Digitale Zukunft auf der Schiene

ÖBB und Detecon bringen digitalen Zwilling aufs Gleis

Digital Twins

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) setzen einen bedeutenden Schritt in Richtung digitaler Transformation: Mit dem Projekt „INFRA Digital Twin“ (IDT) entsteht ein umfassender digitaler Zwilling der gesamten Bahninfrastruktur.

Ziel ist es, die Kapazität des bestehenden Streckennetzes bis zum Jahr 2040 deutlich zu steigern – und das ohne zusätzlichen Gleisbau.

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Virtuelle Abbilder für reale Herausforderungen

Seit Mitte 2023 arbeiten die ÖBB gemeinsam mit der Technologieberatung Detecon an der virtuellen Nachbildung ihrer Infrastruktur. Das Vorhaben umfasst nicht nur die genaue digitale Darstellung von Gleisen und Strecken, sondern auch der zugehörigen Anlagen wie Signale, Brücken und Stellwerke.

Herzstück des Projekts ist die Entwicklung zweier zentraler Referenzsysteme:

  • Das Gleis- und Streckenreferenzsystem (GSRSYS) kartiert das Schienennetz in einer standardisierten Form.
  • Das Anlagenreferenzsystem (ARS) erfasst sämtliche technische Einrichtungen entlang der Strecken.

Durch die Kombination dieser Systeme entsteht ein kohärentes digitales Modell, das die gesamte Infrastruktur präzise abbildet – eine wichtige Grundlage für zukünftige Analysen und Anwendungen.

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GeoGNZ: Die digitale Landkarte des Gleisnetzes

Ein weiterer Meilenstein ist das sogenannte Geografische Gleisnetz (GeoGNZ). Es bildet erstmals bauliche und betriebliche Netzstrukturen in einem gemeinsamen Modell ab – bisher waren diese getrennt verwaltet worden. Die einheitliche Darstellung ermöglicht die direkte Verknüpfung und Übersetzung zwischen bautechnischen und betrieblichen Informationen.

Diese neue Transparenz hilft nicht nur bei der Planung und Instandhaltung, sondern auch im täglichen Betrieb: Durch das GeoGNZ können relevante Daten schneller analysiert und nutzbar gemacht werden.

Eine große Herausforderung liegt in der Integration historisch gewachsener IT-Systeme. Verschiedene Fachbereiche nutzen oft unterschiedliche Begriffe für dieselben Objekte. Das ARS dient hier als Übersetzer, indem es Daten aus verschiedenen Quellen vereinheitlicht und sinnvoll miteinander verknüpft.

So kann beispielsweise nachvollzogen werden, welches Signal welchen Gleisabschnitt steuert – ein Detail, das für eine effektive Betriebsführung und Wartung entscheidend ist.

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Bereichsübergreifende Zusammenarbeit als Erfolgsfaktor

Ein technischer Fortschritt allein reicht jedoch nicht aus. Damit der digitale Zwilling seine volle Wirkung entfalten kann, müssen auch organisatorische Strukturen angepasst werden. Die ÖBB verfolgen deshalb einen integrativen Ansatz: Fünf zentrale Geschäftsbereiche – von Planung über Betrieb bis zum Asset Management – arbeiten auf einer gemeinsamen Datenbasis.

Diese durchgehende Vernetzung sorgt für:

  • konsistente Daten über alle Projektphasen hinweg,
  • effizientere Planungsprozesse,
  • eine ganzheitliche Sicht auf die Infrastruktur
  • und eine bessere Auslastung des bestehenden Netzes.

Langfristig sollen rund 400 IT-Systeme miteinander verbunden werden – ein ambitioniertes Vorhaben, das den Weg für eine datengetriebene Bahnsteuerung ebnet.

Der große Vorteil des digitalen Zwillings: Die Kapazität des Netzes lässt sich deutlich erhöhen, ohne neue Strecken bauen zu müssen. Geplant ist ein Anstieg der jährlich gefahrenen Zugkilometer von 175 auf 255 Millionen bis 2040.

Diese Effizienzsteigerung bringt nicht nur Vorteile für die ÖBB selbst, sondern auch für die Fahrgäste – etwa durch höhere Pünktlichkeit, bessere Planbarkeit und insgesamt mehr Verkehr auf der Schiene.

Digitalisierung als Motor für die Bahn von morgen

Mit dem INFRA-Digital-Twin-Projekt schaffen die ÖBB die Voraussetzungen für eine moderne, belastbare und flexible Bahn-Infrastruktur. Die Verknüpfung von Technologie, Daten und Organisation verspricht nicht nur eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen, sondern auch eine neue Qualität der Entscheidungsfindung im Bahnsektor.

Pauline Dornig

Pauline

Dornig

Online-Redakteurin

IT Verlag GmbH

Pauline Dornig verstärkt seit Mai 2020 das Team des IT Verlags als Online-Redakteurin. (pd)
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