Europäische Cloud-Alternativen zu den US-Hyperscalern stehen im Fokus der Diskussion um digitale Souveränität. Während die technischen Voraussetzungen in Europa durchaus vorhanden sind, scheitert die Umsetzung oft an strategischen und strukturellen Hürden.
Darüber sprachen wir mit Christian Kaul, COO und Co-Founder von Impossible Cloud.
Herr Kaul, der Ausbau europäischer Cloud-Infrastrukturen gilt als zentral für digitale Souveränität. Warum tut sich Europa dennoch so schwer mit der Umsetzung?
Christian Kaul: Europas Rückstand ist nicht nur ein technologisches Problem, sondern ein strategisches. Die nötigen Ressourcen sind vorhanden. Wir haben Tausende Rechenzentren, hohe Datenschutzstandards und eine stabile Rechtsordnung. Aber diese Potenziale werden nicht effizient genutzt, weil es an einem gemeinsamen Architekturprinzip fehlt.
Statt bestehende Infrastrukturen miteinander zu vernetzen, investieren viele Akteure in nationale Insellösungen oder lagern ihre Daten in Hyperscaler-Plattformen aus. Die Folge ist eine zunehmende Abhängigkeit von US-Anbietern, bei denen europäische Unternehmen weder die Datenhoheit noch die volle Kontrolle über Zugriffsrechte behalten. Gleichzeitig verhindern komplexe Genehmigungsverfahren und föderale Strukturen einen schnellen, grenzüberschreitenden Ausbau europäischer Alternativen.
Impossible Cloud geht einen anderen Weg. Wir vernetzen bestehende Rechenzentren über standardisierte Schnittstellen, ermöglichen Datenlokalisierung nach datenschutzrechtlichen Vorgaben und kombinieren technische Skalierbarkeit mit vollständiger Kontrolle. Das ist kein Kompromiss, sondern ein Modell, das Europas regulatorische und strukturelle Realität in eine zukunftsfähige Cloud-Strategie übersetzt.
Was heißt das konkret?
Christian Kaul: Eine grundlegende Neuausrichtung: Weg von monolithischen Cloud-Regionen hin zu föderierten Architekturen, bei denen bestehende Rechenzentren intelligent orchestriert werden. Unternehmen legen beim Anlegen ihrer Buckets genau fest, wo ihre Daten gespeichert werden sollen. Unsere Plattform bindet zertifizierte Rechenzentren an, die europäischen Datenschutzanforderungen entsprechen. Über Geofencing stellen wir sicher, dass die Daten auch wirklich in der gewählten Region bleiben. Die technische Vernetzung erfolgt über standardisierte Schnittstellen. So entsteht ein verteiltes Cloud-Modell, das Datenströme intelligent steuert, Compliance-Vorgaben erfüllt und eine hohe Verfügbarkeit sicherstellt – ohne neue Infrastruktur bauen zu müssen.
Ein zentrales Thema auf der it-sa ist Datensicherheit. Wie unterscheiden Sie sich hier von USHyperscalern?
Christian Kaul: Der entscheidende Unterschied liegt in der Kontrolle. Unsere Plattform ermöglicht Unternehmen, genau festzulegen, wo ihre Daten gespeichert werden und wer darauf zugreifen darf. Alle Daten werden während der Übertragung mit TLS verschlüsselt, zusätzlich serverseitig nach dem SSE-S3-Prinzip mit AES-256 gesichert und auf den Speichermedien noch einmal vollständig verschlüsselt. Auf Wunsch können Unternehmen ihre Daten sogar schon vor dem Upload selbst verschlüsseln.
Wer Cybersicherheit strategisch denkt, muss bei der Infrastruktur anfangen.
Christian Kaul, Impossible Cloud
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Rechtslage. Unsere Infrastrukturpartner betreiben ausschließlich Rechenzentren in Europa, die unter europäisches Datenschutzrecht fallen. Das bedeutet: Es gibt keine Verpflichtung zur Herausgabe von Daten an Behörden außerhalb Europas. Wir unterliegen nicht dem US Coud Act, und unsere Kunden haben die volle Kontrolle darüber, wo ihre Daten liegen. Für viele Unternehmen ist das nicht nur ein Compliance-Thema, sondern ein strategischer Sicherheitsfaktor.
Wie gehen Sie mit Fragen zur Zugriffskontrolle um?
Christian Kaul: Alle Datenbereiche sind bei uns standardmäßig privat. Zugriffsrechte werden über ein identitätsbasiertes Modell vergeben, das einfach zu verwalten ist. Unternehmen können genau festlegen, wer auf welche Inhalte zugreifen darf. Wenn Daten geteilt werden sollen, geschieht das kontrolliert und zeitlich begrenzt über presigned URLs. Für Partnerprojekte ermöglichen wir außerdem die Anbindung externer Authentifizierungsdienste wie SAML oder OIDC. So bleibt auch bei komplexen Nutzerstrukturen die Kontrolle vollständig erhalten.
Ihr Speicherangebot basiert auf dem Prinzip „Always-Hot Storage“. Was bedeutet das konkret – und welche Rolle spielt Ihre Plattform im Bereich Sicherheit?
Christian Kaul: Always-Hot Storage bedeutet, dass alle gespeicherten Daten jederzeit ohne Verzögerung verfügbar sind. Es gibt keine Trennung in „kalte“ und „heiße“ Speicherklassen, keine Wartezeiten wie bei Glacier und keine Zusatzkosten für den Abruf. Unternehmen können jederzeit auf ihre Daten zugreifen, egal ob sie regelmäßig genutzt oder nur archiviert sind. Das ist besonders wichtig für Anwendungen wie Backups, Datenanalyse oder Langzeitarchive mit direktem Zugriffsbedarf.
Unsere Plattform geht dabei über klassischen Speicher hinaus und integriert Sicherheit von Anfang an. Mit Object Lock können Daten außerdem revisionssicher gespeichert werden. Das schützt zuverlässig vor Ransomware-Angriffen. Zusätzlich setzen wir auf Mehrfaktorauthentifizierung, rollenbasierte Zugriffskontrolle und Geofencing, das eine standortgenaue Datenhaltung innerhalb Europas ermöglicht. So lassen sich Sicherheit, Verfügbarkeit und Kontrolle in einer Lösung verbinden.
Wie unterscheidet sich Ihr Geschäftsmodell vom typischen Hyperscaler-Ansatz?
Christian Kaul: Hyperscaler arbeiten oft mit komplexen Preisstrukturen. Abrufkosten, Egress-Gebühren, Mindestlaufzeiten und zusätzliche Gebühren für API-Nutzung machen die tatsächlichen Kosten schwer kalkulierbar. Bei uns ist das anders. Wir verzichten vollständig auf Egress- und API-Kosten. Unternehmen zahlen nur für den tatsächlich belegten Speicherplatz. Es gibt keine Gebühren für das Verschieben, Abrufen oder Ansteuern der Daten. Die Mindesthaltefrist für Objekte beträgt lediglich 24 Stunden. Danach können Daten jederzeit gelöscht oder verschoben werden, ohne Zusatzkosten.
Wer dauerhaft größere Mengen speichern möchte, kann über feste Kapazitätsvereinbarungen zusätzlich sparen, ohne an langfristige Verträge gebunden zu sein. Darüber hinaus ist Impossible Cloud vollständig S3-kompatibel. Bestehende Workflows lassen sich also nahtlos weiterführen, und die Umstellung ist technisch in wenigen Minuten erledigt. Für viele Unternehmen ist das der entscheidende Unterschied. Sie gewinnen Kontrolle zurück, ohne sich auf proprietäre Systeme einzulassen.
Zum Abschluss: Was ist Ihr Appell an Entscheider auf der it-sa?
Christian Kaul: Wer Cybersicherheit strategisch denkt, muss bei der Infrastruktur anfangen. Die Zukunft gehört Systemen, die flexibel, kontrollierbar und sowohl technisch als auch rechtlich verlässlich sind. Unternehmen, die heute in europäische Cloud-Alternativen investieren, schaffen sich nicht nur technologische Unabhängigkeit, sondern auch die Grundlage für echte Resilienz im digitalen Raum. Es geht nicht darum, die Großen zu kopieren. Es geht darum, eigene Standards zu setzen. Wer seine Datenhaltung souverän und zukunftssicher aufstellen will, braucht jetzt eine Plattform, die nicht nur europäisches Recht achtet, Sicherheit mitdenkt und wirtschaftlich skalierbar ist, sondern auch genau das erfüllt, was Unternehmen fordern: Made in Germany, rechtskonform, technisch auf Augenhöhe und wirtschaftlich tragfähig.
Herr Kaul, wir danken für dieses Gespräch.