Wie Agrarhändler MuHTec massiv effizienter wurde

Low-Code-ERP statt Excel

Bildquelle: Frank Bärmann

Man glaubt es kaum, aber immer noch setzen vor allem kleine und mittlere Unternehmen ineffiziente Werkzeuge wie Excel für ihr ERP-Aufgaben ein.

Laut einer weltweiten Erhebung der Aberdeen Group verlassen sich 18 % der KMU ohne ERP-System hauptsächlich auf Excel-Tabellen; insgesamt nutzen über 80 % dieser Unternehmen Excel aktiv in ihren Prozessen. Auch in Unternehmen, die bereits ein ERP-System eingeführt haben, bleibt Excel eine wichtige „Schatten-IT“: Viele Finanzabteilungen managen trotz ERP weiterhin zentrale Aufgaben wie Reporting, Budgetierung oder Forecasting in selbst gebauten, meist veralteten Excel-Modellen.

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Eine Studie von Forrester schätzt, dass Unternehmen mit ineffizienten Werkzeugen wie Excel für ERP-Aufgaben bis zu 30 % ihrer Produktivität verlieren.

Die Gründe für Excel anstelle eines echten ERPs

Die Gründe für die fortgesetzte Nutzung von Excel anstelle vollwertiger ERP-Systeme sind vielfältig. Insbesondere werden diese Argumente angeführt:

  1. Geringe Kosten: Mit der Office-Lizenz ist Excel fast immer schon vorhanden, während die Einführung eines ERP-Systems mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden ist.
  2. Bekanntheit und Akzeptanz: Excel ist in fast allen Unternehmen etabliert und erfordert keine zusätzlichen Schulungen.
  3. Flexibilität & Individualisierbarkeit: Excel lässt sich flexibel anpassen und für individuelle Anforderungen „zusammenbauen“, insbesondere bei kleineren Unternehmen mit wechselnden Prozessen.
  4. Ad-hoc-Analysen: Gerade im Finanz- und Controllingbereich wird Excel bevorzugt, da viele Ad-hoc-Auswertungen und Berichte schneller selbst erstellt werden können.
  5. Fehlende Ressourcen: Implementierung von ERP-Systemen erscheint (insbesondere für KMUs) komplex, zeitraubend und ressourcenintensiv.
  6. Eingeschränkte ERP-Funktionen: Auch in Unternehmen mit ERP implementieren nicht alle ihre Prozesse vollständig dort; Excel bleibt dann wichtig, um Lücken zu schließen, Schnittstellenprobleme zu lösen oder komplexe Analysen zu erstellen.

Klingt einleuchtend. Doch diese Einfachheit hat ihren Preis. Der Einsatz von Werkzeugen wie Excel birgt einige Herausforderungen und Risiken:

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  • Fehleranfälligkeit: Bis zu 88 bis 91 % aller größeren Excel-Tabellen enthalten Fehler.
  • Dateninkonsistenzen: Versionierungsprobleme und fehlende Integration führen zu widersprüchlichen Datensätzen.
  • Mangel an Echtzeitdaten: Excel bietet keine Live-Updates oder Schnittstellen zu aktuellen Geschäftsdaten.
  • Skalierungsprobleme: Wachsende Unternehmen stoßen schnell an Grenzen bei Performance und Zusammenarbeit in Excel.
  • Daten- und IT-Sicherheit: Excel-Dateien sind selten ausreichend geschützt; das Risiko für Datenverlust oder Missbrauch ist hoch

Vom Excel und SAP zum modernen Low-Code-ERP

Auch der Agrarhändler MuHTec GmbH aus Pronsfeld (Hocheifel) hat viele Jahre Excel neben der eigentlich im Unternehmen vorhandenen ERP-Lösung eingesetzt – und zwar aus Verzweiflung. 

Das Unternehmen war bis November 2022 Teil des Arla Konzerns und damit gezwungenermaßen Nutzer einer SAP-Lösung. Für den Konzern mag SAP gut funktionieren, für ein kleineres, hochspezialisiertes Unternehmen wie MuHTec jedoch war das System schlicht überdimensioniert: zu komplex, zu starr, zu teuer. Jede noch so kleine Änderung erforderte externe ABAP-Entwickler, lange Abstimmungen und kostspielige Zusatzangebote. Ein agiles Arbeiten war kaum möglich.

„Aus unserer Historie heraus mussten wir mit dem ERP-System von SAP arbeiten, was zum einen für unser relativ kleines Unternehmen viel zu aufwendig und unflexibel war. Zum anderen waren einige wichtige Funktionen nur mit hohem Kostenaufwand umsetzbar“, blickt Geschäftsführer Harald Scharbillig zurück. 

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Mit Excel und Access die SAP-Lücken schließen

Ein Paradebeispiel für die Herausforderungen mit dem „mächtigen“ SAP ist die Anbindung des eigenen Onlineshops. 

Da eine direkte Shopanbindung an das SAP-System nur mit sehr hohem Zeit- und Kostenaufwand zu realisieren war, hatte sich MuHTec in mühevoller Arbeit eine zentrale Access-Datenbank aufgebaut, die den Onlineshop mit Artikeldaten fütterte. Bestellungen von dort gingen per E-Mail an das MuHTec-Verkaufsteam und wurden manuell in SAP eingegeben. Denn: Die Bestands- und Stammdaten wurden immer noch in SAP gepflegt. Damit diese Daten dann wieder von SAP zu Access und dann in den Shop laufen, wurde eine Anbindung mit Hilfe von Ex- und Importen über Excel genutzt.

Im Lager wurden die Aufträge ebenfalls aus der Access-Datenbank ausgedruckt. 

Auch das Thema Gefahrguttransporte, die im Unternehmen tagtäglich erfolgten, war verbesserungswürdig. „Um die Fahrer mit den notwendigen Gefahrgut-Beförderungsscheinen und einer Gefahrgutkennzeichnung auszustatten, mussten wir wieder exportieren und importieren – und wieder von SAP, wo die Informationen verwaltet wurden, hin zu Excel und dann in unsere bestehende Access-Datenbank. Von hier aus wurden die Dokumente dann gedruckt. Dieser Umwandlungsprozess kostete uns jeden Tag rund eine halbe Stunde“, erzählt der Geschäftsführer weiter. 

Die Abkündigung von SAP ECC war der Todesstoß

Spätestens mit der Abkündigung von SAP ECC durch den Hersteller im Jahr 2020 war für Harald Scharbillig klar: Es ist Zeit für einen Neustart. Als die MuHTec GmbH im November 2022 als eigenständiges Unternehmen agierte, entschied er sich bewusst gegen ein weiteres SAP-Projekt – und für eine moderne, flexible ERP-Lösung auf Low-Code-Basis. Die Wahl fiel auf die GEBRA-Suite von GEBRA-IT.

Low-Code statt High-Cost

GEBRA-IT entwickelte für MuHTec ein eigenes Low-Code-basiertes ERP-System als Schaltzentrale im Unternehmen. Allein dort werden Produkt-Stammdaten mit allen Ausprägungen, Merkmalen und Dokumenten sowie Kunden- und Personaldaten verwaltet. Alle Systeme wie Onlineshop, Service und Technik, Einkauf und Lager, Vor-Ort-Verkauf und Verkaufsfahrer erhalten von dort automatisch und in Echtzeit die aktuellen Produktdaten und Bestände zugespielt. 

Damit hat die mehrfache Datenpflege und das Transferieren von Daten – von SAP über Excel zu Access und zurück – ein Ende. Und nicht nur, dass Dateninkonsistenzen, Fehler und Datenkonflikte wegfallen, MuHTec spart real Zeit und Geld: „Die Einsparungen durch den Wegfall der ständigen Im- und Exporte der Daten betragen circa eine halbe Stunde pro Tag“, weiß Harald Scharbillig.

Auch im Lager wurde die Kommissionierung der Bestellungen aus dem Webshop komplett digitalisiert. Heute wird eine Shop-Bestellung automatisiert auf ein Industrie-Tablet der Firma Datafox übertragen. Der Kommissionier arbeitet den Auftrag ab, bestätigt den Packprozess und das Versandlabel kommt aus dem Drucker. Pro Tag sind dies 30-40 Bestellungen. Zusätzlich zu dem Wegfall des Papierverbrauchs spart uns das ca. eine Stunde pro Tag ein, die das Team anderweitig sinnvoller einsetzen kann“.

Auch der Vor-Ort-Verkauf läuft heute digital statt papierhaft. Der Kunde bestätigt den Empfang der Ware mit einer digitalen Unterschrift auf dem Tablet und kann per Rechnung, Kartenzahlung oder bar zahlen.

Mit dem neu implementierten ADR-Management-System für Gefahrguttransporte sind sämtliche Gefahrgut-Dokumente für alle Fahrer und Fahrten des Tages auf Knopfdruck in wenigen Minuten generiert. Sind neue Felder für zum Beispiel weitere Gefahrgüter notwendig, haben meine Mitarbeiter diese in wenigen Minuten angelegt“, erzählt Harald Scharbillig weiter.

Highlight: Mobile App für Service und Verkauf 

Highlight des Projekts ist die neue mobile App für die Verkaufsfahrer und Servicetechniker unterwegs im Auftrag der Kunden. Darauf ist Harald Scharbillig stolz, denn das war eines seiner drängendsten Probleme.

„Wir agieren in der tiefsten Eifel im Drei-Länder-Eck Deutschland, Belgien und Luxemburg. Hier lässt die Mobilfunkabdeckung und damit der Zugriff auf das mobile Internet noch sehr zu wünschen übrig – und das bei allen Anbietern. Bedeutet: Alle Aufträge und Dokumente sowohl der Verkaufsfahrer als auch der Servicetechniker wurden auf Papier ausgefüllt und später in der Firma von einer Mitarbeiterin im Rahmen einer Halbtagsstelle manuell in das System eingetippt. Ich wünschte mir so sehr eine mobile App für Smartphone und Tablet, die auch ohne Internet funktioniert und die bei einer Internetverbindung die Daten automatisch ins ERP-System spielt. Das war – wie beschrieben – mit SAP nur mit hohen Kosten umsetzbar. Dank GEBRA-IT haben wir nun diese App“, erzählt Harald Scharbillig.

Die Einführung der mobilen App, mit der die Servicetechniker und Verkaufsfahrer vor Ort beim Kunden alle Aufträge digital erfassen können, spart MuHTec richtig viel Zeit und Geld. „Wir sprechen hier von jährlich ca. 3.000 Aufträgen mit bis zu 10.000 Dokumenten, die bisher manuell im System erfasst werden mussten. Durch die Digitalisierung und Automatisierung dieser bis dato stupiden manuellen Erfassung konnte die Halbtagsstelle mit 20 Stunden pro Woche und Lohnkosten von rund 30.000 € pro Jahr gänzlich eingespart werden“.

Erlöst von SAP, Excel und Access und 70 Arbeitstage eingespart

Die Entscheidung von Harald Scharbillig, ein neues Low-Code-basiertes ERP-System zu nutzen, bringt MuHTec einige Vorteile:

  1. Abkehr vom mächtigen SAP
  2. Abkehr von der ineffizienten Nutzung von Excel und Access
  3. Alle Unternehmensprozesse vollständig digital und integriert
  4. Einsparung von rund 1.690 Stunden pro Jahr bzw. etwa 70 Arbeitstage
  5. Amortisation der Investitionskosten bereits nach zwei Jahren
  6. Erweiterungen und Anpassungen ohne spezialisierte Entwickler innerhalb weniger Tage

Mehr Freiheit, mehr Zeit, mehr Zufriedenheit

“Ich bereue an keinem Tag, diesen mutigen Schritt gegangen zu sein”, sagt Harald Scharbillig. “Nicht nur die Investition hat sich schnell gerechnet – auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind heute deutlich zufriedener. Sie müssen keine Aufträge mehr eintippen, keine Daten manuell pflegen oder Dokumente ausdrucken und abheften. Stattdessen bleibt endlich Zeit für wichtigere Aufgaben.”

Auch aus technischer Sicht sei er überzeugt: “Low-Code ist keine Spielerei. Für uns war es die perfekte Lösung, weil sie sich unseren Prozessen anpasst – und nicht umgekehrt. Ich kann jedem mittelständischen Unternehmen nur empfehlen, bei der ERP-Wahl über den Tellerrand zu schauen.”

Fazit: Der Wechsel zu einem Low-Code-ERP war für MuHTec ein voller Erfolg – operativ, wirtschaftlich und strategisch. In einer Zeit, in der Agilität und Effizienz mehr zählen denn je, kann der Mut zur Veränderung genau der richtige Weg sein – weg vom Monolithen SAP, hin zu einer modernen ERP-Architektur, die zum Unternehmen passt.

Frank Bärmann conpublica

Frank

Bärmann

freier Journalist und PR-Berater

conpublica

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