Eine aktuelle Untersuchung des Psychologieprofessors Christian Montag von der Universität Macau wirft ein neues Licht auf den Zusammenhang zwischen der Einstellung gegenüber Künstlicher Intelligenz und dem Umgang mit sozialen Medien.
Wer KI positiv gegenübersteht, neigt dazu, Plattformen wie Instagram, TikTok oder YouTube intensiver zu nutzen – und das ist nicht immer gesund.
Der unsichtbare Motor sozialer Netzwerke
Ob beim Scrollen durch personalisierte Feeds, dem Konsum empfohlener Videos oder beim Anzeigen von Werbung – KI-Systeme sind zentraler Bestandteil nahezu jeder großen Social-Media-Plattform. Sie analysieren das Verhalten der Nutzer, lernen aus Vorlieben und Reaktionen und steuern Inhalte gezielt aus, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu binden. Das Ziel: maximale Verweildauer. Was wirtschaftlich sinnvoll erscheint, birgt Risiken – etwa die Förderung süchtiger Nutzungsmuster.
Neue Perspektive: Verbindung zwischen KI-Sympathie und Social-Media-Gebrauch
Während viele Studien bereits bekannte Einflussfaktoren für problematischen Medienkonsum untersuchten – etwa Persönlichkeitsmerkmale, emotionale Instabilität oder frühere psychische Belastungen – stellt Montags Forschung einen neuen Aspekt in den Fokus: Könnte auch die persönliche Einstellung zu KI mit riskantem Social-Media-Verhalten verknüpft sein?
Basierend auf der Annahme, dass Menschen mit positiver Sicht auf KI auch empfänglicher für von KI gesteuerte Plattformen sind, ging Montags Team dieser Frage in einer empirischen Analyse nach (via Pressetext).
Über 1.000 Teilnehmende im Fokus
In einer Online-Erhebung wurden mehr als 1.000 Erwachsene in Deutschland zu ihren Einstellungen gegenüber KI sowie ihrem Medienverhalten befragt. Knapp 960 Personen gaben an, soziale Medien regelmäßig zu nutzen. Dabei machten sie Angaben zur täglichen Nutzungsdauer und zur Art ihres Umgangs mit den Plattformen – etwa ob sie Schwierigkeiten haben, sich von ihnen zu lösen oder ob sie soziale Medien als Fluchtmechanismus verwenden.
Ergebnis: Mehr KI-Akzeptanz, mehr Social-Media-Zeit
Die Daten zeigen: Personen mit einer positiven Haltung gegenüber KI verbringen im Schnitt deutlich mehr Zeit in sozialen Netzwerken. Zudem weisen sie häufiger Muster auf, die auf eine problematische Nutzung hindeuten – etwa Kontrollverlust oder emotionale Abhängigkeit. Dieser Zusammenhang war bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen.
Im Gegensatz dazu ließ sich bei Menschen mit kritischer Haltung gegenüber KI kein klarer Zusammenhang zur Nutzung sozialer Medien feststellen.
Ein neuer Denkrahmen: IMPACT-Modell
Zur theoretischen Einordnung dieser Erkenntnisse entwickelte Montags Forschungsteam das sogenannte IMPACT-Modell. Es berücksichtigt unter anderem die Rolle von Medienformaten, individuellen Eigenschaften, kulturellen Faktoren sowie die Transparenz von KI-Systemen. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie und warum Menschen Künstliche Intelligenz unterschiedlich bewerten – und welche psychologischen Folgen daraus resultieren können.
Die Studie legt nahe, dass nicht nur soziale, psychologische oder technologische Aspekte das Medienverhalten beeinflussen, sondern auch unsere Haltung zur Technik selbst – insbesondere zur allgegenwärtigen, aber oft unsichtbaren KI. Wer sich bewusst mit seiner Mediennutzung auseinandersetzt und kritisch hinterfragt, wie Inhalte zustande kommen, kann möglicherweise gesündere Nutzungsgewohnheiten entwickeln – unabhängig davon, ob er KI nun befürwortet oder nicht.