Interview

Transformationsstudie 2025: Zielerreichung deutlich verbessert

Patric Dahse, CEO und Mitbegründer des Transformationsspezialisten Natuvion
Patric Dahse

Zum vierten Mal in Folge hat Natuvion gemeinsam mit NTT Data Business Solutions eine internationale IT-Transformationsstudie durchgeführt. Befragt wurden leitende Personen in Unternehmen und in 14 Ländern zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen bei großen Transformationsprojekten.

Zu den Ergebnissen der aktuellen Studie spricht Ulrich Parthier, Publisher it management, mit Patric Dahse, CEO und Mitbegründer des Transformationsspezialisten Natuvion.

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Ulrich Parthier: Herr Dahse, was ist das wichtigste Argument, die jährliche Studie nun zum vierten Mal zu wiederholen?

Patric Dahse: Es hat sich während der letzten Jahre sehr viel geändert und das wollen wir verstehen. Unternehmen, die heute eine Transformation durchlaufen, sind besser vorbereitet und wissen, was sie von einer Transformation erwarten. Noch vor wenigen Jahren waren viele Unternehmen vom Service-Ende älterer SAP-Versionen getrieben und sind eher einer technischen Notwendigkeit gefolgt. Heute ist die Transformation eine strategische Entscheidung und Manager wollen aus dem hohen Einsatz von Ressourcen und Budgets klare Business-Vorteile ziehen.

Eine Transformation muss einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Grundlage dafür ist eine solide Datenstrategie, denn hier passieren die meisten Fehler, die zu Budget- und Zeitüberschreitungen oder im schlimmsten Fall zum Verfehlen von Transformationszielen führen. Genau hier setzt unsere Transformationsstudie an und hilft mit den Erfahrungen anderer Unternehmen, Best Practices zu entwickeln, um den maximalen Benefit aus einer IT-Transformation zu schöpfen.

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Ulrich Parthier: Lassen Sie uns über die Ergebnisse der Studie sprechen. Haben sich denn die Gründe für eine Transformation im Vergleich zu den Studien der letzten Jahre verändert?

Patric Dahse: Ja, die Gründe haben sich signifikant geändert. In den vergangenen Jahren waren Unternehmen teils noch mit den Folgen von Corona, mit der Inflation oder mit anderen operativen Themen beschäftigt und setzten die Ziele entsprechend anders. Jetzt priorisieren Unternehmen wieder mehr Zukunftsthemen und folgen deutlich mehr den großen Trends der Informationstechnologie. Dieses Jahr hat die Einführung neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) mit fast 57 Prozent die oberste Priorität. Ich finde es ist ein großer Schritt von eher traditionellen Prioritäten, wie der Optimierung der Organisation oder der Kostenreduktion, hin zur Stärkung von Zukunftsthemen.

Eine umfangreiche IT-Transformation muss von Anfang an gut geplant werden.

Patric Dahse, CEO, Natuvion GmbH

Ulrich Parthier: Die letzten Studien haben gezeigt, dass Unternehmen schon in der Planung schwerwiegende Fehler begehen. Ist das nach wie vor so?

Patric Dahse: Eine IT-Transformation in großem Ausmaß muss gut geplant werden. Das beginnt bei der Zeitplanung, geht über die Budgetplanung und reicht bis zur gewünschten Ergebnisdefinition. Gerade was den Zeitfaktor angeht sehen wir, dass die Unternehmen voneinander und auch durch Studien wie unsere lernen, dass derartige Projekte nicht mal schnell umgesetzt werden können. Beispielsweise sehen wir einen Anstieg um 6 Prozent bei den Unternehmen, die mehr als ein Jahr für die Transformation vorgesehen haben – heute sind es 64 Prozent. Mit mehr als zwei Jahren planen jetzt 22,7 Prozent – 2024 waren es nur 18,9 Prozent.

Der vielleicht wichtigste Unterschied zur Vorjahresstudie ist, dass der Anteil derer, die meinen, eine Transformation in weniger als 6 Monaten durchführen zu können, von 16,9 Prozent um rund die Hälfte auf 8,3 Prozent zusammengeschrumpft ist.

Ulrich Parthier: Zeit ist aber nicht der einzige Stolperstein einer Transformation, oder?

Patric Dahse: Richtig. Neben einer realistischen Zeiteinschätzung für das Projekt ist auf jeden Fall auch das Wissen über die existierenden Systeme von entscheidender Bedeutung. Wenig überraschend liegt die größte Herausforderung mit 38,6 Prozent in der Analyse der bestehenden IT-Landschaft und Daten. Das war schon 2024 einer der größten Stolpersteine. Im Vergleich zu den Vorjahresstudien hat dieser Wert sogar nochmals mit 12 Prozent Abstand zur zweitgrößten Herausforderung zugelegt.

Auf Rang zwei sehen wir in der aktuellen Studie die Komplexität des Gesamtprojekts, was teilweise auch mit dem Alter der zu transformierenden Systeme zu tun hat. Über 42 Prozent der Altsysteme sind sechs bis zehn Jahre alt, 37 Prozent waren älter als 10 Jahre und etwa 11 Prozent waren sogar älter als 16 Jahre. In solch langen Zeiträumen ist viel Eigenentwicklung passiert und es wurden Datenbestände aufgebaut, die oft schlecht dokumentiert sind oder aus heutiger rechtlicher Sicht nicht existieren dürften.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Unternehmen zunehmend mehr darüber bewusst sind, dass die umfassende Analyse der Datenbestände das Fundament jeder Transformation bildet. Um daran nicht zu scheitern, ist es ratsam, frühzeitig Experten an Bord zu holen.

Ulrich Parthier: Lassen Sie uns über die Durchführung der Transformation sprechen. Wie gehen die Unternehmen mit ihren Daten um? Alles mitnehmen, ausmisten oder von vorne anfangen?

Patric Dahse: Die Umstellung auf ein neues System erfordert die Wahl der optimalen Transformationsstrategie. Essenziell ist dabei das Wissen um die Vor- und Nachteile der Migrationsmethoden Brownfield, Greenfield, Selective Data Transition oder einer Kombination aus Brown- und Greenfield mit der selektiven Datentransformation. In der aktuellen Studie wählten 30,2 Prozent aller Befragten die Brownfield-Methode, 25 Prozent gingen den Weg des Neuanfangs mit Greenfield. Der überwiegende Anteil (45 Prozent) will nur Teile des Systems mitnehmen oder zurücklassen. Das ist fast der gleiche Wert wie schon 2024. Die rein selektive Datenmigration wählten 25,8 Prozent der Studienteilnehmer. Eine Kombination aus selektiver Datenmigration mit dem Brownfield- oder Greenfield- Ansatz durchliefen 19,1 Prozent.

Natuvion Transformationsstudie

Ulrich Parthier: Was genau bedeutet das für eine Transformation?

Patric Dahse: Aus der täglichen Praxis wissen wir, dass die wenigsten Transformationsprojekte vollständig neu auf der grünen Wiese starten. 75 Prozent aller befragten Unternehmen nehmen Teile oder alle Daten mit in ihr neues System. 45 Prozent entscheiden sich für eine umfangreiche Analyse und nehmen als Ergebnis nur Teile ihrer bestehenden Daten und Prozesse mit.

Interessant ist in diesem Zusammenhang das Alter des zu migrierenden Systems und die gewählte Migrationsmethode. Je jünger das System ist, desto beliebter ist der Weg über den Brownfield-Ansatz. Das ist nachvollziehbar, denn bei Systemen, die erst vor wenigen Jahren erneuert wurden, sind die Datenqualität und Prozesse bereits bereinigt und überarbeitet. Hier erscheint die Übernahme aller Prozesse und Daten der einfachste und schnellste Weg ins neue System. Allerdings ist die Gefahr groß, dass bei dieser Methode zugunsten der einfacheren Transformation das Potenzial möglicher Innovationen auf der Strecke bleibt.

Ulrich Parthier: Lassen Sie uns über die Ziele reden. Haben die Erfahrungen und vielleicht auch die Studie zu besseren Ergebnissen geführt?

Patric Dahse: Der Gradmesser der Zielerreichung hängt interessanterweise davon ab, wen man fragt. Über die Grundgesamtheit hinweg gesehen, erreichten die befragten Unternehmen zu knapp 69,4 Prozent ihre Ziele. Letztes Jahr waren es nur 56,6 Prozent. In der aktuellen Studie berichten 29,4 Prozent, ihre Ziele nur teilweise und 1,2 Prozent gar nicht erreicht zu haben – im Gegensatz zu 39,2 und 3,7 Prozent in der letztjährigen Studie. Von daher kann man sagen, dass sich die Ergebnisse für die Unternehmen signifikant verbessert haben.

Betrachtet man nur die Vorstände und Geschäftsführer, so behaupten diese mit 76,8 Prozent deutlich häufiger, alle Ziele erreicht zu haben. Umgekehrt beurteilen die Abteilungsleiter mit 72,5 Prozent und Teamleiter mit 56 Prozent die Ergebnisse deutlich weniger euphorisch.

Interessant ist auch der Vergleich zwischen den Regionen. Mit 75 Prozent bestätigen die Amerikaner am häufigsten, dass sie die Ziele der Transformation erreicht haben. DACH, UK und die Nordics schneiden mit jeweils über 70 Prozent ebenfalls recht gut ab. Unterdurchschnittlich schneiden Osteuropa mit 62 Prozent und Frankreich mit 59,6 Prozent ab.

Bemerkenswert ist zudem, dass der Anteil derjenigen, die alle ihre Transformationsziele erreicht haben, in den letzten vier Erhebungen stetig angewachsen ist. Von 2022 mit 51 Prozent zur aktuellen Studie mit 69,4 Prozent.

Natuvion Transformationsstudie

Ulrich Parthier: Was bedeutet das im Kontext mit der Vorbereitung und Durchführung einer Transformation?

Patric Dahse: Zum einen ist auffällig, dass diejenigen, die die Analyse und eine fundierte Bestandserfassung als erfolgskritischen Teil ihrer Transformation höher beurteilt haben, auch öfter angeben, alle ihre Ziele erreicht zu haben. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit einer soliden, fundierten und umfassenden Vorbereitung.

Zweitens ist interessant, dass diejenigen die ihre Transformationsziele vollständig erreicht haben, zu 36 Prozent ihre Transformation per Brownfield-Verfahren umgesetzt haben. Allerdings erhöht das die Gefahr, dass Innovationen durch die Transformation auf der Strecke bleiben, was dem ausgeprägten Wunsch für die Einführung neuer Technologien wie Künstliche Intelligenz widerspricht.

Ulrich Parthier: Was ist mit den Budgets. Haben die Erfahrungen und vielleicht auch die Studie zu besseren Ergebnissen geführt?

Patric Dahse: An dieser Stelle sehen wir aufgrund der neuesten Studienergebnisse noch großen Handlungsbedarf. Über 82 Prozent gaben an, dass sie ihr geplantes Budget nicht einhalten konnten. Davon haben 56,5 Prozent ihr Budget, um mindestens 10 Prozent überschritten. Um 20 Prozent oder mehr haben 30 Prozent der Befragten ihr Budget überzogen. Das ist insgesamt etwas weniger als in der letzten Stichprobe von 2024, aber es ist nach wie vor viel zu hoch.

Ulrich Parthier: Was ist somit Ihr Fazit der diesjährigen Studie?

Patric Dahse: Über die Jahre hinweg werden IT- und Datentransformationen geplanter und strukturierter. Das ist gut so, denn künftig wird es aufgrund kürzerer Softwarezyklen viel mehr Transformationen geben. Unternehmen benötigen daher eine Plattform, mit der sie ihre Daten unkompliziert, schnell und vor allem mit höherer Qualität auf andere Systeme umziehen können. Genau da setzt unsere zentrale Plattform, die Natuvion Data Conversion Suite (DCS), an, mit der KIgestützt die Transformationszeit um mindestens 30 Prozent verkürzt werden kann. Wo ist der Zusammenhang? Die Erkenntnisse unserer Studien fließen natürlich auch in unsere Transformationsplattform ein.

Ulrich Parthier: Herr Dahse, wir danken für dieses Gespräch.

Über die Transformationsstudie 2025

Im Rahmen der Transformationsstudie 2025 wurden 909 Manager mittelständischer und großer Unternehmen von einem Marktforschungsunternehmen ausgewählt und anonym in den Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Großbritannien und Frankreich, Schweden, Dänemark, Norwegen, Finnland, Polen, Ungarn, Slowakei und USA befragt. Alle Befragten gaben an, ein Transformationsprojekt entweder aktuell durchzuführen oder innerhalb der letzten zwei Jahre abgeschlossen zu haben. Mehr als 75 Prozent der Befragten arbeiten in Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern, fast 20 Prozent aller Umfrageteilnehmer sind IT-Entscheider von Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern. Die Befragung wurde im Februar/März 2025 durchgeführt.

Patric

Dahse

Geschäftsführer

Natuvion GmbH

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