Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Infrastruktur – doch die öffentliche Wahrnehmung hinkt der Realität oft hinterher.
Eine aktuelle Studie von CyrusOne und dem Marktforschungsinstitut Censuswide beleuchtet, dass die Branche noch viel tun muss, um ihren Ruf in der Bevölkerung zu verbessern. Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch auch, dass die Branche bereits wichtige Grundsteine gelegt hat: Rechenzentren werden als Wachstumsmotor für eine digitale Wirtschaft akzeptiert und geschätzt.
Wissen die Deutschen, was Rechenzentren sind?
Das allgemeine Verständnis von Rechenzentren ist in Deutschland im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn hoch. 62 Prozent der Befragten wählte die korrekte Definition eines Rechenzentrums aus mehreren Optionen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Deutschen, Niederländer und Iren hier am besten abschneiden. Besonders bemerkenswert ist jedoch die Diskrepanz zwischen Wissen und Bewusstsein: Weniger als die Hälfte der Befragten (48 %) erkannte die Rolle von Rechenzentren für digitale Dienste wie soziale Medien oder Online-Buchungssysteme. In der Altersgruppe der 16- bis 24-Jährigen liegt dieser Wert sogar nur bei 33 Prozent.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Rechenzentrumsbranche verstärkt kommunizieren muss, wie essenziell ihre Infrastruktur für den digitalen Alltag ist. Gerade die junge Generation, die täglich auf digitale Services angewiesen ist, erkennt den direkten Zusammenhang mit Rechenzentren oft nicht.
Akzeptanz und wirtschaftlicher Nutzen
Eine zentrale Frage der Studie war, ob Menschen Rechenzentren in ihrer Umgebung akzeptieren würden. In Deutschland bejahen dies 78 Prozent der Befragten – der höchste Wert unter den sieben untersuchten Ländern. Auch die wirtschaftlichen Vorteile werden positiv wahrgenommen: 70 Prozent sehen in Rechenzentren einen wichtigen Arbeitsplatzmotor, 66 Prozent verbinden sie mit regionalem Wirtschaftswachstum.
Interessanterweise zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen persönlicher Erfahrung und positiver Wahrnehmung. Menschen, die in der Nähe eines Rechenzentrums wohnen, bewerten dessen wirtschaftlichen Einfluss signifikant positiver als diejenigen, die keinen direkten Kontakt haben. Dies unterstreicht die Bedeutung von lokaler Kommunikation und greifbaren Vorteilen für Gemeinden.
Noch deutlicher wird die wirtschaftliche Bedeutung von Rechenzentren, wenn man die Hauptgründe für ihre Akzeptanz betrachtet: Während Umweltaspekte wie Energieverbrauch oder Flächennutzung in Deutschland ebenfalls thematisiert werden, zeigt sich, dass die Mehrheit der Befragten wirtschaftliche Vorteile als wesentlich wichtiger ansieht. Arbeitsplätze, Investitionen und Impulse für die lokale Wirtschaft sind die Hauptfaktoren, wenn es darum geht, ob Menschen ein Rechenzentrum in ihrer Nachbarschaft akzeptieren würden.
Nachhaltigkeit als Herausforderung – aber nicht entscheidend
Während die wirtschaftlichen Effekte positiv gesehen werden, äußern Deutsche auch Bedenken – vor allem hinsichtlich des Energieverbrauchs. 39 Prozent der Befragten sehen hier eine potenzielle Belastung für Gemeinden. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld; in Irland (51 %) und Frankreich (50 %) sind die Bedenken noch stärker ausgeprägt.
Ein weiteres kritisches Thema ist die Flächennutzung: 30 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Rechenzentren aufgrund ihres Platzbedarfs eine Herausforderung für Gemeinden darstellen. Zugleich erkennen jedoch über ein Drittel (37 %) die Potenziale der Abwärmenutzung als Beitrag zur Nachhaltigkeit an. Diese Technologie könnte in Zukunft helfen, die Akzeptanz weiter zu steigern.
Trotz dieser Bedenken überwiegt insgesamt doch eine positive Meinung zu Rechenzentren. So sind in Deutschland 55 Prozent Rechenzentren gegenüber positiv eingestellt. Im europäischen Vergleich ist Deutschland damit auf Rang drei bei der Zustimmung, hinter Spanien und Italien.
Wirtschaftlichen Erfolg und Nachhaltigkeit vereinen
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass die Rechenzentrumsbranche in Deutschland zwei Dinge vereinen muss: wirtschaftlichen Fortschritt und nachhaltigen Betrieb. Rechenzentren werden als Treiber der digitalen Wirtschaft erkannt und sind kritische Erfolgsgaranten für moderne Unternehmen. Zugleich haben die Menschen ein größeres Bewusstsein für Klimaschutz. Damit Rechenzentren von der Bevölkerung akzeptiert werden, müssen sie also beides liefern: Jobs und Nachhaltigkeit. Dies darf keinesfalls nur als Herausforderung verstanden werden. Rechenzentren haben die große Chance, durch innovative Ideen und Partnerschaften zu einem wertvollen Teil der industriellen Wertschöpfungskette zu werden.
Ein Beispiel dafür ist das von CyrusOne betriebene Rechenzentrum FRA5, das auf dem Gelände von Goodyear in Hanau gebaut wurde. So konnte CyrusOne einer zuvor nicht mehr genutzten Industriefläche neues Leben einhauchen. Auf der anderen Seite wiederum zieht auch Goodyear Vorteile aus dem Rechenzentrum, indem sie die Abwärme als Prozesswärme in ihrer Produktion nutzen und so die eigenen Emissionen deutlich reduzieren könnten. Hier zeigt sich deutlich das Potenzial der Zusammenarbeit zwischen Industrieunternehmen und Rechenzentren. Wenn Rechenzentren zu einem integrierten Teil der Wertschöpfungskette werden, können beide Sektoren partnerschaftlich daran arbeiten, die Energiewende voranzutreiben, nachhaltiger zu wirtschaften und durch größere Effizienz und Kostenersparnisse den Industriestandort Deutschland zu erhalten.
Fazit: Rechenzentren als Wirtschaftsfaktor und kritische Infrastruktur
Die Studie zeigt, dass Rechenzentren in Deutschland insgesamt positiv wahrgenommen werden – insbesondere dann, wenn ihr wirtschaftlicher Beitrag klar erkennbar ist. Die Branche sollte verstärkt daraufsetzen, die Verbindungen zwischen digitaler Infrastruktur, Alltagsanwendungen und industrieller Produktion zu verdeutlichen. Gleichzeitig müssen Nachhaltigkeitsaspekte offensiver kommuniziert werden, um öffentliche Bedenken zu adressieren.
Allerdings bleibt festzuhalten: Wirtschaftliche Vorteile überwiegen für die Befragten klar gegenüber ökologischen oder sozialen Aspekten. Die Rechenzentrumsbranche in Deutschland ist nicht nur unabdingbar, um hiesige Unternehmen bei ihrer digitalen Transformation zu unterstützen, sie kann auch einen wichtigen Teil zur Transformation hin zu einer nachhaltigeren und wettbewerbsfähigen Industrie und auch der Energiewende in Deutschland beitragen.
Die Ergebnisse belegen jedoch auch, dass die Akzeptanz von Rechenzentren kein Selbstläufer ist, sondern aktiv gestaltet werden muss. Durch transparente Kommunikation, lokale Wertschöpfung und nachhaltige Maßnahmen kann die Branche ihre Rolle als unverzichtbarer Teil der digitalen Gesellschaft weiter festigen.
Autor: Carsten Schneider, General Manager Germany bei CyrusOne