Aufbau der technischen Grundlage

Wie Wallet-basierte Infrastrukturen das Plattform-Wachstum verändern

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Für viele Produkt- und IT-Teams stoßen klassische PSP-Architekturen zunehmend an Grenzen. Eine zukunftsweisende Antwort: Wallet-basierte Infrastrukturen, die Finanzprozesse modular, automatisiert und vollständig API-gesteuert abbilden.

Plattformen wachsen – und mit ihnen die Komplexität finanzieller Transaktionen. Für Produkt- und Entwicklungsabteilungen, die Finanzplattformen aufbauen und warten, werden die technischen Grenzen traditioneller Zahlungsdienstleister immer deutlicher: Starre Transaktionspfade, eingeschränkte Möglichkeiten zur Geldhaltung und fragmentierte Devisenprozesse begrenzen, was Entwickler und Produktverantwortliche beim Aufbau eines modernen, skalierbaren Zahlungssystems leisten können.

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Von linearen Transaktionen zu programmierbaren Wallets

Die Antwort auf diese Herausforderungen liegt in einem Paradigmenwechsel: Statt Zahlungen als lineare Ereignisse von A nach B zu betrachten, schaffen Wallet-Architekturen eine programmierbare, modulare Umgebung zur Steuerung des Geldflusses – wie, wann und unter welchen Bedingungen Geld bewegt wird. Diese Infrastrukturen sind darauf ausgelegt, nicht nur Transaktionen, sondern vollständige Workflows zu verarbeiten.

Im Zentrum solcher Systeme steht eine Wallet-Schicht, aufgebaut auf APIs, die zwischen eingehenden Zahlungen (Pay-ins) und ausgehenden Transfers (Payouts) liegen. Jeder Endnutzer – ob Käufer, Verkäufer oder Dienstleister – ist mit einem oder mehreren Wallets verknüpft. Diese Wallets fungieren als finanzielle Container, die jeweils einem Nutzer und einer Währung zugeordnet sind, aber dennoch virtuelle IBANs, Währungswechsel und automatisierte Geldbewegungen unterstützen können. Aus architektonischer Sicht sind Wallets programmierbare Einheiten mit integrierter Automatisierung, intelligenten Funktionen und anpassbarer Logik, mit denen Plattformen komplexe Finanzaktionen ohne manuelles Eingreifen ausführen können.

Zentrale Funktionen wallet-basierter Infrastrukturen

Sobald Gelder eingegangen sind – sei es per Kartenzahlung, SEPA-Überweisung oder über lokale Zahlungsmethoden – gelangen sie in die Wallet-Umgebung. Von dort aus können Gelder übertragen, aufgeteilt, umgewandelt oder zur späteren Verwendung aufbewahrt werden. Die Fähigkeit, Ein- und Auszahlungen voneinander zu entkoppeln, ist eine der größten Stärken dieses Systems. Ebenso leistungsfähig ist die Möglichkeit, Geschäftsabläufe über mehrere Wallets hinweg abzubilden – etwa zur Geldhaltung, Umsatzverteilung, Gebühren-, Provisions- oder Steuerverwaltung.

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Plattformen können Regeln, Bedingungen oder Nutzeraktionen definieren, die bestimmen, wann und wie Auszahlungen erfolgen. So kann ein Verkäufer beispielsweise erst dann ausgezahlt werden, wenn eine Lieferung bestätigt oder eine regulatorische Überprüfung (KYC) abgeschlossen ist.

Ob Dokumentenerfassung, Liveness-Checks oder Echtzeit-Datenvalidierung – Identitätsprüfungen können vollständig in die Plattformlogik integriert werden.

Ein zentraler Anwendungsfall für Wallet-Infrastrukturen ist die automatisierte Gebührenerhebung. Traditionelle Zahlungsdienstleister erfordern hierfür häufig individuelle Entwicklungen oder externe Abrechnungssysteme, um komplexe Gebührenmodelle umzusetzen. Wallet-basierte Systeme hingegen ermöglichen es, Gebühren automatisch an vordefinierten Punkten im Zahlungsfluss zu erheben – etwa bei einem Pay-in, einem Transfer zwischen Wallets oder kurz vor einer Auszahlung. Die Plattform kann festlegen, wann und wie diese Gebühren verrechnet und in separate Wallets, wie Gebühren- oder Steuer-Wallets, überführt werden – mit maximaler Flexibilität und minimalem Entwicklungsaufwand.

Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Abwicklung von Devisengeschäften. Globale Plattformen, die mit mehreren Währungen arbeiten, stehen bei der Nutzung externer Währungswechsel-Anbieter oft vor operativen und kostenbezogenen Herausforderungen. Wallet-Infrastrukturen beinhalten häufig eine native Funktion zur Devisenumrechnung. Zwei gängige Modelle stehen zur Verfügung: sofortige Umrechnung (zum aktuellen Marktpreis, direkt in der API-Antwort zurückgegeben) und garantierte Umrechnung (zu einem garantierten Kurs innerhalb eines definierten Zeitfensters). Beide Modelle ermöglichen es Plattformen, vorhersehbare Preisstrukturen zu schaffen, Währungswechsel-Dienste für ihre Nutzer anzubieten und Treasury-Prozesse zu optimieren – alles innerhalb der Wallet-Umgebung.

Diese programmierbaren Systeme unterstützen zudem Echtzeit-Überwachung und intelligente Liquiditätsverteilung. Gelder können automatisch zwischen Wallets verschoben werden – basierend auf Volumen, Geografie oder Transaktionstyp. In hochvolumigen Umgebungen – etwa bei Online-Marktplätzen oder Gig-Economy-Plattformen – ermöglicht dies ein effizientes internes Liquiditätsmanagement, sorgt für regulatorische Konformität und vermeidet die Verzögerungen externer Bankabwicklungen.

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Vorteile gegenüber traditionellen Zahlungsdienstleistern

Im Vergleich zu traditionellen PSPs und Acquirern bieten Wallet-Infrastrukturen mehrere zentrale technische Vorteile. Am bedeutendsten ist der Wegfall der starren, linearen Zahlungsflüsse. Gelder können unbegrenzt gespeichert, innerhalb des Ökosystems verschoben und gemäß individueller Plattformlogik verarbeitet werden. Zudem reduziert sich die Abhängigkeit von einem einzelnen Acquirer – Ausweichrouten oder Multi-Acquirer-Strategien werden möglich. Aus Compliance-Sicht können Wallets benutzerspezifische Regeln durchsetzen (z. B. basierend auf dem KYC-Level) und bieten eine klare Prüfbarkeit aller internen Bewegungen – ein entscheidendes Merkmal für regulierte Unternehmen.

Fazit

In der Praxis bedeutet der Wechsel von einem transaktionszentrierten Modell hin zu einer programmierbaren, wallet-zentrierten Infrastruktur für Produktverantwortliche und Entwicklerteams erheblich mehr Kontrolle. Entwicklungsprozesse werden reibungsloser, Iterationszyklen für neue Geschäftsmodelle verkürzen sich, und neue Monetarisierungsoptionen werden möglich – etwa Echtzeit-Margen im FX-Bereich oder automatisierte Umsatzverteilungen. Für wachsende Plattformen in regulierten Märkten ist diese Flexibilität nicht nur ein technisches Upgrade – sie ist eine strategische Notwendigkeit.

Francesc Altisent VP of Product for Payments and Banking bei Mangopay

Francesc

Altisent

VP of Product for Payments and Banking

Mangopay

Er ist ein Produktführer mit umfassender Erfahrung in der Fintech-Branche, insbesondere in den Bereichen Online-Zahlungen, Acquiring und europäische Zahlungsvorschriften. Derzeit ist er VP of Product for Payments and Banking bei Mangopay und leitet ein Zahlungsteam, das sich auf die Entwicklung datengesteuerter Lösungen für die Optimierung von Zahlungen konzentriert.
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