Warum es immer häufiger funkt, und weniger gekabelt wird

Ist Funk die Zukunft und Kabel die Vergangenheit? Mitnichten. Beide Techniken haben vor allem in professionellen Anwendungen gleichberechtigte Daseinsberechtigung. (Bildquelle: Unsplash.com © Tony Stoddard)

Es gibt, reduziert man alle Maßnahmen auf ihr Grundprinzip, letztendlich nur zwei Möglichkeiten, Daten zu übertragen: Per physischer Leitung, landläufig „Kabel“ genannt und per Funk.

Dabei befinden wir uns derzeit an einem Punkt, an dem es oftmals fast so wirkt, als handele es sich dabei um zwei orthogonal verlaufende Techniken, von denen eine die andere verdrängt: Hier der „moderne, zukunftsfähige“ Funk, auf der anderen Seite das „altbackene“ Kabel. Das liegt daran, dass in diesem Fall der Consumer-Bereich stark dazu tendiert, auch auf professionelle IT abzufärben. Das ist nicht per se eine nachteilige Entwicklung und hat gute Gründe. Allerdings ist es vonnöten, sich immer wieder die Grenzen aufzuzeigen und zu verstehen, dass beide Übertragungswege mitnichten orthogonal, sondern parallel verlaufen.

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Leichtigkeit des Seins überzeugt

Jeder, der schon Serverschränke bestückt und buchstäblich „verkabelt“ hat, weiß, dass es sich dabei trotz aller Logik immer noch um eine komplexe Aufgabe handelt. Das Wort Kabelsalat kommt nicht von ungefähr, wenn es gilt, mehrere physische Stränge zu verbinden. An diesem Punkt sehen wir den vielleicht stärksten Vorteil von Funktechnik und auch den gewichtigsten Grund dafür, warum sie sich derzeit so stark verbreitet: Funk ist im Aufbau ungleich simpler und flexibler.

Das auf eine Funkwelle „aufgesetzte“ Signal wird je nach verwendeter Antennen-Bauweise fast kugelförmig vom Sender in alle Richtungen ausgestrahlt.  Der daraus resultierende Vorteil ist so groß, dass viele sich gar keine Gedanken darüber machen: Alles, was sich in Reichweite des Signals befindet, ganz gleich, in welchem Winkel es dazu steht, kann (theoretisch) durch das Signal mit Daten versorgt werden.

Kaum ein Beispiel eignet sich zur Erklärung besser als WLAN. Es ist vollkommen gleich, an welcher Stelle ein Empfänger sich im Raum befindet. Er ist hochmobil, ist buchstäblich nicht an eine „Leine“ in Form des Kabels gebunden.

Dieser Mobilität steht noch ein weiterer Vorteil zur Seite: Die Simplifikation des Aufbaus. Es reicht, Sender und Empfänger aufzustellen und einzurichten. Weder sind Verlegearbeiten von Leitungen mit all ihren Nachteilen notwendig, noch sind überhaupt zusätzliche Materialien vonnöten. Zwei Antennen, eine sendet, die andere empfängt, dazwischen Luft.

Sinnvoll in der Profi-IT

Dieser Vorteil macht nicht nur bei Consumer-Anwendungen Sinn. Er kann auch in professionellen Anwendungen wirken.

Nehmen wir kabellose Präsentationssysteme für Besprechungsräume. Sie entbinden nicht nur von der Notwendigkeit, zuvor physische Installationsarbeit zu leisten, sondern auch davon, Räume vollständig ausstatten zu müssen. Einmal mehr ist es nur ein Sender und Empfänger, dazwischen Luft.

Gleiches gilt im höchsten Maß für Telefonie und ist der einzige Garant dafür, dass Personen, die nicht an einen festen Arbeitsplatz gebunden sind, dennoch dauerhaft erreichbar sind.

Doch es gibt noch weitere in einem professionellen Umfeld sinnvolle Anwendungen:

  • Ortsunabhängige Übertragung von Sprache und Ton, etwa Headsets
     
  • Identifikations- bzw. Erfassungssysteme, beispielsweise via NFC
     
  • Kurzfristiger, zeitlich begrenzter Aufbau von Datenübertragungen
     
  • Systeme, die eine Überwachung bzw. Steuerung unabhängig vom Standort beider Parteien erlauben sollen
     
  • Nachträgliche Erweiterung bestehender Systeme

Allerdings hat dies alles seine Limitierungen.

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Kabel kann es immer noch

Einmal mehr kann hier WLAN als einfaches Beispiel herhalten. Denn Funk ist in seiner Reichweite, je nach verwendeter Frequenz, Sendeleistung und Umgebungsbedingungen, nicht nur generell beschränkt, sondern dies auch noch relativ unvorhersagbar.

Dabei handelt es sich nicht nur um physisch prominente Barrieren, etwa die berühmte Betonmauer, an der jedes WLAN-Signal abprallt, sondern auch um Umweltfaktoren:

  • Luftfeuchtigkeit
     
  • Empfängerempfindlichkeit
     
  •  Elektromagnetische Felder (etwa durch Stromleitungen)
     
  • Andere Funkwellen
     
  • Doppler-Effekte durch sich bewegende Sender und Empfänger

Dies alles kann sich auf Reichweite/Geschwindigkeit/Qualität einer Funkanwendung ebenso nachteilig auswirken wie eine reine zu große Distanz.

Hinzu kommt eine physikalische Limitierung: Je höher die zu übertragende Datenmenge ist, desto höher muss auch die Frequenz des Funksignals sein. Mit einer Erhöhung dieser sinkt jedoch die physikalische Reichweite. Einer der Hauptgründe dafür, warum 5G-Technik ein Mehr an Sendemasten gegenüber vorherigen Übertragungsstandards benötigt.

Dahinter wiederum verbirgt sich auch eine wenig beachtete Tatsache: Die allermeisten Funkanwendungen überbrücken nur Teilstücke einer Gesamtstrecke. Jedes WLAN-Signal endet in einem Router, der es in eine kupfer- oder glasfaserbasierende Leitung einspeist.

Das liegt auch daran, dass kabelgebundene Technik abseits ihrer Limitierungen auch Vorteile ins Feld führen kann, die ihr nach wie an manchen Stellen einen Vorsprung gegenüber Funk verschaffen.

  1. Die Sicherheit. Funktechnik kann zwar enorm sicher gemacht werden. Aber beim Kabel kommt zu all diesen Maßnahmen eine simple physische Komponente hinzu. Hier kann nur derjenige unbefugt „mithören“, der das Kabel selbst anzapft, weil es sich um ein Closed-Loop-System handelt. Anders wird er das dadurch gesendete Signal nicht empfangen können – ungleich zur Funkanwendung, wo die Sicherheit beim Thema 5G abermals eine große Rolle spielt.
     
  2. Die Signalqualität. Ein sorgfältig verlegtes, abgeschirmtes und korrekt angeschlossenes Kabel kann praktisch nicht durch äußere Einflüsse gestört werden. Was darin übertragen wird, hat über die gesamte Distanz und ungeachtet sämtlicher Störfaktoren die gleiche Brillanz. Auch stören sich mehrere Ströme in dicht beieinander verlegten Leitungen nicht gegenseitig. Das ist vor allem dort maßgeblich, wo eine Übertragung fail safe ausgelegt sein muss.
     
  3. Die Geschwindigkeit. Funkübertragungen können hohe Geschwindigkeiten erreichen; jedoch sind es aktuell nach wie vor Kabel, welche noch geringere Latenzzeiten aufweisen, weil sie mit Lichtgeschwindigkeit übertragen. Und abermals gilt hier, dass nichts die Geschwindigkeit einbremsen kann, weil Kabel weit weniger durch Störfaktoren beeinflusst werden.

Tatsächlich sieht es deshalb so aus: Es gibt keinen „Kampf“ zwischen Funk und Kabel. Auch ist ersteres nicht dabei, letzteres zu verdrängen. Beide Wege der Signalübertragung haben gerade im professionellen Bereich nach wie vor ihre wichtigen Nischen, die sich auch mittel- bis langfristig kaum wandeln werden.

Im Gegenteil. Vor allem dadurch, dass bestehende Funk-Datenübertragungen immer höhere Frequenzen erfordern, die dementsprechend nur noch auf Sicht funktionieren, wird das Kabel künftig sogar wieder höhere Bedeutung bekommen, weil es immer wieder notwendig sein wird, Funkanwendungen zu versorgen – und sei es nur mit Strom, der trotz aller Forschungen eines Nikola Tesla leider immer noch nicht über praxistaugliche Distanzen durch die Luft transportiert werden kann.

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