Technische Lösungen sollen den Arbeitsalltag erleichtern, führen in der Praxis aber oft zu Chaos. Das kostet Zeit, erschwert Entscheidungen, beeinträchtigt die Zusammenarbeit und wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit aus. Es ist Zeit, etwas zu ändern.
Wenn Unternehmen wachsen, geschieht das oft rasant und bringt neue Märkte, neue KundInnen und neue Anforderungen mit sich. Mit dem Wachstum treffen Unternehmen häufig viele technologische Einzelentscheidungen. Jede neue Lösung behebt ein konkretes Problem und erhöht gleichzeitig die Komplexität. Nach kurzer Zeit führen genau die Tools, die ursprünglich für mehr Tempo sorgen sollten, zu Verzögerungen.
Komplexität entsteht schleichend und bleibt lange unbemerkt. Ein zusätzlicher Prozess hier, ein separates System dort, und plötzlich fehlt die Abstimmung zwischen den Teams. Daten liegen verstreut vor und die Leistungsfähigkeit sinkt.
Komplexität steht skalierbarer Entwicklung häufig im Weg
Das zugrunde liegende Muster lässt sich in vielen Branchen und Regionen beobachten. Unabhängig von Unternehmensgröße oder Marktumfeld führt technisches Wachstum oft zu zunehmender Fragmentierung. Systeme werden isoliert eingeführt, Schnittstellen fehlen, Prozesse werden umfangreicher. In der Folge sinkt die Effizienz.
Typische Symptome sind widersprüchliche Datenstände zwischen Teams, manuelle Übergaben und provisorische Verbindungen zwischen Anwendungen. Investitionen in Technologie entfalten ihre Wirkung nicht, weil sie im Alltag durch operative Reibungsverluste ausgebremst werden.
Die Auswirkungen reichen über das Tagesgeschäft hinaus. Wo Systeme nicht miteinander kommunizieren, fehlt die Datengrundlage für fundierte Entscheidungen. Produktanalyse, KundInnenbetreuung, Finanzwesen und Support arbeiten aneinander vorbei. Entscheidungen werden getroffen, ohne dass zentrale Informationen berücksichtigt werden können.
Ein Beispiel ist die KundInnenbindung. Wenn die Support-Plattform weder das Verhalten der NutzerInnen in der Anwendung noch Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung sichtbar macht, bleiben kritische Entwicklungen unbemerkt. Einzelne verlorene KundInnen sind in solchen Fällen oft nur ein Symptom. Ohne abteilungsübergreifende Weitergabe von Signalen entsteht ein strukturelles Risiko.
Gute Absichten, schlechte Ergebnisse
Fragmentierung ist häufig das Ergebnis wohlmeinender Entscheidungen. Fachabteilungen führen spezialisierte Tools ein, um konkrete Herausforderungen zu bewältigen. Fehlt jedoch eine übergreifende Architektur oder eine abgestimmte Integrationsstrategie, entsteht eine technische Infrastruktur, die zunehmend unübersichtlich wird. Automatisierung bleibt punktuell, und Effizienzgewinne bleiben aus.
Die Stanford-Forscher Bob Sutton und Huggy Rao beschreiben dieses Muster in ihrem Buch „The Friction Project“ als Addition Bias. Gemeint ist damit die verbreitete Tendenz, Funktionen, Tools oder Prozessschritte hinzuzufügen, anstatt bestehende Elemente zu reduzieren. In ihren Studien zu globalen Marken zeigte sich, dass diese Haltung regelmäßig zu Reibungsverlusten und sinkender Leistungsfähigkeit führte. Vereinfachungen stießen häufig auf Widerstand, während zusätzliche Komplexität oft positiv aufgenommen wurde, selbst wenn sie der Gesamtleistung schadete.
Nicht selten erhalten Unternehmen Plattformen, die zahlreiche Funktionen beinhalten, aber in der Praxis kaum genutzt werden. Diese gelten als zusätzlicher Mehrwert, führen jedoch eher zu langen Implementierungsphasen als zu messbaren Ergebnissen. Die Einführung zieht sich über Monate, während der erhoffte Nutzen ausbleibt. Statt Unterstützung bringen die eingesetzten Tools zusätzliche Belastungen für die Teams.
Die tatsächlichen Kosten tragen die Mitarbeitenden. Anstatt sich auf die Lösung ihrer Aufgaben zu konzentrieren, verbringen sie einen großen Teil ihrer Zeit damit, sich durch komplizierte Systeme zu arbeiten.
KI entfaltet ihr Potenzial nur wenn sie vernetzt ist
Künstliche Intelligenz bietet erhebliche Chancen für Unternehmen. Ohne nahtlose Integration bleibt dieses Potenzial jedoch ungenutzt. Isolierte Systeme können die Automatisierung nicht wirksam vorantreiben, und unvollständige Workflows führen zu zusätzlichem Aufwand anstatt zur Entlastung.
Wird KI strategisch eingebunden, entstehen konkrete Mehrwerte. Finanzabteilungen erhalten die Möglichkeit, Ausgaben in Echtzeit zu analysieren und gezielt zu optimieren. Supportbereiche setzen automatisierte Assistenten für Standardanfragen ein. Fehlerquellen lassen sich systemgestützt erkennen und beheben. Im Personalwesen kann die Vorauswahl geeigneter BewerberInnen effizienter erfolgen.
Die Effekte sind messbar: Laut dem AI Workplace Report berichten 92% der deutschen Befragten, durch KI Zeit im Arbeitsalltag zurückzugewinnen. Diese fließt vor allem in produktivere Aufgaben, etwa in Maßnahmen zur Effizienzsteigerung (49%), kreative oder komplexe Tätigkeiten (44%) sowie in die Unterstützung anderer Mitarbeitender (27%).
Bei richtiger funktionsübergreifender Integration verbessert KI nicht nur Abläufe. Sie stärkt die Handlungsspielräume der Beschäftigten.
Aus dem Kreislauf ausbrechen: Ein strategischer Weg zur Vereinfachung von Systemen und Prozessen
Es ist möglich, den Kreislauf zunehmender Komplexität zu durchbrechen. Zukunftsorientierte Unternehmen setzen dabei auf gezielte Vereinfachung durch strukturiertes Design.
- Alle Tools in allen Abteilungen erfassen: Nur was sichtbar ist, lässt sich verbessern. Workflow-Automatisierung unterstützt dabei, Datenlücken, Überschneidungen und Zuständigkeiten zu identifizieren.
- Integration als Priorität behandeln: Plattformen sollten hinsichtlich offener Schnittstellen und nativer Verbindungen bewertet werden. Systeme mit begrenzter Integrationsfähigkeit sind ein Warnsignal.
- Daten vereinheitlichen: Eine zentrale Quelle für Kundeninformationen schafft eine gemeinsame Grundlage, ob über eine zentrale Plattform oder eine moderne Vereinheitlichungsschicht. Einheitliche Erkenntnisse stärken die Zusammenarbeit.
- Integrationsverantwortung klar zuweisen: Bestimmte Personen oder Teams verbinden Bereiche, lösen Silostrukturen auf und stellen sicher, dass Systeme strategisch eingebunden werden. Kollaborationstools fördern die Abstimmung.
- Plattformen statt Einzellösungen denken: Konsolidierung ist dort sinnvoll, wo sie Mehrwert schafft. Systeme, die mehrere Workflows unterstützen, sichern langfristige Flexibilität und Zukunftsfähigkeit.
Einfachheit als strategischer Vorteil
Die Customer Experience hängt unmittelbar von den Systemen ab, mit denen die Mitarbeitenden täglich arbeiten. Deshalb kommt es nicht allein auf die Einführung neuer Technologien an, sondern vor allem auf deren Abstimmung im gesamten Unternehmen.
Nachhaltige Geschwindigkeit entsteht nicht durch isolierte Fortschritte, sondern durch einheitlich ausgerichtete Prozesse.Komplexität führt in nahezu jedem Umfeld zu Ineffizienz, steigenden Kosten und verlangsamten Entscheidungen, sei es im wirtschaftlichen Kontext, bei der Produktivität oder im operativen Tagesgeschäft. Einfachheit hingegen schafft Klarheit, fördert den Fokus und ermöglicht bessere Ergebnisse. Für Teams bedeutet übermäßige Komplexität zusätzlichen Stress und erhöht das Risiko von Überlastung, während strukturierte Einfachheit die Wirksamkeit erhöht.
Die zentrale Frage lautet daher nicht, ob sich eine Vereinfachung leisten lässt, sondern ob ein Verzicht darauf tragbar ist. Es ist an der Zeit, technologische Strukturen zu vereinfachen und den vorhandenen Technologie-Stack gezielt zu nutzen, denn Einfachheit ist ein klarer Wettbewerbsvorteil, der es Unternehmen ermöglicht, schneller, effizienter und kundenorientierter zu handeln.