Die Cloud gilt als Schlüsseltechnologie für die digitale Transformation. Doch stellen wachsende Compliance-Anforderungen und geopolitische Spannungen herkömmliche Cloud-Strategien infrage.
Amazon Web Services (AWS) hat jetzt eine souveräne Cloud angekündigt, die volle Kontrolle über Daten und operativen Betrieb bietet.
Unternehmen und Behörden brauchen die Flexibilität, Skalierbarkeit und Innovationskraft der Public Cloud, um ihre digitale Transformation voranzubringen. Doch wenn es um sensible Daten geht, ist bei den klassischen Angeboten der großen Hyperscaler Vorsicht geboten. Angesichts Donald Trumps aggressiver America-First-Politik fragen sich viele Unternehmen zudem, ob ihre Daten bei den amerikanischen Hyperscalern noch sicher sind. Einige erwägen sogar, ihre Workloads wieder zurück On-Premises zu holen, um die Resilienz zu erhöhen und digitale Abhängigkeiten zu verringern. Laut einer aktuellen Bitkom-Studie sehen 38 Prozent der Befragten ihr Vertrauen in die USA als erheblich geschwächt, weitere 60 Prozent als leicht geschwächt.
Digitale Souveränität bedeutet, dass eine Organisation die volle Kontrolle über ihre digitalen Systeme und Daten behält, während sie unabhängig von einzelnen Technologien oder Anbietern bleibt. Die Organisation entscheidet selbst, wo ihre Daten gespeichert werden und wer darauf zugreifen darf. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass diese Daten wirksam vor unbefugtem Zugriff geschützt sind. Neben der Datensouveränität spielt auch die operative Souveränität eine zentrale Rolle. Gefragt ist Resilienz gegen äußere Einflüsse, um die Verfügbarkeit von IT-Diensten sicherzustellen und digitale Prozesse eigenständig zu steuern.
Genau hier setzen souveräne Cloud-Angebote an: Sie gewährleisten sowohl betriebliche Souveränität als auch Datensouveränität und unterstützen eine selbstbestimmte Digitalisierung. Mit der AWS European Sovereign Cloud hat Amazon jetzt eine solche Lösung angekündigt. Der Launch ist im vierten Quartal 2025 geplant.
Was ist die AWS European Sovereign Cloud?
Für die AWS European Sovereign Cloud hat Amazon ein europäisches Unternehmen mit Sitz in der EU gegründet, das keine finanzielle und operative Bindung an den US-Mutterkonzern hat. Alle Funktionen, auch der Support, werden ausschließlich durch Mitarbeiter innerhalb der EU erbracht. Dadurch können weder Akteure aus Drittländern Kontrolle auf den Betrieb ausüben noch unterliegt die souveräne Cloud dem US-Recht. Kunden erhalten Zugriff auf die volle Leistungsfähigkeit von AWS mit der bekannten Architektur, denselben APIs und einem umfangreichen Angebot an Services, darunter Datenbanken, Speicher, Analytics, KI, IoT, Entwickler-Tools und Security. Dass Amazon es ernst meint, zeigt die hohe Investitionsbereitschaft: Bis im Jahr 2040 will der Konzern 7,8 Milliarden Euro in die Infrastruktur, Arbeitsplätze und Kompetenzentwicklung für die AWS European Sovereign Cloud stecken.
Bisher können Kunden digitale Souveränität in AWS etablieren, indem sie eine dedizierte EU-Region wählen. Ressourcen werden dann zum Beispiel aus Frankfurt bereitgestellt und Nutzerdaten ausschließlich in deutschen Rechenzentren gespeichert. Allerdings werden die zugehörigen Metadaten zu Support-Zwecken in Drittländer übertragen. Diese enthalten unter anderem Angaben zu Dateigröße, Dateiname, GPS-Koordinaten, Netzwerkparametern oder Zugriffsrechten – also Informationen, die Rückschlüsse auf Nutzung und Inhalt erlauben. Für Support und Betrieb greift AWS auf globale Teams und Systeme zurück. Auch Abrechnung und Infrastruktur sind eng mit den weltweiten AWS-Strukturen verzahnt. Im Gegensatz dazu setzt die souveräne Cloud auf vollständige europäische Eigenständigkeit: Betrieb, Infrastruktur, Support und Datenhaltung erfolgen ausschließlich innerhalb der EU. Das gibt Kunden die volle Kontrolle über ihre Daten und Metadaten – und schützt vor geopolitischen Abhängigkeiten.
AWS launcht die AWS European Sovereign Cloud bewusst in der AWS Region Brandenburg, weil in Deutschland die höchsten Datenschutzvorgaben in Europa gelten. AWS spart daher keine Mühen und setzt auf eine der am stärksten regulierten Regionen in Europa. Mehrere Availability Zones, also logisch isolierte Standorte innerhalb einer Region, schaffen Redundanz und sorgen für die Betriebssicherheit von geschäftskritischen Workloads im K-Fall.
Das Angebot wird mehr kosten als die herkömmliche AWS Cloud. Der höhere Preis erklärt sich dadurch, dass Amazon nicht nur eine neue Region aufbauen, sondern auch die Arbeitsplätze in Europa finanzieren muss. Zu den höheren Subscription-Kosten kommt für Kunden der initiale Aufwand für die Migration. Die Investition will also gut überlegt sein, rechnet sich aber schnell, wenn man hochsensible Daten verarbeitet. Vor allem für Unternehmen mit schützenswerten Daten sowie KRITIS-Organisationen und Regierungen ist das Angebot interessant. Um Kosten zu sparen, empfiehlt sich ein hybrider Ansatz, der die souveräne Cloud mit der herkömmlichen AWS Cloud kombiniert. Nur besonders sensible Daten und Applikationen werden dann in die teurere Umgebung ausgelagert.
Eine gute Vorbereitung zahlt sich aus
Wer Workloads in die AWS Sovereign Cloud migrieren möchte, sollte nicht bis zum offiziellen Start Ende des Jahres warten. Eine sorgfältige Vorbereitung senkt die Kosten und minimiert spätere Migrationsrisiken. Das Ziel besteht darin, Daten und Applikationen so zu strukturieren und zu klassifizieren, dass man möglichst wenig Sovereign-Cloud-Ressourcen benötigt. Voraussetzung dafür ist Transparenz: Welche Daten liegen im Unternehmen vor und wie kritisch sind diese? Welche Anwendungen greifen wie auf die Daten zu? Auf Basis dieser Analyse lassen sich kritische und weniger kritische Daten sowie zugehörige Applikationen voneinander separieren. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, umfangreiche Geschäftsanwendungen so umzubauen, dass sich sensible und nicht-sensible Komponenten auf unterschiedliche Cloud-Umgebungen verteilen lassen. Ob das technisch möglich und wirtschaftlich rentabel ist, muss im Einzelfall geprüft werden. Weniger kritische Workloads können Unternehmen bereits jetzt schon in eine bestehende AWS EU-Region migrieren und durch ein Zero-Trust-Konzept zusätzlich absichern. Dafür eignet sich zum Beispiel die Plattform XQ Message, die Daten sowohl „at rest“ als auch während der Übertragung verschlüsselt und feingranulare Zugriffskontrollen ermöglicht.
Eine gute Vorbereitung und Planung zahlt sich am Ende aus, erfordert aber spezialisiertes Know-how und kostet Zeit. Viele Unternehmen lassen sich daher von einem externen Dienstleister wie SoftwareOne unterstützen. Bei der Wahl des geeigneten Partners sollten IT-Entscheider darauf achten, dass dieser über das offizielle Zertifikat „AWS Digital Sovereignity Competency“ verfügt. Damit zeichnet Amazon Partner aus, die technisches Know-how und nachweisliche Erfolge bei der Implementierung digitaler Souveränität vorweisen können. Außerdem sollte der Dienstleister seinen Sitz in der EU haben und groß genug sein, um umfangreiche Cloud-Projekte zu stemmen.
Innovationskraft und Unabhängigkeit kombinieren
Digitale Souveränität gewinnt an Brisanz – insbesondere für Organisationen, die mit sensiblen Daten arbeiten oder unter hohen regulatorischen Anforderungen stehen. Ein vollständiger Verzicht auf Cloud-Technologien ist dabei keine Option. Gefragt sind vielmehr Modelle, die technologische Innovationskraft mit einem Höchstmaß an Kontrolle und digitaler Unabhängigkeit verbinden. Souveräne Clouds wie die AWS European Sovereign Cloud bieten genau diese Kombination.