Die Entwicklung mit generativer KI gewinnt zunehmend an Bedeutung: Immer mehr Entwickler lassen sich von Ideen statt Roadmaps leiten und setzen Impulse direkt in Code um. Diese intuitive Vorgehensweise – die unter dem Begriff Vibe Coding Einzug in die Entwicklerwelt hält – verspricht schnellere Prozesse, niedrigere Einstiegshürden und mehr kreative Freiheit.
Doch gerade in komplexeren Entwicklungsumgebungen wird deutlich, dass der neue Trend ohne klare Strukturen und Prozesse erhebliche Risiken birgt. Unternehmen stehen daher vor der Herausforderung, neue Arbeitsweisen mit etablierten Anforderungen an Sicherheit, Wartbarkeit und Skalierbarkeit zu vereinen. Moderne Low-Code-Plattformen können dabei unterstützen, Vibe Coding in geordnete Bahnen zu lenken – ohne das kreative Potenzial einzuschränken.
Wie sich die Entwicklerrolle durch Vibe Coding wandelt
Vibe Coding steht für eine Arbeitsweise, bei der Code nicht mehr entlang starrer Vorgaben entsteht, sondern durch spontane Ideen. Mithilfe generativer KI-Tools wie GitHub Copilot oder ChatGPT lassen sich ganze Codebausteine auf Basis weniger Prompts generieren. Entwickler geben den Kontext und Wunschfunktionen an – die KI schlägt anschließend passende Lösungswege, ganze Codezeilen und vollständige Funktionen vor.
Damit verschiebt sich der Fokus der Arbeit weg vom manuellen Codieren, hin zur präzisen Beschreibung von Anforderungen. Die Rolle von Entwicklern verändert sich grundlegend – nicht durch Reduktion, sondern durch Erweiterung. Gefragt sind jetzt Fähigkeiten wie Prompt Engineering, kontextbezogenes Denken und die kritische Bewertung von KI-generiertem Output. Die klassischen Rollengrenzen, wie sie bisher etabliert waren, verschwimmen: Entwickler werden dazu motiviert, Aufgaben zu übernehmen, die früher im Produktmanagement oder in der Softwarearchitektur angesiedelt waren. Sie zerlegen Anforderungen in logische Einheiten, überführen sie in promptfähige Sprache und beurteilen die Ergebnisse sowohl funktional als auch im Hinblick auf Sicherheit und Ethik.
Schneller Code, neue Risiken
Ein klarer Vorteil von Vibe Coding ist die niedrigere Einstiegshürde. Auch Personen ohne tiefgehende Programmierkenntnisse können funktionierende Prototypen entwickeln – mit nur wenigen Eingaben. Die Umsetzung wird schneller, kreativer, explorativer.
Natürlich ist aber nicht alles Gold, was glänzt – es entstehen auch neue Herausforderungen. Doch das Bewusstsein dafür scheint schon angekommen zu sein. Laut einer Umfrage von OutSystems sind sich bereits 62 Prozent der befragten IT-Profis den wachsenden Risiken in den Bereichen Sicherheit und Governance bewusst, wenn mit KI-gestützt entwickeltem Code gearbeitet wird. Das ist ein wichtiges Signal – denn nur wer sich der Risiken bewusst ist, kann ihnen auch wirksam begegnen.
Diese Risiken werden bei genauerem Hinsehen schnell sichtbar: Dokumentation und Testabdeckung fehlen häufig und externe Abhängigkeiten werden oft ohne Prüfung eingebunden, was sicherheitskritische Schwachstellen verursachen kann. So zeigt eine aktuelle Studie, dass knapp ein Drittel der generierten Codebeispiele von KI-gestützten Tools wie GitHub Copilot, CodeWhisperer oder Codeium sicherheitskritische Schwachstellen wie unsichere Zufallswerte, fehlerhafte Validierungen oder Cross-Site Scripting aufwiesen.
Doch damit nicht genug: Auch das sogenannte Slopsquatting stellt ein ernstzunehmendes Risiko dar. Dabei handelt es sich um gezielte Angriffe, bei denen absichtlich falsch geschriebene Paketnamen verwendet werden. Entwickler integrieren solche Pakete häufig unbeabsichtigt – insbesondere dann, wenn KI-Modelle fehlerhafte oder frei erfundene Abhängigkeiten vorschlagen. Eine aktuelle Studie zeigt hier, dass rund 20 Prozent der von generativen KI-Modellen empfohlenen Softwarepakete der Stichprobe gar nicht existieren. Es handelt sich um halluzinierte Paketnamen – scheinbar legitime, tatsächlich jedoch nicht registrierte Bibliotheken. Gelangt ein manipuliertes Paket über automatisierte Prozesse oder Copy-Paste in den Code, kann das gravierende Folgen für die Sicherheit haben.
Kreativität braucht Struktur
Wo potenzielle Fallstricke drohen, können moderne Low-Code-Plattformen aushelfen. Sie bieten eine geführte Entwicklerumgebung, in der sich kreative Impulse in sichere, wartbare und nachvollziehbare Anwendungen überführen lassen. Durch Features wie integrierte Dokumentation, Zugriffskontrolle, automatisierte Qualitätssicherung und DevOps-Integration schaffen sie ein stabiles Fundament für Vibe-Coding-Ansätze. So entsteht ein hybrider Entwicklungsstil, der kreativ in der Umsetzung ist, aber auch kontrolliert in der Ausführung.
Denn Vibe Coding ist gekommen, um zu bleiben – es ist ein Ausdruck veränderter Erwartungen an moderne Softwareentwicklung. Unternehmen, die diese Entwicklung nutzen möchten, sollten den kreativen Spielraum allerdings bewusst gestalten und mit klaren Leitplanken flankieren. Nur mit der richtigen Plattformstrategie, technischen Rahmenbedingungen und dem passenden Mindset lässt sich das kreative Potenzial generativer KI voll ausschöpfen – ohne Kompromisse bei Sicherheit, Qualität oder Skalierbarkeit.