Daten sind in der Life-Science-Branche mehr als nur ein Beifang der Forschung; sie sind eine treibende Kraft für Innovationen.
Durch die Nutzung umfangreicher Datensätze können Unternehmen die Medikamentenentwicklung beschleunigen, die Präzisionsmedizin optimieren und Abläufe effizienter gestalten. Dieser Wandel hat dazu geführt, dass das Datenmanagement nicht mehr nur ein technisches Werkzeug, sondern eine tragende Säule ist. Doch Daten sind nicht mehr nur eine Ressource, sondern ein strategisches Kernstück, das Verantwortliche aktiv schützen und verwalten müssen. Ohne angemessene Kontrolle sind die Risiken erheblich. So sieht das KI-Gesetz der EU empfindliche Sanktionen für Life-Science-Unternehmen vor, deren Systeme nicht compliant sind.
Wachsende Szenarien für den Einsatz von Daten
Im Life-Science-Bereich gibt es enorm große Datenmengen. Pharmaunternehmen arbeiten oft mit Tausenden Studienzentren und Zehntausenden Studienteilnehmern zusammen. Eine Studie der Tufts University hat ermittelt, dass klinische Studien der Phase III inzwischen durchschnittlich 3,6 Millionen Datenpunkte generieren ‒ die dreifache Menge im Vergleich zu zehn Jahren vorher. Angesichts dieser riesigen Datenmengen müssen die Zeiten für Datenkonsolidierung und -management reduziert werden, um in Forschung und Entwicklung kurzfristig auf die passenden und korrekten Daten zugreifen zu können.
Eine häufig anzutreffende Fragmentierung verschärft diese Herausforderung. Laut einer Umfrage von Informatica aus dem Jahr 2024 zufolge verfügen 41 Prozent der Unternehmen über 1.000 oder mehr Datenquellen. Fast 60 Prozent nutzen durchschnittlich fünf verschiedene Tools, um die Daten zu verwalten. Mit steigendem Datenvolumen und fortschreitender Fragmentierung wird der Bedarf einer einzigen konsolidierten Lösung für die Datenverwaltung immer dringlicher.
Durch die Datenkonsolidierung können Unternehmen zahlreiche Vorteile erschließen. Vertriebsteams können Trends und Faktoren besser verstehen, die für ihre Zielkunden relevant sind. Die Einkaufsabteilung kann die Daten nutzen, um effektiver mit Lieferanten und Partnern zusammenzuarbeiten. Sogar die Merger & Akquisition-Teams können durch die effizientere Integration der Daten, Systeme und Anwendungen eines übernommenen Unternehmens eine schnellere Wertschöpfung erzielen. Im Ergebnis wird die Arzneimittelforschung effizienter, die Ergebnisse lassen sich besser prognostizieren und die Analysen liefern zuverlässigere Erkenntnisse. Im Kern hängt der Erfolg von soliden Datenmanagement-Prozessen ab, bei denen Qualität, Governance und Datenschutz im Vordergrund stehen.
Überwindung regulatorischer Herausforderungen
Die Life-Sciences-Branche ist hochgradig reguliert. Sie muss internationale Standards wie die CIOMS International Ethical Guidelines, die ICH E6 Guideline for Good Clinical Practice und der PhRMA Principles for Clinical Trials and Communication of Results einhalten. Die Einführung des EU-AI-Acts, der am 1. August 2024 in Kraft trat, erhöht die Komplexität zusätzlich. Um den Anforderungen aus sich überschneidenden Regelungen zu genügen, ist die Einrichtung eines zentralen Datenspeichers für Patientendaten nicht nur praktikabel, sondern eine geschäftliche Notwendigkeit. Ein effektives Datenmanagement ist unabdingbar, um die strengen Governance- und Tracking-Anforderungen des EU AI Acts zu erfüllen.
Die Konsolidierung des Datenmanagements auf einer Plattform erlaubt es Life-Sciences-Unternehmen klare Verantwortlichkeiten, Richtlinien und Prozesse festzulegen und Arbeitsabläufe zu optimieren. Ein einheitlicher Ansatz zum Metadatenmanagement gewährleistet eine konsistente Anwendung von Datenschutzmaßnahmen und Wahrung der Privatsphäre. Unternehmen können so Compliance-Prozesse automatisieren und sich sicher durch die Komplexität kommender Regulierungen bewegen.
Vorbereitung auf die Einführung von KI
Studien von Cognizant und Oxford Economics prognostizieren, dass aktuelle unternehmensweite KI-Projekte die Experimentierphase verlassen und bis 2026 in den Regelbetrieb übergehen werden. Die Life-Sciences-Branche muss sich auf diesen Wandel vorbereiten. Die ordnungsgemäße Verwaltung von Patientendaten und des geistigen Eigentums ist ein Basis-Element jeder digitalen Gesundheitsinitiative. Das gilt insbesondere beim Einsatz von KI, bei der Transparenz und Zuverlässigkeit der Ergebnisse ein zentrales Anliegen ist.
KI kann auch das Datenmanagement transformieren, indem sie komplexe Aufgaben wie Datenextraktion, Klassifizierung und Validierung automatisiert. Dies verbessert die Genauigkeit und beschleunigt die Einhaltung von Vorschriften. In diesem Sinne bedingen sich KI und Daten gegenseitig: KI benötigt qualitativ hochwertige Daten und ein modernes Datenmanagement profitiert von KI-gesteuerten Effizienzsteigerungen.
Skalierbare Software mit integrierten KI-Funktionen kann die anspruchsvolle Datenerfassung mit anschließender Integration, Governance und des Qualitätsmanagements übernehmen. Über moderne Tools können auch nicht-technische Nutzer auf datenbasierte Anwendungen zugreifen, die beispielsweise auf die Arzneimittelforschung zugeschnitten sind, und so eine bessere Zusammenarbeit und mehr Innovation fördern.
So haben wir beispielsweise mit einem globalen Pharmaunternehmen zusammengearbeitet, die die mehrjährige Migration ihrer On-Premises-Lösungen in die Cloud vorantreiben musste. Für die nächste Projektphase war eine einzige, vertrauenswürdige Datenquelle für Analysen nötig, die unternehmensweit genutzt werden sollte. Das Unternehmen implementierte eine KI-gestützte SaaS-Lösung, um das Daten- und Compliance-Management zu konsolidieren und die bestehenden Supply-Chain-Analysen in die Cloud zu migrieren. Das führte zu einer Vereinfachung der Entwicklungsprozesse und damit zu einer spürbaren Kosten- und Zeitersparnis. Fünf Millionen Datensätze konnten in nur vier Stunden erfasst werden ‒ vorher waren es 19 Stunden. Seit der Einführung hat die neue Cloud-Lösung die Zeit zur Verarbeitung neuer Aufträge um 50 Prozent verkürzt.
Vertrauen schaffen und alles im Griff haben
Innovationen sind im Life-Science-Bereich Alltag, aber die Heureka-Momente hängen heute von Daten ab ‒ Daten, die qualitativ hochwertig, konform, sicher und reguliert sind. Das Datenmanagement in einer stark regulierten globalen Branche bleibt komplex und kostspielig. Unternehmen müssen abgeschottete Strukturen aufbrechen, externe Daten integrieren und die kommenden rechtlichen Rahmenbedingungen einhalten. Außerdem müssen sie die zunehmende Komplexität von Datentypen, -formaten und -speichern bewältigen und gleichzeitig Integrität und Sicherheit gewährleisten. Dies ist wesentlich, um Vertrauen zu gewährleisten und ein innovatives Umfeld zu fördern.
Damit Teams die neuen Möglichkeiten nutzen können, muss das Datenmanagement modernisiert werden. Von der Prozessrationalisierung der Arzneimittelforschung bis zur präzisen Ausrichtung auf bestimmte Patientengruppen können robuste Datensysteme große Veränderungen bewirken. So wie fortschrittliche Analytik und generative KI Innovationen vorantreiben, müssen auch die Datenmanagementsysteme den steigenden Branchenanforderungen an Geschwindigkeit, Qualität, Compliance und Innovation gerecht werden.
Autoren:
Claudia Maurer ist Head of Healthcare & Life Sciences Consulting for Central Europe & the Middle East, Cognizant
Thomas Gassenbauer ist Mitglied des Central Europe Leadership Teams, Cognizant