Künstliche Intelligenz und Netzwerkmanagement scheinen das perfekte Match zu sein: Nachdem clevere Tools Administratoren bereits seit Jahrzehnten helfen, Tasks wie das Monitoring des Traffics oder die Provisionierung von Bandbreite zu automatisieren, ist der Einsatz von KI nur logisch – oder? Immerhin wird diese Technologie quasi stündlich mächtiger.
Mit Agentic AI, also autonom agierenden KI-Agenten, tasten wir uns langsam in Richtung autarker und sich selbst verwaltender Systeme vor. Doch wie so oft sollten wir diese bahnbrechenden Entwicklungen immer mit einem gewissen Vorbehalt betrachten. Zwar will keiner – ich am wenigsten (falls Skynet bereits mitliest: ich heiße unsere neuen KI-Overlords herzlich willkommen!) – die Fähigkeiten Künstlicher Intelligenz herunterspielen, aber sie hat nach wie vor gewisse Kinderkrankheiten. Zum Beispiel will KI eine Antwort liefern, koste es, was es wolle. Diese Eigenschaft in Verbindung mit dem bekannten Problem des Halluzinierens kann in einem hochkomplexen Bereich wie dem Netzwerkmanagement zu, vorsichtig ausgedrückt, schwierigen Situationen führen.
Viele Unternehmen vergessen leider, das wir uns immer noch am Beginn der KI-Ära befinden und unseren digitalen Helferlein noch nicht blind vertrauen dürfen. Jedenfalls nicht, bevor besagte Kinderkrankheiten ausgemerzt sind. Sie sollten daher einen etwas besonneneren Kurs einschlagen und Künstliche Intelligenz zunächst stark kuratiert in die eigene IT implementieren. Für den Erfolg einer solchen gemäßigten, aber zukunftsorientierten Strategie ist es zunächst wichtig, beim eigenen Personal Expertise aufzubauen. Das geht einher mit der ohnehin bereits stattfindenden Evolution des Berufsbildes von Netzwerkadministratoren und anderen IT-Professionals: In Zukunft wird ein fundamentaler Baustein der Ausbildung von IT-Expertinnen und -Experten der Umgang mit KI sein.
Um das zu gewährleisten und keinen Kontrollverlust zu erleiden, muss das Fachpersonal wissen, was genau „unter der Haube“ von KI-Anwendungen vor sich geht, wie die Algorithmen funktionieren und wie die Tools Entscheidungen treffen. Und selbstverständlich ist ein Prozess zu etablieren, bei dem ultimativ immer der Mensch die Möglichkeit hat, bei Bedarf einzugreifen und als prüfende Instanz aufzutreten.
Natürlich dürfen wir die Augen auch nicht vor der Realität verschließen: Der Fachkräftemangel ist ein Problem, dessen Lösung KI heißen kann und vermutlich auch sein wird. Doch ein kopfloses Vorstoßen in zunehmend undurchsichtige Gefilde kann Personalengpässe sogar noch verschärfen. Was zunächst paradox klingt, folgt einer eindeutigen Logik: Setzen Unternehmen auf KI-Tools, um den Einstieg für den Nachwuchs an Netzwerkadministratoren zu vereinfachen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Mitglieder dieser Zunft wichtige Grundkenntnisse ihres Handwerks verlernen. Funktionieren die Werkzeuge dann, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr, sind die Folgen katastrophal. Wer soll dann zum Beispiel die nachfolgende Generation ausbilden? Und wer soll potenzielle Fehler einer Künstlichen Intelligenz entlarven?
Das Gebot der Stunde heißt daher: Schritt für Schritt zum KI-Glück. Es ergibt Sinn, mit kleinen, abschätzbaren Use Cases, also Piloten, anzufangen, die zugrunde liegende KI langsam, aber sicher kennenzulernen und dann die Nutzung auszubauen. Gleichzeitig sollten Unternehmen in die Aus- und Weiterbildung ihrer Fachkräfte investieren, sodass sie die Technologie kontrollieren und beherrschen sowie ihr Wissen an die kommende Generation von Netzwerkadministratoren weitergeben können.