Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben einen neuartigen KI-Chip entwickelt, der völlig ohne Internetverbindung oder Cloudanbindung funktioniert.
Der Chip trägt den Namen „AI Pro“ und basiert auf einer neuromorphen Architektur, die sich am menschlichen Gehirn orientiert. Entwickelt wurde er von Prof. Hussam Amrouch, der an der TUM den Lehrstuhl für KI-Prozessor-Design innehat.
Denken wie das Gehirn: Die Idee hinter AI Pro
Im Gegensatz zu klassischen KI-Systemen, die auf riesige Datenmengen und Online-Rechenzentren angewiesen sind, verarbeitet AI Pro Informationen direkt vor Ort. Das Prinzip, das dem Chip zugrunde liegt, nennt sich „hyperdimensional computing“. Statt Millionen Trainingsdaten zu benötigen, erkennt der Chip Muster und Ähnlichkeiten – ähnlich wie Menschen beim Lernen abstrahieren.
„Auch Menschen abstrahieren und lernen durch Ähnlichkeiten“, erläutert Amrouch, „genauso wie der neue Chip.“
Beispielhaft zeigt sich das an der Erkennung eines Autos: Der Chip muss nicht unzählige Bilder eines Autos analysieren, sondern kombiniert grundlegende Eigenschaften – vier Räder, typische Bewegung auf der Straße, unterschiedliche Formen – zu einem funktionierenden Erkennungsmodell. Ein zentrales Merkmal des Chips ist seine Energieeffizienz. Bei der Durchführung eines einzelnen Trainingsvorgangs verbrauchte AI Pro nur 24 Mikrojoule – ein Bruchteil des Energiebedarfs vergleichbarer Chips. Prof. Amrouch nennt das einen „Rekordwert“.
Die besondere Architektur des Chips verbindet Rechen- und Speichereinheiten, was für klassische Chips unüblich ist. Diese Nähe zwischen Datenverarbeitung und -speicherung spart nicht nur Energie, sondern auch Zeit. Daten müssen nicht an weit entfernte Server geschickt werden – das reduziert sowohl die Latenz als auch den CO₂-Ausstoß.
Maßgeschneiderte Anwendungen statt universeller Lösungen
Während marktbeherrschende Anbieter wie NVIDIA auf Cloud-basierte Plattformen setzen, verfolgt Amrouch mit AI Pro einen anderen Ansatz. „Während NVIDIA eine Plattform gebaut hat, die auf Cloud-Daten angewiesen ist und verspricht, jedes Problem zu lösen, haben wir einen KI-Chip entwickelt, der kundenspezifische Lösungen ermöglicht“, erklärt er. „Hier schlummert ein enormer Markt.“
Der Chip wurde gezielt für spezialisierte Aufgaben entwickelt – etwa für die Analyse von Vitaldaten in einer Smartwatch oder die Navigation autonomer Drohnen. Durch diese spezifische Ausrichtung wird nicht nur Rechenleistung gespart, sondern auch die Sicherheit sensibler Daten gewährleistet: Da alles auf dem Gerät bleibt, sind Internetverbindung und externe Datenübertragung überflüssig.
Technische Details und Zukunftsperspektiven
Der aktuelle Prototyp misst lediglich einen Quadratmillimeter und enthält etwa zehn Millionen Transistoren. Damit bleibt er deutlich hinter der Transistordichte von Chips wie denen von NVIDIA zurück, die auf bis zu 200 Milliarden Transistoren kommen. Doch für Amrouch liegt die Stärke von AI Pro nicht in der reinen Rechenleistung, sondern in der intelligenten Verarbeitung vor Ort.
Gefertigt wurden die ersten Exemplare in Zusammenarbeit mit dem Halbleiterhersteller Global Foundries in Dresden. Der Preis des Chips liegt derzeit noch bei etwa 30.000 Euro – eine typische Größenordnung für frühe Prototypen. Für Prof. Amrouch ist klar, dass lokal arbeitende, energieeffiziente Chips eine zentrale Rolle in der Zukunft der künstlichen Intelligenz spielen werden. Besonders bei Anwendungen, die auf Datenschutz und Reaktionsschnelligkeit angewiesen sind, könnten sie sich als überlegen erweisen.