Mit Self-Service die Kundenzufriedenheit erhöhen | Smartes Wissensmanagement

Self-ServiceIn Unternehmen, die erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen anbieten, kennt man das: Trotz aller Fokussierung auf Benutzbarkeit und user experience (UX) während der Entwicklung bleiben bei vielen Anwendern noch Fragen. 

Diese Fragen rasch zu klären, trägt entscheidend zur Kundenzufriedenheit bei. War früher das Telefon der bevorzugte Weg, sich mit einer Fragestellung an einen Hersteller zu wenden, so erwarten Kunden heute jedoch, sich auch über andere Kanäle an den Anbieter wenden zu können. Dazu gehört selbstverständlich E-Mail und das Kontaktformular auf der Unternehmens-Webseite, aber auch Facebook, Twitter & Co.. Und 70% aller Kunden erwarten, dass die Webseite eines Anbieters die Möglichkeit zum Self-Service bietet.

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Um diese Möglichkeit anbieten zu können, muss ein Anbieter das vorhandene Wissen seiner Service- und Supportmitarbeiter aufbereiten und in einem Webportal zügig zur Verfügung stellen. Hier kommt der Ansatz des Knowledge Centered Service (KCSSM) vom Consortium for Service Innovation ins Spiel. Das Consortium ist eine Non-Profit-Organisation von Technologieunternehmen, die seit 1992 Innovationen in Service und Support entwickelt, um Kundenbindung, Produktivität und Customer Success bei ihren Mitgliedsunternehmen zu verbessern.

Was ist die KCS-Methode?

Die Methode des Knowledge Centered Service liefert einen ganzheitlichen Ansatz für Servicecenter, der als Nebenprodukt der Problemlösung Wissensartikel für den Self-Service generiert. Der Aufwand zur Beantwortung wiederkehrender Anfragen wird reduziert, Lösungen stehen schneller zur Verfügung und sowohl Kunden als auch Mitarbeiter sind zufriedener.

KCS ist eine Methodik, die die Entwicklung und die Pflege von Wissen und Know-How in den Problemlösungsprozess einer Serviceorganisation integriert. Die nachträgliche Bearbeitung einer Vielzahl von Servicevorgängen durch Fachredakteure, um daraus Dokumentation für die Wissensdatenbank zu erzeugen, wird damit unnötig. Zumal dieser Ansatz sehr zeitintensiv ist und in der Regel den Flaschenhals darstellt, der die Verfügbarmachung von Problemlösungen verzögert: Vielen Mitarbeitern im Service stehen oft nur wenige Redakteure gegenüber.

Dell und HP, beides Mitglieds-unternehmen im Consortium, haben bei Untersuchungen heraus gefunden, wie wichtig die rasche Veröffentlichung von Problemlösungen für den Kundenerfolg ist (Bild 1).

Pattern of Rediscovery

Bild 1: Geschwindigkeit ist alles – in den ersten dreißig Tagen nach der Erarbeitung stiftet eine Problemlösung den größten Nutzen (Quelle: Consortium for Service Innovation) 

Insbesondere bei der Markteinführung neuer Produkte oder Versionen steigt oft das Anfragevolumen stark an. Berichtet ein Kunde ein Problem zum ersten Mal an das Unternehmen, so ist mit weiteren Meldungen des gleichen Problemes durch andere Kunden innerhalb der nächsten Tage zu rechnen. Viele Support- und Servicecenter geraten dann an ihre Grenzen, schaffen es nicht mehr, zeitnah bereits gelöste Probleme in der Wissensdatenbank zu dokumentieren. Es ist keine Seltenheit, dass zwischen der Lösung des Problems und der Verfügbarkeit von Dokumentation 60 oder mehr Tage liegen. Dann müssen all diese Anfragen von Servicemitarbeitern eins-zu-eins bearbeitet werden. Das ist nicht effizient und es sorgt zudem für Frust bei den Mitarbeitern.

Unternehmen, die die KCS-Methodik in ihren Servicecentern eingeführt haben, berichten hingegen von bis zu 60% kürzeren Lösungszeiten, durch den Self-Service ihrer Kunden um bis zu 50% weniger Anfragen im Center und damit auch von bis zu 30% mehr zufriedenen Mitarbeitern.

Wie funktioniert die KCS-Methode?

Hinter der Methode steckt die einfache Idee, zur Lösung des Kundenproblemes bereits vorhandenes Wissen wiederzuverwenden und es dabei laufend zu ergänzen und verbessern.

Während der Problemlösung entstehendes neues Wissen soll sofort dokumentiert und damit der gesamten Organisation zur Verfügung gestellt werden. Und zwar auch dann, wenn die beschriebene Lösung vielleicht noch nicht vollständig und perfekt sein sollte („good enough“). Wichtiger als die Beschreibung einer technisch perfekten Lösung ist der Kontext des Kunden, in dem er das Problem mit dem Produkt erlebt hat. Diesen Kontext mit zu erfassen und zu dokumentieren, hilft der Findbarkeit der Lösungsbeschreibung.

Im KCS-Ansatz würde ein Servicemitarbeiter also zuerst in der Wissensdatenbank (Knowledgebase) recherchieren, anstatt zu versuchen, das Problem selber zu lösen. In vielen Servicecentern ist es heute hingegen gängige Praxis, dort – aus den verschiedensten Gründen – zuletzt nach einer Lösung zu suchen, wenn man vorher schon alles andere versucht hat.

Wenn die Suche in der Knowledgebase erfolgreich war und der Lösungsartikel das Kundenproblem beheben kann, wird der Mitarbeiter ihn verwenden. Gleichzeitig verknüpft er den Servicevorgang über einen Link mit dem Artikel und schafft so eine Statistik: Welcher Artikel hat durch Wiederverwendung wie viele Kundenprobleme gelöst?

Hat der Mitarbeiter den Eindruck, der Artikel ist nur in Teilen hilfreich, wird er die ggfs. falschen Teile korrigieren und die fehlenden Teile ergänzen. Fehlt ihm dazu das Wissen oder die Berechtigung, wird er den Artikel zumindest als überarbeitungswürdig kennzeichnen.

Vielleicht kann ein anderer Mitarbeiter das fehlende Puzzleteil beisteuern und so das Lösungsbild vervollständigen. Mit der KCS-Methode steht daher das kollektive Wissen der gesamten Serviceorganisation zur Verfügung – einer lernenden Organisation.

Diese Philosophie des Use it, Flag it, Fix it, Add it („UFFA“) ist die zudem eine Qualitäts-sicherungsschleife im KCS-Prozess. Wenn wir unseren Mitarbeitern zutrauen, dass sie mit Kunden sprechen und deren Probleme lösen, dann können wir ihnen auch zutrauen, Wissensartikel für den Self-Service zu verfassen. Unterstützt wird diese Überzeugung durch die Beobachtung, dass in einer Organisation die mit KCS arbeitet, die Mitarbeiter selber auf die Einhaltung von Qualitätsstandards achten. Würden sie es nicht tun, würde ihre Arbeitsgrundlage – die Knowledgebase – an Wert verlieren!

Über das Konzept der sozialen Kontrolle von Artikelqualität hinaus, sieht die KCS-Methode einen Doppelschleifen-Prozess vor (s. Bild 2). Während die Lösungsschleife („Solve Loop“) das Erfassen, Strukturieren, Wiederverwenden und kontinuierliche Verbessern von Wissen im Lösungsprozess beschreibt, adressiert die Entwicklungsschleife („Evolve Loop“) den organisatorischen Rahmen darum herum.

Double Loop

Bild 2: KCS unterstützt durch einen Doppelschleifenprozess das organisationale Lernen
(Quelle: Consortium for Service Innovation) 

Sie beschreibt die Kriterien, die einen nützlichen Artikel ausmachen („Content Health“) und definiert die Integration des Prozesses in die notwendigen Softwarewerkzeuge (Ticket System, Knowledgebase, Content Management System, Webportal, usw.).

Zusätzlich liefert der Evolve Loop ein Kennzahlensystem („Performance Assessment“), mit dem die Leistungsfähigkeit der Prozesse, der Beitrag der einzelnen Mitarbeiter zum Gesamterfolg und vor allem der Beitrag des Services insgesamt zum Unternehmenserfolg bemessen werden kann. KCS liefert den Zusammenhang zwischen Serviceleistung und Kundenzufriedenheit.

Wichtiger Bestandteil der Evolve Loop ist letztlich die Beschreibung des Führungs- und Kommunikationssystems in einer KCS-Organisation. Die Hinwendung zu Knowledge Centered Service ist für die meisten Organisationen ein tiefgreifender Wandel, der durch Veränderungsmanagement begleitet werden muss. Die wichtigste Botschaft an die Mitarbeiter bei einer KCS-Einführung muss daher lauten:

„KCS ist nichts, was wir zusätzlich zu unserer bisherigen Arbeit machen. KCS wird die Art und Weise, wie wir Probleme lösen.“

Die Anzahl gescheiterter CRM-Projekte ist legendär. Solche Projekte sind abseits der technischen Herausforderungen der Implementierung meistens am Widerstand der Mitarbeiter gescheitert. Und zwar nicht, weil Mitarbeiter grundsätzlich „dagegen“ sind und alle Veränderungen ablehnen. Sondern weil diese Veränderungen schlecht oder gar nicht angekündigt, über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg entschieden und „mit der Brechstange“ eingeführt wurden.

Menschen-zentrierter Ansatz anstelle rein technologischer Lösungen

Eine Software für Wissensmanagement zu installieren und dann zu erwarten, dass alle Mitarbeiter bereitwillig ihr Wissen darin dokumentieren, wird nicht funktionieren. Es fehlt die Struktur, die Findbarkeit und die Relevanz des Wissens. Häufig gilt, dass „nur genutzt wird, was auch nützt“. Wenn Mitarbeiter befürchten müssen, dass die Dokumentation ihres Wissens sie letztlich überflüssig macht, werden sie sich sperren. Wenn sie davon ausgehen müssen, dass die neue Methode zu zusätzlicher Arbeitslast führen wird, werden sie nicht mitziehen. Das Management muss von Anfang an den Nutzen transportieren, den das Unternehmen und die Mitarbeiter von dem neuen System haben:

  • die Reduzierung wiederkehrender, immer gleicher Anfragen,
  • damit die Möglichkeit, sich neuen, unbekannten Fragen zu widmen,
  • den Zugriff auf das kollektive Wissen aller Kollegen und damit mehr Sicherheit in der Bearbeitung neuer Themen und
  • die Wertschätzung des Beitrags von Support und Service zum Unternehmenserfolg.

Der Qualität von Führung und Kommunikation kommt in einer Organisation, die KCS einführen und erfolgreich betreiben will, daher eine übergeordnete Rolle zu. Dazu werden nicht die bekannten, falschen Ansätze von der Führung mit Zuckerbrot und Peitsche verwendet. Stattdessen setzt KCS auf die Erkenntnisse aus der Motivationsforschung (vgl. Daniel Pinks Buch „Drive“), dass das Streben nach Autonomie, Perfektion und Sinnstiftung hauptsächliche Antriebe für Motivation sind.

Damit passt der Ansatz des Knowledge Centered Service gut in die heutige Arbeitswelt und ermöglicht dem Servicecenter, die Anforderung moderner Kunden nach sofort verfügbarer Lösungsdokumentation zu erfüllen.

Kai AltenfelderKai Altenfelder ist geschäftsführender Gesellschafter der pro accessio GmbH & Co. KG. 

www.pro-accessio.de

 

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