Digitalisierung: Neue Top-Manager braucht das Land

ManagerDas Potential der Digitalisierung bleibt oft ungenutzt, weil Top-Manager auf die neuen Herausforderungen nicht vorbereitet sind. Für den künftigen Erfolg sind jedoch innovative Manager mit digitaler Kompetenz ausschlaggebend. 

Der digitale Wandel durchdringt immer mehr Branchen, verändert Märkte und Gesellschaft und wird künftig für die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen entscheidend sein. Sowohl mittelständische Unternehmen als auch internationale Großkonzerne sind sich des wachsenden Einflusses digitaler Veränderungsprozesse bewusst, scheinen aber die Chancen, die sich dabei bieten, noch nicht erkannt zu haben.

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Dies zeigt die neue Marktstudie „Leadership in der digitalen Welt – wo stehen die deutschen Unternehmen?“, die in Kooperation und unter der Federführung von Jörg Kasten von der Personalberatung Boyden Global Executive Search und Professorin Marjo-Riitta Diehl von der EBS Business School durchgeführt wurde. Dafür wurden während des letzten Quartals 2016 Führungskräfte, Manager, Vorstände und Beiräte aus verschiedenen Branchen befragt. Die Studie gibt exklusive Einblicke, wie gut Top-Manager von Konzernen für digitale Transformationsprozesse aufgestellt sind und inwieweit Großunternehmen und führende Mittelständler die Anforderungen an immer digitaler werdende Prozesse erfüllen.

Jörg Kasten
Bild 1: Jörg Kasten, Chairman der Boyden World Corporation und Managing Partner von Boyden Deutschland.

„Das Gros der deutschen Führungskräfte hat den Veränderungsbedarf zwar erkannt, weiß aber leider mehrheitlich nicht, wie sich Leadership in Zeiten des digitalen Wandels ändern muss. Ein Unternehmen lässt sich nicht von heute auf morgen den Herausforderungen der Digitalisierung anpassen. Es ist also umso mehr an der Zeit, passende Strategien zu entwickeln und diese auch zeitnah umzusetzen, um auf globaler Ebene wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt Jörg Kasten, Chairman der Boyden World Corporation und Managing Partner von Boyden Deutschland.

Laut der Studie glauben 81 Prozent der deutschen Manager, dass sie nur bedingt auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet sind. Lediglich 16 Prozent sind der Meinung, dass sie gut bis sehr gut präpariert sind. Die oberste Führungsebene in deutschen Unternehmen muss sich demnach besser in Sachen Digitalisierung aufstellen, damit ihre Unternehmen im internationalen Vergleich nicht ins Hintertreffen geraten. Auch die sich bietenden Chancen und Möglichkeiten der digitalen Transformation, des Internet of Things oder Big Data werden nicht in vollem Umfang genutzt. Nur jeder zweite Top-Manager (50%) räumt eine bedingte Nutzung ein. Jeder dritte Manager (33%) schätzt, dass dies in Zukunft in zunehmenden Maße der Fall sein wird. 17 Prozent der Befragungsteilnehmer sind der Ansicht, dass die Möglichkeiten nur unzureichend genutzt werden.

Eine globale, digitale Strategie ist gefragt

Ein erster Schritt den gestiegenen digitalen Anforderungen adäquat entgegen zu treten ist die Erarbeitung und Umsetzung einer globalen, digitalen Strategie. Eine solche sehen 68 Prozent der deutschen Top-Manager als sehr wichtig an. Sie sind der Meinung, dass der Unternehmenserfolg mitunter davon abhängt. Für 17 Prozent steht eine globale, digitale Unternehmensstrategie noch nicht ganz oben auf der Agenda. Sie sind jedoch auf alles vorbereitet, digitale Konzepte liegen bereits in der Schublade.

Marjo-Riitta Diehl
Bild 2: Marjo-Riitta Diehl, Professorin für Organizational Behavior und Human Resources von der EBS Business School.

Nach Auffassung der befragten Führungskräfte leistet das Mittlere Management (65%) den größten Widerstand bei der Implementierung digitaler Konzepte im Unternehmen. Weniger schwer nehmen Top-Management (19%) und Mitarbeiter (12%) die Einführung digitaler Prozesse. So gut wie keinen Widerstand leisten Aufsichtsräte (4%). „Das mittlere Management ist mitunter einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategie. Hier müssen die Unternehmen ansetzen und entsprechende Positionen schaffen oder eben ersetzen“, so Marjo-Riitta Diehl, Professorin für Organizational Behavior und Human Resources von der EBS Business School.

Inwieweit sind deutsche Manager auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet? 

Inwieweit sind deutsche Manager auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet?

Bild 3: Laut der Studie glauben 81 Prozent der deutschen Manager, dass sie nur bedingt auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet sind. 

Im Branchenvergleich liegen wenig überraschend die Unternehmen aus der IT- und Telekommunikationsbranche vorne (26%), wenn es darum geht, die digitalen Möglichkeiten am besten auszuschöpfen. Dahinter rangiert mit 19 Prozent die Medienbranche, dicht gefolgt vom Automotive-Sektor (17%). Besonders schlecht schneiden die deutsche Top-Branche Maschinen- und Anlagenbau (5%), die Konsumgüterindustrie (4%) sowie die chemisch-pharmazeutische Industrie (3%) ab.

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Expertise des Top-Managers

Um sich im Zuge der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung stärker aufzustellen, benötigen deutsche Unternehmen laut der Studienteilnehmer besondere Management-Expertise in Transformationsprozessen (46%) sowie Identifikation mit und Antizipation von der heutigen Start-up-Kultur (23%). Im Idealfall sollten die Top-Manager mehrere Typen in sich vereinen: Gefragt sind Impulsgeber, die neue Wege einschlagen und in der Lage sind, neue Business-Modelle zu entwickeln (34%). Fast gleichermaßen wichtig sind Change Manager-Typen, die das Unternehmen durch die betrieblichen Veränderungen führen können (28%) sowie Strategen mit Weitblick und digitaler Vision, die sich fachlich bestens auskennen und interne Prozesse effektiv gestalten können (27%). „Die Digitalisierung verlangt quasi nach einem Hybrid aus starken Persönlichkeitsmerkmalen und fundamentalen Management-Skills. Empathie und Durchsetzungsstärke sind ebenso gefragt wie Progressivität und Innovationsgeist. Der neue Typ Manager muss auf Basis einer stark ausgeprägten Digitalkompetenz in der Lage sein künftige Geschäftsmodelle rationell zu bewerten, aufzubauen und letztlich zu verantworten”, so Jörg Kasten.

Diese neuen Manageranforderungen und die Implementierung neuer digitaler Unternehmensstrategien können den Studienergebnissen nach auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Führungsetagen haben. Jüngeren Top-Managern kann es gelingen, ihre Karriere zu beschleunigen und schneller in höhere Führungspositionen aufzusteigen. 62 Prozent der befragten Führungskräfte sind dieser Meinung. 38 Prozent glauben, dass sich die Führungsetagen nicht großartig verjüngen werden. Mit Blick auf die digitale Transformation unterscheidet sich der Führungsstil der jüngeren von der älteren Generation erheblich (64%). Nur drei Prozent glauben, dass der Führungsstil jüngerer und älterer Manager gleich ist. Die meisten Unterschiede liegen in der Experimentierfreudigkeit sowie der Offenheit, sich mit Neuem auseinanderzusetzen.

Welchen Hintergrund müssen Top-Führungskräfte mit digitaler Vision heute haben?

Top-Führungskräfte Profil

BIld 4: Top-Führungskräfte sollten sich mit Transformationsprozessen auskennen und sich mit der heutigen Start-up-Kultur identifizieren.
 

Fazit

Die Digitalisierung wird für immer mehr Unternehmen, Branchen und Unternehmensbereiche zu einem erfolgsentscheidenden Thema. Sie ist zu einem Faktor geworden, der Märkte global beeinflusst und viele Firmen vor große Herausforderungen stellt. Sowohl technisch, strategisch als auch personell. Doch die Digitalisierung ist kein Trend, der von alleine in deutsche Unternehmen Einzug hält. Man muss sich aktiv für sie entscheiden – Potential muss erkannt, Prozesse und Anwendungsszenarien initiiert und nachhaltige, zukunftsweisende Entscheidungen getroffen werden.

Die Top-Entscheider und Unternehmenslenker deutscher Unternehmen sind sich der Bedeutung der immer weiter voranschreitenden Digitalisierung durchaus bewusst.

Trotzdem sind viele Weichen noch nicht gestellt und wichtige Prozesse nicht angestoßen oder ausgerollt. Man verharrt in einer Art Schockstarre und wartet auf Marktentwicklungen, um dann erst entsprechend zu reagieren. Diese Art der Führung könnte sich als zu reaktionär erweisen. Der digitale Wandel schreitet mit großen Schritten voran und ist getrieben von revolutionären neuen Möglichkeiten, technologischen Innovationen, wie Big Data, dem Internet of Things und Führung 4.0. Das Marktumfeld macht in diesen Bereichen größere Sprünge als erwartet und lässt wenig bis gar keine Zeit, um adäquat auf den Wettbewerb zu reagieren.

Wie viele Manager nutzen die sich bietenden Chancen der digitalen Transformation, des Internet of Things oder Big Data?

Nur die Hälfte der deutschen Top-Manager nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung

Bild 5: Nur die Hälfte der deutschen Top-Manager nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung.

Die Teilnehmer der Studie haben erkannt, dass es in erster Linie wichtig ist, sich frühzeitig auf diese neuen Marktgegebenheiten einzustellen. Neue Manager-Profile sind gefragt, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nicht nur erkennen, sondern auch als Kommunikator die entsprechenden Konzepte innerhalb des Unternehmens richtig verkaufen können.

Dabei müssen nicht nur Vorstände und CEOs überzeugt, sondern auch das mittlere Management entsprechend motiviert werden, die richtigen Stellschrauben anzuziehen, um das Unternehmen in eine digitale Zukunft zu führen. Nicht zuletzt sind digitale Prozesse – wenn auch nur wenige, bestimmte Unternehmensbereiche dafür in Frage kommen – immer auch mit Veränderungen verbunden. Unternehmen brauchen daher Experten, die mutig genug sind, diese Veränderungen nicht nur anzustoßen, sondern auch adäquat an die Belegschaft zu kommunizieren. Change-Manager mit digitaler Vision und Weitblick, die über den eignen Tellerrand hinaus denken und globale Trends schnell analysieren sowie vorteilhaft für das eigene Unternehmen antizipieren sind gefragter denn je.

Das Ergebnis dieser neuen Anforderungen wird ein Wandel innerhalb der oberen Führungsetagen in deutschen Unternehmen sein. Jüngere Manager können ein Defizit an langjähriger Erfahrung schneller ausgleichen. Die Digitalisierung wird zu einer stärkeren Durchmischung an den Unternehmensspitzen führen. Experten für digitale Konzepte, die zudem über herausragende Führungsqualitäten und innovative Management-Skills verfügen, marschieren nun schneller durch die Unternehmen hindurch nach oben.

Zudem bieten viele Branchen noch erheblich Luft nach oben, wenn es um die Umsetzung digitaler Konzepte geht. Der internationale Wettbewerbsdruck wird hier wohl oder übel in nächster Zeit deutliche Spuren hinterlassen – die Digitalisierung wird daher die Agenda deutscher Führungskräfte stärker bestimmen als je zuvor.

Der Erfolg von Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung lässt sich auf die Fähigkeiten der Top-Manager herunter brechen. Sie tragen entscheidend dazu bei, welche Richtung die Unternehmen in den nächsten Jahren einschlagen werden und ob die strategischen Ausrichtungen von Erfolg gekrönt sein werden. Die dafür passenden Managertypen zu identifizieren und für sich zu gewinnen wird eine der Schlüsselaufgaben der Unternehmen für die kommende Zeit sein. Erkannt haben dies die meisten Unternehmen bereits, jetzt gilt es sich für die Herausforderungen der Digitalisierung adäquat aufzustellen.

Quelle: Boyden-Studie: Leadership in der digitalen Welt

 
 

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