Künstliche Intelligenz ist keine Matrix-Vision

Noch vor fünf Jahren steckte die künstliche Intelligenz soweit in den Kinderschuhen, dass kaum realistische Anwendungsfälle bekannt waren. Inzwischen manifestiert sich die Technologie bereits in Form von Chatbots, die lernfähig sind und automatisiert auf Kundenanfragen reagieren könne.

Anstelle bösartiger Weltherrschafts-visionen à la Matrix gibt es nun praktische digitale Helferlein, die den Alltag der Menschen erleichtern – besonders den von Kunden und Service Agenten. Oder etwa nicht? „Chatbots sind schwer von Begriff.“, „Chatbots können keine flüssige Unterhaltung führen.“, „Chatbots werden einen Menschen nie ersetzen können.“

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Die aktuelle Berichterstattung zum Thema Chatbots ist teilweise kritisch bis hin zu negativ. Die Gründe liegen teils in den Technologien, die noch nicht so ausgereift sind, wie sie es sein könnten, teils stoßen sich einige Menschen an dem Gedanken, nur noch von einem Roboter bedient und beraten zu werden – ohne menschliche Note. Egal, welche Gründe bei den Menschen vorrangig sind, eines steht fest: Die künstliche Intelligenz (KI) und die Automatisierung von Prozessen, zum Beispiel in Form von Chatbots, findet immer mehr Anklang innerhalb von Unternehmen, besonders im Onlinehandel und da vor allem im Kundenservice.

Gleich vorweg: Die Idee ist nicht, Menschen vollständig zu ersetzen, sondern vielmehr ihnen zusätzliche Zeit zu geben, damit sie sich mit komplexeren Anliegen auseinandersetzen können. Die Maschine bildet das grundlegende Fundament, während der Mensch zur Kirsche auf der Sahnehaube, zum besonderen Extra wird – und das ist gut so. 

Chatbots werten den Menschen auf

Und wieso? Weil die Qualifikation eines Menschen damit wieder honoriert wird. Anstelle immer und immer wieder die gleichen Kundenfragen klären zu müssen, haben Maschinen das Potenzial, diese repetierenden Aufgaben teilweise zu übernehmen. Der Service-Mitarbeiter wiederum kann sich mit sehr individuellen, komplexen Anliegen auseinandersetzen, die tatsächlich auch seiner Aufmerksamkeit bedürfen.

Gerade im Onlinehandel laufen häufig sehr generelle Fragen auf, wie „Wann ist dieser Artikel wieder lieferbar?“, „Kann ich die Waren auch im stationären Geschäft retour geben?“ oder „Wie lange dauert die Lieferung?“. Chatbots unterstützen den Mensch dabei, dieses Massenaufkommen an Anfragen schnell und konkret zu bearbeiten. Das wiederum macht die Kunden glücklich, da sie zu jeder Tagesund Nachtzeit zuverlässig und schnell eine konkrete Antwort erhalten. Zum anderen werden die menschlichen Service Agenten nicht mit diesen „Kleinigkeiten“ ausgelastet und stehen den Kunden zur Verfügung, die sehr individuelle Anliegen haben. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten also: Glückliche Kunden und entlastete Service Agenten mit einem interessanteren Arbeitsalltag.

Machine Learning: Erfahrung macht klug

Moderne Technologien sind allerdings nicht nur dazu da, um den Menschen lästige und anspruchslose Arbeiten abzunehmen – sie helfen auch dabei, Kundenanfragen schneller und effizienter lösen zu können. Machine Learning ist hier das Zauberwort: Mit der Zunahme an gesammelten Daten aus Kundeninteraktionen kann die Kundenservice- Software immer genauere Lösungen für Probleme vorschlagen. Unternehmen können damit beispielsweise ihre Wissensdatenbanken widerbeleben und sie zu interaktiven und lernfähigen Beratungsquellen für Service Agenten weiterentwickeln. Die Machine Learning- Technologie hilft Agenten, Kundenanfragen besser zu beantworten, denn sie bietet ihnen vorgefertigte, zum Kontext passende Informationsblöcke an. Je mehr Kundeninteraktionen das System verfolgt, desto präziser und sicherer werden die Lösungsvorschläge. In Kombination mit einer Bot-Technologie können die Informationen der Wissensdatenbank genutzt werden, um automatisch auf Kundenanfragen zu antworten und so die Ergebnisse weiter zu verbessern.

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Kunden abholen

Die Automatisierung der Kundeninteraktionen tut also vor allem eines: Den Menschen als komplex-denkendes Wesen wieder aufwerten und Kunden so schnell wie möglich hilfreiche Antworten liefern. Ganz nebenbei erfüllen lernfähige Chatbots aber auch eine weitere Funktion: Sie kommunizieren mit Kunden an dem Ort, an dem sie sich heutzutage ohnehin immer mehr aufhalten: in Messengern, wie Whatsapp, dem Facebook Messenger und anderen Chat-Kanälen. Dieser Kanal bietet die Chance, dem schlechten Ruf des „veralteten Kundenservice“ entgegenzuwirken.

Laut einer aktuellen Umfrage von Zendesk können sich 62 Prozent der Verbraucher immer noch nichts Lästigeres vorstellen als Kontakt mit dem Kundenservice aufzunehmen. Die Messenger- Kommunikation könnte dies ändern, denn Kunden assoziieren mit einem Chat bislang noch private und (meist) entspannte, lockere Konversationen anstelle von stressigen Pflichtanrufen beim Kundenservice. Wenn die Kunden also wissen, dass sie zu jeder Zeit zuverlässig Antwort erhalten und das ganz locker nebenbei, dann fällt ihnen die Kontaktaufnahme leicht und sie sind zufrieden mit dem Service.

Verbesserter Service

Machine Learning und Chatbots zeigen, dass Technik in der Lage ist, aufgrund gesammelter Daten Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Welche Antwort braucht der Kunde vermutlich? Was sucht er, auch wenn seine Frage noch etwas ungenau ist? Was würde ihm helfen? Auf dem gleichen Prinzip basieren auch proaktive Anfragen von Chatbots. Wenn ein Kunde im Onlineshop beispielsweise zu lange auf einer Seite verharrt oder öfter auf die Größentabelle klickt, scheint er unschlüssig zu sein und offene Fragen zu haben. Etwas hält ihn von der Kaufentscheidung ab. Die Aufgabe eines proaktiven Chatbots ist es, diese Anzeichen zu erkennen, Hilfe anzubieten und den Kunden somit bei der Entscheidung zu unterstützen. Auch hier kann die Kontaktaufnahme mit der Menge an gesammelten Daten immer präziser werden.

Mit dem Fortschritt des Machine Learning wird dann aus der proaktiven Chat-Anfrage „Hallo, kann ich Dir helfen?“ vielleicht eher ein „Hallo Christian, Du scheinst unschlüssig zu sein, ob Du die richtige Größe gewählt hast. Sag mir doch, welche Größe Du in Deiner Lieblingsmarke hast, dann kann ich Dir sagen, ob Deine Wahl bei dieser Hose richtig war.“ Dieses Beispiel soll zeigen: Chatbots mögen heute an der ein oder anderen Stelle noch sehr eindimensional sein und nicht immer passend auf alle Anfragen reagieren, aber sie werden klüger, erfahrener und fast, nun ja, menschlicher.

Das bedeutet nach wie vor nicht, dass mithilfe künstlicher Intelligenz menschliche Kapazitäten überflüssig werden. Es heißt lediglich, dass die Anforderungen an Jobs steigen und das komplexe, empathische und situationsbedingte Denken von Menschen wieder wichtiger wird. Für Kunden hingegen verbessert sich der Service und sie können mithilfe von KI-Technologien in den Onlineshops schneller fündig werden, was wiederum den Kaufprozess positiv begünstigen dürfte.

Autor: Björn Bauer, Senior Solutions Consultant EMEA, Zendesk

 

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