Produzierendes Gewerbe ins Visier von Cyber-Kriminellen

Cyber-Attacken auf die Fertigungsindustrie: Ein Appell an Führungskräfte

Ransomware, Compliance, Data Threat

Die Fertigungsindustrie ist eines der attraktivsten Ziele für Hacker geworden. Die Zahl der Attacken steigt stetig. In der Vergangenheit schenkten Hacker dem Wirtschaftssektor weniger Beachtung, weil es in anderen Branchen, die mehr von Daten abhängig waren, mehr zu holen gab.

Nun ist das anders: Fabriken stehen mittlerweile regelrecht im Kreuzfeuer aus Ransomware, geopolitischen Konflikten und globalen Lieferkettenangriffen. Für Führungskräfte heißt das, dass Cyber-Sicherheit kein exklusives IT-Thema mehr ist. Sie zu vernachlässigen, bedeutet, ein zentrales Geschäftsrisiko einzugehen, das sich direkt auf den Umsatz, die Widerstandsfähigkeit und den Ruf des Unternehmens auswirkt.

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Die Kosten von Ausfallzeiten

Im Jahr 2025 war ein Fertigungsbetrieb im Durchschnitt 1585 wöchentlichen Cyber-Angriffen ausgesetzt. Das entspricht einem Anstieg von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Lateinamerika und APAC waren die am stärksten betroffenen Regionen. Taiwan stellte mit durchschnittlich 5100 wöchentlichen Angriffen das am stärksten betroffene Land dar. Europa verzeichnete das schnellste Wachstum und beinhaltet sechs der zehn Länder (Niederlande, Spanien, Schweden, Türkei, Schweiz, Österreich), in denen das Angriffsvolumen auf das verarbeitende Gewerbe am stärksten zunahm.

Cyber-Kriminelle wissen, dass jede Stunde Produktionsstillstand ein Unternehmen Millionen von Euro kosten kann. Aus diesem Grund stellt die industrielle Fertigung für Ransomware-Gruppen ein Hauptziel dar: Sie müssen keine sensiblen Kundendaten stehlen, wenn sie den Betrieb einfach stilllegen und eine Zahlung verlangen können.

Das sind keine Katastrophenszenarien, sondern reale Gefahren, wie diese aktuellen Fälle zeigen:

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  • Clorox (2023): Ein Ransomware-Angriff legte den Betrieb lahm und führte zu Quartalsverlusten in Höhe von 356 Millionen US-Dollar.
  • Nucor (2025): Der größte Stahlproduzent Nordamerikas war nach einem Cyber-Angriff gezwungen, die Produktion einzustellen.
  • Sensata Technologies (2025): Ein Ransomware-Vorfall legte den Versand und die Produktion lahm, verzögerte die Auftragsabwicklung und belastete die Kundenbeziehungen.
  • Schumag AG (2024): Anhaltende Ransomware-Störungen zwangen den deutschen Hersteller schließlich in die Insolvenz.

Abgesehen von den direkten finanziellen Auswirkungen haben Ransomware-Angriffe oft kaskadierende Effekte: Verlust des Kundenvertrauens, gebrochene Verträge, verzögerte Innovationen und verschärfte behördliche Kontrollen. Für viele Hersteller ist der Schaden am Ruf und der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit genauso kostspielig wie der Sicherheitsvorfall selbst.

Lieferketten: Das schwächste Glied

Hersteller arbeiten nicht in Isolation. Mit weit verzweigten Lieferantennetzwerken, globalen Partnern und der Abhängigkeit von IoT/OT-Systemen ist jede Verbindung ein potenzieller Einstiegspunkt für Angreifer. Kriminelle Gruppen haben sich mittlerweile darauf spezialisiert, gestohlene Zugangsdaten zu Produktionsnetzwerken zu verkaufen. Das eröffnet Ransomware-Akteuren den direkten Weg ins Unternehmensinnere. Ein einziger schwach abgesicherter Zulieferer oder ein ungesichertes IoT-Gerät kann der Dominostein sein, der eine Produktionslinie zum Kippen bringt.

Die Auswirkungen gehen weit über ein einzelnes Unternehmen hinaus. Kompromittierungen der Lieferkette können ganze Branchen stören, Lieferungen verzögern und das Vertrauen der Kunden untergraben. Für Hersteller, die auf Just-in-Time-Lieferungen und Effizienz angewiesen sind, können selbst kurze Unterbrechungen den Umsatz, die Kundentreue und den Ruf der Marke nachhaltig schädigen.

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Jenseits von Cyber-Kriminalität: Geopolitik am Werkstor

Staatlich unterstützte Angreifer haben es zunehmend auf Hersteller abgesehen, um geistiges Eigentum zu stehlen und strategische Ziele zu sabotieren. In den letzten zwei Jahren wurden Entwürfe für Drohnen, fortschrittliche Auto-Designs und Militär-Technologien gestohlen. Gleichzeitig stören politisch motivierte Hacktivisten die Lieferketten von Herstellern in den Bereichen Verteidigung, Energie und anderer kritischer Infrastruktur (KRITIS).

Die Auswirkungen gehen über unmittelbare Verluste hinaus. Der Diebstahl von geistigem Eigentum kann einen hart erarbeiteten Wettbewerbsvorteil über Jahre hinweg untergraben. Gleichzeitig ziehen Produktionsunterbrechungen ganze Volkswirtschaften und kritische Lieferketten in Mitleidenschaft. Diese Vorfälle machen deutlich, dass die Sicherheit in der Fertigung nicht nur eine technische Frage ist, sondern eine der nationalen Wettbewerbsfähigkeit und der wirtschaftlichen Stabilität.

Geopolitische Spannungen, von Handelsstreitigkeiten bis hin zu regionalen Konflikten, verstärken diesen Trend. Die Hersteller geraten immer häufiger zwischen die Fronten und werden nicht nur aus Profitgründen angegriffen, sondern auch als Schachfiguren in umfassenderen politischen Auseinandersetzungen. Führungskräfte müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihre Unternehmen Risiken ausgesetzt sein können, die ihren Ursprung weit außerhalb traditioneller geschäftlicher Überlegungen haben.

Tipps zur Prioritätensetzung für Führungskräfte

Verantwortliche im verarbeitenden Gewerbe können sich eine reaktive Haltung nicht leisten. Um Betrieb, Umsatz und Ruf zu schützen, sollten Führungskräfte aus Perspektive der IT-Sicherheit die folgenden Prioritäten setzen:

1. Widerstandsfähigkeit in den Betrieb integrieren

      Ausfallzeiten als Risiko müssen auf Vorstandsebene betrachtet werden. Kontinuitätspläne sollten regelmäßig getestet werden, und Wiederherstellungszeiten sind in Stunden und nicht in Wochen zu messen.

      2. Lieferketten absichern

        Cyber-Sicherheitsstandards müssen bei Anbietern und Partnern durchgesetzt werden. Einblicke in Zugangspunkte und Risiken Dritter sind daher unabdinglich.

        3. Geistiges Eigentum schützen

          Cyber-Angriffe auf die Fertigungsindustrie sind nicht mehr zufällig, sondern vorsätzlich, strategisch und oft geopolitisch motiviert. Dies erfordert Investitionen in nachrichtendienstlich gestützte Verteidigungsmaßnahmen sowie Strategien zur Krisenkommunikation. Geistiges Eigentum gilt dabei als Hauptziel für staatliche Akteure. Investitionen in Überwachung, fortschrittliche Erkennung und Verhinderung von Datenverlusten sind essentiell.

          4. Präventive Verteidigung stärken

            Über die bloße Einhaltung von Vorschriften hinaus sollte eine Strategie verfolgt werden, die Prävention in den Mittelpunkt stellt, um die Wahrscheinlichkeit von Störungen im Vorfeld zu reduzieren.

            Führungskräfte, die diese Prioritäten berücksichtigen, verteidigen sich nicht nur gegen aktuelle Bedrohungen, sondern sichern sich zugleich einen Wettbewerbsvorteil. In einer Branche, in der Betriebszeit, Vertrauen und Innovation den Marktanteil bestimmen, wird Ausfallsicherheit zu einem entscheidenden Unterscheidungsmerkmal.

            Schlussfolgerung

            Cyber-Bedrohungen für die Fertigungsindustrie nehmen an Umfang und Auswirkungen zu. Die Branche ist in besonderer Weise gefährdet, da sie mit veralteten Systemen, vernetzten Lieferketten und einer geringen Toleranz gegenüber Ausfallzeiten zu kämpfen hat. Für Führungskräfte ist die Botschaft klar: Cyber-Resilienz ist jetzt ein Wettbewerbsvorteil. Diejenigen, die heute entschlossen handeln, schützen nicht nur ihre Produktionslinien, sondern auch die Zukunft ihres Unternehmens.

            Marco

            Eggerling

            LL.M, Global CISO

            Checkpoint Software Technologies GmbH

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