IT-Kostenmanagement architekturbasiert gestalten

Als indirekte Kosten sind IT-Beiträge zum Geschäft für Unternehmen oft schwierig zu identifizieren. Diese Kosten stehen nicht selten der Bereitstellung von Mitteln für die Innovation im Wege. Auf Architekturbasis können Kosten definiert, geprüft und gezielt zugewiesen werden. So wird eine effektive und strategische Kostenkontrolle aufgebaut.
Aus der Forrester Studie „EA Can Facilitate IT Cost Transparency“ von Alex Cullen geht hervor, dass in Zeiten von konjunkturellen Schwankungen und Finanzkrisen, die Transparenz der IT-Kosten und deren effektive und nachhaltige Steuerung zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren werden. Cullen empfiehlt daher die Schaffung von Kostentransparenz auf der Ebene der Architektur ganz hoch zu priorisieren [FOR09].
Auch in vielen Unternehmen ist die mangelhafte IT-Kostentransparenz ein „heiß diskutiertes“ Thema. Schließlich gehören die IT-Kosten zu den wesentlichen Kostenblöcken – weshalb Entscheider auch genau dort signifikante Kostensenkungspotenziale vermuten … Nicht wenige CFOs schauen daher kritisch auf ihre IT-Organisation und fordern Maßnahmen zur langfristigen und wirksamen Kostenreduzierung. Spätestens in diesem Moment stellen IT-Verantwortliche fest, dass sie die Kosten, die für Hardware, Software und Personal anfallen, gut kennen, ihnen hingegen Ausgaben, die für die Entwicklung, den Betrieb und die Wartung von Anwendungen, Produkten und Bausteinen entlang deren Lebenszyklen benötigt werden, oftmals vollständig unbekannt sind.
Aufgrund dieser mangelhaften Kostentransparenz führt die IT diese Maßnahmen dann mit der „Gießkannenmethode“ durch. Mit dieser erzielt sie zwar nur kurzfristige Kosteneffekte, da sich diese aber auf lange Sicht geschäftsschädigend auswirken, geraten IT-Budgetverantwortliche in der Folge zunehmend unter Rechtfertigungsdruck.
Wie kann eine IT-Organisation die Informationen aus der Enterprise Architecture mit ihren IT-Kosten verknüpfen, um Kostentransparenz zu schaffen und so deren vollständige und verursachungsgerechte Verrechnung zu gewährleisten? Und mit welcher Methodik lassen sich IT-Kosten schnell und geschäftsorientiert senken, ganzheitlich und nachhaltig steuern sowie IT-Investitionen zielorientiert und passgenau dimensionieren?
IT-Kostentransparenz herstellen
Das Ansehen der IT-Organisation eines Unternehmens hängt im Wesentlichen von ihrer Fähigkeit ab, Kosten und Leistungen in einem ausbalancierten Verhältnis zu erbringen. Trotz der ansteigenden Erwartungen ihrer Kunden fordert die Geschäftsführung von der IT, fortlaufend einen hohen geschäftlichen Mehrwert zu liefern, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. 
Die Höhe der anfallenden IT-Kosten wird in den meisten Fällen anhand von Kostenstellen lediglich an der Effizienz der indirekten Kosten gemessen. Diese pauschalisierte Kostenerfassung behindert Unternehmen bei der effektiven Ermittlung von Kostensenkungspotenzialen, die in der Lage wären, finanzielle Ressourcen für Innovationen freizusetzen. Auch die historisch-gewachsene Komplexität von IT-Anwendungslandschaften erschwert feingranulare Betrachtungen. Die anhaltende Intransparenz führt zwangsläufig zu hohem Kostendruck und damit letztendlich zu pauschalen IT-Kostensenkungsprogrammen mit langfristig negativen Auswirkungen auf das Geschäft.
Die Enterprise Architecture bildet das Fundament für ein klares Verständnis der Wechselbeziehungen zwischen fachlichen und IT-bezogenen Artefakten. Auf Grundlage der bisher üblichen IT-Kostenstellen- und IT-Kostenartenstrukturen lässt sich nicht transparent darstellen, wo und wodurch die Kosten genau anfallen. Solange ein Entscheider nicht versteht, welche Kosten bei der IT-Unterstützung der Geschäftsprozesse im Detail anfallen, kann er keine Kosten/Nutzen-Entscheidungen treffen. Die Geschäftsanforderungen lassen sich daher nur kosteneffizient umsetzen, wenn die Struktur der finanziellen Informationen der IT-Organisation vertikalisiert auf die Geschäftsfähigkeiten und -prozesse und somit zu den Produkten abgebildet werden kann.
Eine architekturbasierte IT-Kostensteuerung macht sichtbar, welche Kosten einzelnen Architekturartefakten zugeordnet sind und welche Geschäftsziele diese verfolgen. Die Kosten lassen sich für jedes Geschäftsziel hochaggregieren, und sie veranschaulichen, wie viel das Geschäftsziel heute kostet und wie viel es zukünftig kosten wird. IT-Verantwortliche können auf diese Weise Nutzenbewertungen einzelner IT-Vorhaben durchführen und mittels aussagekräftiger Messgrößen quantifizieren, die dem Fachbereich bekannt sind. 
Kommen wir nun zu der Frage, mit welchen Architekturprinzipien die IT kostenorientierte Strukturen innerhalb einer Enterprise Architecture gestalten kann:
IT-Kosten architekturbasiert steuern
Die geschäftsorientierte Gestaltung der Enterprise Architecture bietet der IT- und der Fachseite die Möglichkeit, verständliche und zielorientierte Strukturen zu entwickeln. Basierend auf den identifizierten Architekturartefakten kann die Organisation Kostenstrukturen aufsetzen, mit denen sie die wertorientierte Planung und strategische Steuerung der IT in beiden Architekturdimensionen ermöglicht. Das Enterprise-Architektur-Management bietet die erforderlichen Strukturen für dieses Vorgehen und damit die Ausgangsituation für eine architekturbasierte Steuerung der Kosten.
Die Grafik zeigt den Aufbau im Einzelnen. Die gröbste Ebene ist die Ebene der Architekturdomänen. Die erste Architekturdomäne stellt die Strategiearchitektur dar. Diese umfasst sämtliche Strategien und Ziele des gesamten Unternehmens. Sie beschreibt alle Wechselbeziehungen und -wirkungen zwischen den Geschäftszielen, Geschäftsstrategien, IT-Zielen und IT-Strategien. Auf ihrer Basis lässt sich ermitteln, welche Architekturartefakte welches Ziel verfolgen und wie viel das Erreichen des Geschäftsziels kostet bzw. wie viel noch investiert werden muss, damit das Ziel realisiert werden kann.
Bedeutung der IT-Artefakte
Welche IT-Artefakte welche Artefakte der Geschäftsarchitektur unterstützen und wie teuer das Unternehmen beispielsweise die IT-Unterstützung eines Geschäftsprozesses kommt, veranschaulicht die Geschäftsarchitektur. Zu ihr gehören alle Wertschöpfungsprozesse sowie die sekundären, unterstützenden Geschäftsprozesse und -fähigkeiten. Damit dient diese Architekturdomäne als Auftrags- und Anforderungsspeicher und koordiniert die Transformation der IT-Architektur, bestehend aus Servicearchitektur und Technischer Architektur. Dieser semantische Strukturierungs- und Ordnungsrahmen stellt nicht nur eine unternehmensweit abgestimmte Sicht und ein abgestimmtes Vokabular bereit, sondern dieser Rahmen enthält auch wichtige Informationen über die Wechselbeziehungen und -wirkungen, die eine strategische Ausrichtung aller Architekturartefakte auf die Geschäftserfordernisse ermöglicht.
Auf der Ebene der Anwendungsarchitektur bildet sich die Anwendungslandschaft so ab, wie sie heutzutage häufig vorzufinden ist: Monolithische IT-Silos stellen IT-Funktionen über mehrere Datenquellen hinweg unterschiedlichen Geschäftsfunktionen zur Verfügung. In der Praxis existieren die darüber liegenden Architekturdomänen gar nicht oder nur sehr unvollständig. IT-Kosten können auf dieser Grundlage also nur pauschal als Gemeinkostenblock verrechnet werden. Hingegen ermöglicht die vertikalisierte Strukturierung der Artefakte als Services in der Servicearchitektur in der Praxis eine architekturbasierte IT-Kostensteuerung mit Hilfe von vordefinierten Architekturprinzipien wie Zielorientierung, Geschäftsorientierung und der autonomen Vertikalisierung der Architekturartefakten und deren Ausrichtung auf Geschäftsfähigkeiten und strategischen Ziele.
Inventarisierung als Hilfe
Mit Hilfe der Inventarisierung der IT-Kosten pro Architekturartefakt ist es möglich, Kosten von der Ebene der Geschäftsfähigkeiten bis zu den strategischen Zielen additiv zu errechnen. Dadurch kann der Nutzen, den ein Geschäftsbereich durch die Umsetzung der Business-Ziele und daraus resultierenden Anforderungen für die Geschäftsfähigkeit generiert, den resultierenden IT-Kosten direkt gegenübergestellt werden. Hat die IT-Organisation die Architekturartefakte in einem Architektur-Repository inventarisiert, kann sie die Kosteninformationen über den Lebenszyklus der Architekturartefakte verteilen. 
Die Entwicklung und Migration von Services oder die Aktualisierung der Version von produktiven Services erfolgt immer in einem IT-Projekt. IT-Projekte können einen beachtlichen Teil der IT-Landschaft und damit auch sehr viele Architekturartefakte verändern. Ohne eine architekturbasierte IT-Kostensteuerung gibt es keine direkte Beziehung zwischen Architekturartefakten, dem Projektbudget und den tatsächlich angefallenen Kosten. Die Beobachtung der Kostenentwicklung von Architekturartefakten entlang deren Lebenszyklus ist aber wichtig für IT-Investitionsentscheidungen!
Traditionelle IT-Kostenstellen- und IT-Kostenartenstrukturen bieten keine ausreichende Transparenz für die Darstellung der IT-Kosten. Die Grundidee einer architekturbasierten Kostenverrechnung ist ein vertikalisierter, durchgängiger Blickwinkel durch die gesamte Enterprise Architecture und mit allen Wechselbeziehungen und -wirkungen zwischen den Architekturartefakten der verschiedenen Architekturdomänen (siehe Abbildung 1). Dieser Blickwinkel ermöglicht eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung über die Ebene der Geschäftsfähigkeiten bis auf die der korrespondierenden Ziele. 
Leistungsbewertung und –messung
Eine transparente Leistungsbewertung und -messung ist notwendig, um die IT-Kosten in Beziehung zu den Architekturartefakten zu bringen und letztendlich den monetären Wert für die Preisgestaltung oder Rückerstattungskosten von Services, beispielweise über Deckungsbeiträge, zu ermitteln. Mit Hilfe einer geschäftsorientierten Gestaltung und deren Implementierung mittels einer serviceorientierten Architektur (SOA) kann eine IT-Organisation zuverlässige und glaubwürdige Kosten- und Preismodelle als angemessene Servicevertragskosten aufbauen. Die Benutzung der Services kann sie als direkte Kosten verrechnen. Die IT ist so außerdem in der Lage, den Geschäftsbereichen für die Reduzierung weiterer IT-Kosten beratend zur Seite zu stehen. Ausgehend von strategischen Zielen erfolgt das IT-Controlling auf der Basis von Geschäftsfähigkeiten und -funktionen sowie deren vertikalisierter Dekomposition auf die Architekturartefakte.
In der Praxis gelingt eine transparente Leistungsbewertung am besten mit weitestgehend autonomen Services, die eine Geschäftsfunktion redundanzfrei kapseln und den Zugriff auf diese Funktionalität über einen Servicevertrag anbieten. Die Implementierung einer sogenannten Laufzeitautonomie gewährleistet die absolute Kontrolle über alle verwendeten Hardware- und Softwarebausteine. Organisationsverantwortliche können damit sämtliche Entwicklungs- und Betriebskosten über detaillierten Verteilungsregeln festlegen. 
Diese architekturbasierte Kostentransparenz ermöglicht die Simulation verschiedener Geschäftsideen und deren Auswirkung auf die Enterprise Architecture. Diese globale Evaluierung ist wichtig, denn oftmals existieren transitive Wechselbeziehungen zwischen Architekturartefakten, die aus einem lokaler Blickwinkel nicht ersichtlich sind. Steuernde Eingriffe können negative Auswirkungen auf periphere Architekturartefakte und somit unvorhergesehene Kosten verursachen. Durch die ganzheitliche Betrachtung aller Wechselbeziehungen kann ein Entscheider kalkulieren, welche IT-Kosten beispielsweise durch anstehende Migrationen oder Abschaltungen im Rahmen von Transformationsprojekten entstehen und gegebenenfalls eingespart werden können. 
Fazit
Aufgrund der Dynamik der Märkte und des rasanten Tempos des Geschäfts ist es notwendig, Geschäftsanforderungen immer schneller, besser und effektiver umzusetzen. Neue IT-Investitionen sind daher regelmäßig erforderlich. Was dem Geschäftsmanagement bis jetzt fehlte, war eine transparente Methodik, um das IT-Budget zielorientiert zu dimensionieren und die IT-Unterstützung geschäftsorientiert so zu steuern, dass der anvisierte geschäftliche Mehrwert maximal wird.
Die architekturbasierte Identifikation, Validierung, Zuordnung, Kontrolle und Senkung von Kosten auf der Ebene einzelner Architekturartefakte sowie deren Aggregation über Geschäftsfähigkeiten bis auf die Ebene der Geschäftsziele wird durch die vorgestellte Methodik unterstützt. Budgetverantwortliche und C-Level-Entscheider bekommen hiermit ein effektives Entscheidungs- und Steuerungsinstrumentarium, das sich auch für die Argumentationsunterstützung gegenüber internen und externen Kunden eignet.

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Kornelius Fuhrer, Senior Consultant Opitz Consulting
 

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