Chaos um neue WhatsApp-Nutzungsbedingungen

Quelle: oasisamuel / Shutterstock.com

Der Countdown lief ein zweites Mal und es galt: Wer WhatsApp weiterhin nutzen will, hätte bis zum 15. Mai 2021 den neuen Nutzungsbedingungen zustimmen müssen, andernfalls würde der MessengerDienst nach und nach unbrauchbar.

Dieses rigorose Vorgehen stieß auf Kritik, denn mit dem Klick auf „Akzeptieren“ stimmt man u. a. dem Datenaustausch zwischen WhatsApp und dem Mutterkonzern Facebook sowie weiterer Facebook-Dienstleistungsunternehmen zu. Doch nun hat Hamburgs Datenschutzbeauftragter Caspar eine Anordnung gegen dieses Vorhaben bewirkt. Was das für Nutzer bedeutet – und worum es eigentlich geht, klärt SpardaSurfSafe, eine Initiative der Stiftung Bildung und Soziales der Sparda-Bank Baden-Württemberg.

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Als die WhatsApp-Nutzer Anfang des Jahres mit einer Meldung konfrontiert wurden, die sie dazu aufforderte, den neuen Nutzungsbedingungen zuzustimmen, kam es zu einem Aufschrei. Grund war die Tatsache, dass man dem Messenger-Dienst damit auch mehr Rechte zum Datenaustausch zusichern sollte und eine Weigerung dazu führen würde, dass man den Dienst ab Mitte Februar nicht mehr nutzen kann. Als die Nutzer sich daraufhin scharenweise von WhatsApp abwandten, knickte das Unternehmen ein und verschob die Einführung der neuen Nutzungsbedingungen, um die Ziele und Konsequenzen einer Zustimmung besser zu erläutern. Zumindest bis zum 15. Mai, denn dann sollte es allen Protesten zum Trotz soweit sein: Wer dann sein Häkchen nicht unter die Zustimmung setzen würde, hätte zwar noch für einige Zeit Nachrichten empfangen, diese aber nicht mehr in der App beantworten können.

„Die Tatsache, dass wir den AGB oder hier den Nutzungsbedingungen einer App oder eines Dienstes zustimmen müssen, um ihn zu nutzen, ist völlig normal. Doch kaum jemand liest das Kleingedruckte vor dem Klick auf ‚OK‘ vollständig durch, insbesondere bei derart weitverbreiteten Apps wie WhatsApp“, sagt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e. V., einem der Mitveranstalter von SpardaSurfSafe. Auch bei den geforderten App-Berechtigungen wird häufig nur auf den Weiter-Button geklickt. Dabei lohnt es sich durchaus, einmal genauer zu betrachten, was wir da überhaupt erlauben, denn schon vor den aktuellen Änderungen hat WhatsApp sich umfangreiche Berechtigungen einräumen lassen.

Der Experte hat sich für SpardaSurfSafe durch die alten und neuen Nutzungsbedingungen gearbeitet und hier zusammengefasst, über welche Rechte WhatsApp bereits verfügt und welche nun dazukommen.

  • Bereits bekannt sind WhatsApp unsere Telefonnummer, Profilname sowie -bild, unsere E-MailAdresse, das genutzte Smartphone-Modell und Handynetz.
     
  • Sobald ein Nutzer Kontakte aus dem Adressbuch in WhatsApp importiert, landen auch diese Telefonnummern auf den Servern des Messengers, selbst wenn sie gar keinen WhatsApp-Account besitzen.
     
  • Ebenfalls erfasst werden schon jetzt Metadaten, also welche Funktionen des Messengers wann benutzt werden. WhatsApp weiß daher u. a., mit wem man wie häufig chattet und in welchen Gruppen sich ein Nutzer befindet.
     
  • Auch unsere Spracheinstellungen und die Zeitzone, in der wir uns befinden, kennt WhatsApp schon heute.
     
  • Neu hinzu kommt die explizite Erlaubnis für Nutzer außerhalb der EU und Großbritanniens, bestimmte Daten mit dem Mutterkonzern Facebook und mit Facebook-Dienstleistern zu teilen. So sollen die Dienste künftig verbessert und individualisierte Werbung ermöglicht werden. Allerdings wurden bereits in den vergangenen Jahren Daten mit Facebook geteilt, um Nutzerprofile zu erstellen.

Bei den Nachrichten mitlesen kann WhatsApp hingegen weder nach den alten noch nach den neuen Nutzungsbedingungen. Seit 2016 sind alle Nachrichten durch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung vor neugierigen Augen geschützt. Daran wird sich auch durch die neuen Bedingungen nichts ändern. „Die wichtigste Neuerung ist der Datenaustausch mit Facebook und Drittparteien. Allerdings betrifft dieser Punkt Nutzer in der EU nicht in gleichem Maße wie im Rest der Welt, denn hierzulande gelten mit der DSGVO deutlich strengere Datenschutzrichtlinien“, informiert Schartner. „Das Gesetz verlangt nämlich, dass man der Datenweitergabe aktiv zustimmt und ihr auch jederzeit widersprechen kann.“ Heißt im Klartext: selbst wenn ich heute mein OK zu den neuen Nutzungsbedingungen gebe, kann ich schon morgen meine Zustimmung zur Datenweitergabe widerrufen. Das ist einfach per Mail unter Angabe von Namen, E-Mail-Adresse, Telefonnummer und Land an [email protected] möglich.

Doch nun hat eine sofortige Anordnung, die die Datenweitergabe an Facebook untersagt, die Änderung der Nutzungsbedingungen erneut gestoppt. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Caspar hat diese erlassen, da es zu viele Unklarheiten hinsichtlich des Datenschutzes gäbe. Die Anordnung gilt für drei Monate. Die Entscheidung auf EU-Ebene wird angestrebt, steht aber noch aus.

Bleibt die Frage, was sich denn nun tatsächlich am 15. Mai 2021 geändert hätte. Die erste große Neuerung würde es WhatsApp ermöglichen, direkt per Chat-Nachricht mit den Nutzern in Kontakt zu treten, um beispielsweise über neue Funktionen oder Emojis zu informieren. Bislang bestand diese Möglichkeit nicht. Der zweite Punkt betrifft personalisierte Werbemöglichkeiten, wie es beim Mutterkonzern Facebook bereits seit langem praktiziert wird. Auch solche Anzeigen könnten künftig per Chat-Nachricht im Postfach landen, wenn man der Datenweitergabe nicht widerspricht.

Für diejenigen hingegen, die sich gegen die Zustimmung entscheiden, ändert sich einiges, wenn die neuen Nutzungsbedingungen in Kraft treten, denn sie müssen auf einen anderen Messenger-Dienst umsteigen. Zwar können sie noch für einen begrenzten Zeitraum nach dem Stichtag Nachrichten empfangen, diese jedoch weder in WhatsApp lesen noch beantworten. Damit wird der Messenger praktisch unbrauchbar. Eine gute Nachricht hatte WhatsApp allerdings für all jene, die noch etwas mehr Bedenkzeit brauchen: Auch nach dem Stichtag kann man den Nutzungsbedingungen jederzeit zustimmen und sein Konto damit wieder entsperren. Zudem verspricht das Unternehmen, inaktive Konten nicht wie sonst üblich nach 120 Tagen zu löschen. Wer also die Entscheidung bis dahin nicht getroffen hat und auf WhatsApp in der Zwischenzeit verzichten kann, wird nicht durch einen drohenden Verlust seines Kontos unter Druck gesetzt und kann sich ganz in Ruhe mit alternativen Apps auseinandersetzen. 

www.spardasurfsafe.de
 

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