Eine Analyse der Quartalszahlen von Q2 2025 zeigt: Große Enterprise-Software-Anbieter nutzen ihre Marktstellung, um Discounting zu stoppen und gewinnbringende KI-Produkte zu etablieren.
Die Marschrichtung ist eindeutig: Oracle, SAP, Workday, Microsoft, ServiceNow und Salesforce haben das Experimentieren mit KI beendet und fokussieren sich nun auf die Vermarktung. Dies geht aus einer aktuellen Forrester-Analyse hervor, die die jüngsten Quartalsergebnisse der Software-Riesen unter die Lupe genommen hat.
Prozess-Redesign als versteckte Hürde
Alle untersuchten Anbieter versprechen KI-Agenten, die sich nahtlos in bestehende Nutzer-Workflows einbinden lassen. Forrester sieht jedoch eine entscheidende Voraussetzung: Unternehmen müssen zunächst die “unspektakuläre Arbeit des Prozess-Redesigns” bewältigen, damit die KI-Integration überhaupt funktioniert.
Die eigentliche Barriere liege nicht in der Intelligenz der KI-Systeme, sondern im enormen organisatorischen Aufwand für die Umschulung der Mitarbeiter auf neue Arbeitsabläufe, so die Analysten. Diese Entwicklung verstärke den Vendor Lock-in erheblich und erhöhe das strategische Risiko bei der Anbieterwahl.
“Rebündelung” als Geschäftsstrategie
Die Vendor-Strategie zielt darauf ab, Produktsammlungen als “Plattform von Plattformen” zu positionieren. Forrester bezeichnet dies als “anbietergesteuerte Kampagne zur Eroberung des höchstmöglichen Anteils am Technologie-Budget”.
Besonders deutlich zeigt sich diese Strategie bei Oracle: Der Konzern verzahnt Oracle Cloud Infrastructure (OCI) mit den Oracle Cloud Applications (Fusion) immer stärker miteinander. Ziel ist es, Kunden eine komplette, integrierte Cloud-Lösung von der Infrastruktur bis zu den Anwendungen anzubieten.
Forrester warnt jedoch vor den Risiken dieses “One-Stop-Shop”-Ansatzes: Vor einer Entscheidung für einen kompletten Oracle-Stack müssten Unternehmen Datenportabilität und Multi-Cloud-Integrationsfähigkeiten gründlich prüfen. Besonders wichtig sei es, vertraglichen Schutz gegen künftig unkonkurrenzfähige Preise und kommerzielle Inflexibilität zu vereinbaren.
Forrester beobachtet ähnliche Trends bei allen großen Enterprise-Anbietern: Sie nutzen ihre etablierten Marktpositionen, um Rabatte zu beenden und hochmargige KI-Produkte zu forcieren.
Auch Hardware wird teurer
Die KI-Preisaufschläge beschränken sich nicht auf Software. Context-Daten zeigen, dass Microsoft Copilot+ PCs in Europa im Q4 2024 durchschnittlich 1.120 Euro kosteten – 57 Prozent mehr als Standard-Notebooks mit 712 Euro. Gleichzeitig verzeichneten die Forscher schwache Nachfrage nach KI-erweiterten PCs.
Empfehlungen für Unternehmen
Forrester rät Unternehmen zu rigorosen FinOps-Praktiken, um den Verbrauch zu verwalten. Außerdem sollten sie transparente Preisgestaltung einfordern und Geschäftsfälle auf messbare Ergebnisse statt auf Anbieterversprechen stützen. Die Konsolidierung auf eine primäre Plattform könne zwar Effizienzgewinne bringen, konzentriere aber auch Risiken und schwäche die Verhandlungsposition gegenüber Anbietern.