorab zu prüfen, welche Zertifizierungen verhandelbar und welche zwingend erforderlich sind.

Wie gehen Sie vor, wenn SPIRIT/21 eine Managed Services-Ausschreibung gewinnt? Was sind die ersten Schritte nach der Vertragsunterzeichnung?

Dr. Justin Taylor: Wir starten mit einer sorgfältigen Prüfung der Ausgangssituation. Während dieser sogenannten „Due Diligence“-Phase arbeiten wir eng mit dem Kunden zusammen, um ein detailliertes Verständnis seiner IT-Systeme zu erhalten. Gemeinsam werden die Basis, die Ziele und Parameter für die geplante Migration festgelegt. Dazu werden bestehende Prozesse, organisatorische Einflussfaktoren und technische Systemparameter untersucht, zum Beispiel Betriebssystem- und Softwareversionen, Hardwareparameter wie CPU, Speicher, Leistung, Benutzerkonten, Active Directory- und DNS-Einstellungen.

Was kommt danach?

Dr. Justin Taylor: Mit Abschluss des „Due Diligence“-Prozesses haben wir die Grundlage, um den Projektplan für den Übergang der Systeme zu erstellen. Während der Transition wird die operative Verantwortung für die betroffenen Systeme vom Kunden auf den Managed Services-Provider übertragen. Nachdem definiert wurde, welche Systeme umgezogen werden sollen, muss festgelegt werden, wohin sie migriert werden und wie die Migration ausgeführt werden soll. Das „wohin“ ist normalerweise einfach: Es handelt sich entweder um ein internes oder ein externes Rechenzentrum oder ein Public Cloud Data Center. Das „wie“ ist weit schwieriger.

Was genau ist das schwierige daran?

Dr. Justin Taylor: Während der „Due Diligence-Phase“ werden die Systeme je nach technischer Komplexität kategorisiert zum Beispiel in niedrig, mittel und hoch. Für jedes System wird dann ein Migrationspfad angegeben. Nehmen wir zum Beispiel „Lift & Shift“. Hier wird das virtuelle Bild eins zu eins an seinen neuen Standort verschoben. Bei einer Neuimplementierung wird eine neue Instanz erstellt und die erforderliche Software darauf installiert. Es kann aber auch vorkommen, dass das ursprüngliche System deaktiviert und entfernt oder eine physische Hardwareverschiebung durchgeführt und das System neu konfiguriert oder eine Anwendung auf Basis einer völlig neuen Technologie bereitgestellt werden soll.

Wie geht es weiter nachdem der Migrationspfad festgelegt ist?

Dr. Justin Taylor: Je nach technischer Komplexität und des festgelegten Migrationspfads kann nun die zu erwartende Umsetzungszeit bewertet werden. Dabei müssen sämtliche Aktivitäten also auch die Einrichtung von Service-Management- und Sicherheitsprozessen oder Governance-Modellen berücksichtigt werden. So wird in enger Abstimmung mit den geschäftlichen Anforderungen und Erwartungen des Kunden der Projektzeitplan erstellt. Das Transitionprojekt tritt nun in die Implementierungs- und Migrationsphase ein.

Und welche Rolle spielt der Kunde während der Transition?

Dr. Justin Taylor: Der Auftraggeber spielt bei vielen dieser Aktivitäten eine Schlüsselrolle. Er vertritt seine Geschäftsbereiche, koordiniert die Downtime-Planung und liefert wesentliche Informationen zur IT-Umgebung.

Während der Transition werden die Systeme an den Dienstleister übertragen. Wann ist diese Phase abgeschlossen?

Dr. Justin Taylor: Die Übergabe der Produktion entscheidet, ob der Transfer erfolgreich abgeschlossen wurde oder nicht. Der Dienstleister führt eine Reihe von Funktionstests durch bevor er den Kunden auffordert, die Serviceleistung zu überprüfen. Sobald er die Bestätigung erhalten hat, wird der Provider die ursprünglichen Systeme außer Betrieb nehmen und den System- beziehungsweise Servicebetrieb übernehmen. Dieser Prozess – System für System oder Service für Service – wird fortgesetzt, bis der vertraglich vereinbarte Leistungsumfang erfolgreich übertragen wurde. Dies ist in der Regel aber nicht der Abschluss, sondern erst der Anfang. Denn oft müssen während der Vertragslaufzeit Services erweitert, zusätzliche Systeme bestellt oder technische Upgrades durchgeführt werden.

Ob die Verlagerung von IT-Services an einen Dienstleister tatsächlich das gewünschte Ergebnis bringt, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Welche sind für den Erfolg eines Managed Services-Vertrages wirklich ausschlaggebend?

Dr. Justin Taylor: Neben Zertifizierungen, Qualifikationen und Ressourcen ist eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Auftraggeber und Dienstleister oft der entscheidende Faktor. Der Ansatz von SPIRIT/21 heißt hier Partnerschaft – Partnerschaft auf Augenhöhe. Für eine erfolgreiche Umsetzung von Managed Services müssen beide Parteien zusammenwachsen und auch bei Konflikten partnerschaftlich miteinander umgehen. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis für eine stabile Beziehung. Wenn beide Partner flexibel genug sind und bei der Lösung von Problemen die Zusammenarbeit vor die Vertragssprache stellen, ist der Grundstein für eine langfristig erfolgreiche Partnerschaft gelegt. Die „Chemie“ muss stimmen.

Thank youHerr Dr. Taylor, wir danken für dieses Gespräch.

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