Interview

Keeping the core clean: Flexibel agieren in ERP-Systemen

TL Appian
Fabian Czicholl, Regional Vice President, Appian

ERP-Altsysteme müssen dringend zu moderneren Versionen und Systemen migriert werden. Das stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Darüber sprachen wir mit Fabian Czicholl, Regional Vice President bei Appian.

Herr Czicholl, SAP hat angekündigt, ab 2027 ältere ECC-Versionen nicht mehr zu unterstützen, sodass viele Migrations- und Transformationsprojekte zu SAP S/4HANA laufen. Das stellt einige Unternehmen vor große Herausforderungen. Mit welchen Problemstellungen haben sie aus Ihrer Sicht zu kämpfen?

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Fabian Czicholl: Immer wieder stellen wir fest, dass Altsysteme über die Jahre so stark individuell angepasst wurden, dass ein Standard im Grunde gar nicht mehr gegeben ist. Diese individuellen ERP-Ergänzungen haben in der Vergangenheit den Unternehmen Wettbewerbsvorteile gebracht, aber gleichzeitig dazu geführt, dass Updates ohne einen standardisierten Kern nicht möglich sind. Bei der Migration auf SAP S/4HANA beispielsweise möchte man diesen Fehler nicht wiederholen und den SAP-Kern „sauber“ halten, damit Upgrades zukünftig möglich bleiben.

Wie kann man aber dann die Individualität und Agilität von ERP-Systemen beibehalten?

Fabian Czicholl: Eine berechtigte Frage, denn ist gibt gute Gründe dafür, warum das weiterhin möglich sein sollte. Nehmen wir als Beispiel das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

Das hat nicht nur den Supply-Chain-Managern einige Kopfschmerzen beschert, sondern auch der IT, die neue Governance- und Compliance-Regelungen in ihrer Architektur abbilden können muss. Dass allein hierfür bereits kleine Softwarehäuser vielfältige Ergänzungslösungen für prominente ERP-Systeme anbieten, verdeutlicht das Dilemma. Jetzt wird die EU eine deutlich strengere Lieferkettengesetzgebung auf den Weg bringen, die das deutsche Gesetz überschreiben wird. Das wird zwangsläufig dafür sorgen, dass Prozesse auch in den IT-Abteilungen der Unternehmen wieder angefasst und optimiert werden müssen.

Wie meinen Sie das?

Fabian Czicholl: Viele Randprozesse und Systeme sind weitgehend Spreadsheet und E-Mail-basiert, was die Zusammenarbeit mit Lieferanten und die Einhaltung von Governance- und Compliance-Vorschriften erschwert. Zudem erfordert die Verwaltung komplexer Beziehungen zu Dienstleistern eine umfassende Due-Diligence-Prüfung. Unternehmen müssen die Einhaltung von komplexen, multidimensionalen Sanktionsprüfungen in Abhängigkeit von zum Beispiel Region, Produktkategorie und Auftragsvolumen sicherstellen und das Geschäftsrisiko minimieren. Hier arbeiten viele, unterschiedliche Abteilungen teilweise auf sehr individueller Fallebene zusammen.

Die oftmals manuelle Bearbeitung macht Prozesse jedoch langsam, intransparent und ineffizient. Zudem erhöht es das Risiko menschlicher Fehler. Das kann bei den komplexen Geschäftsprozessen im Supply-Chain-Management unter der Bedingung sich ändernder Regulatorik fatal sein.

Und die Updates der ERP-Systeme durch die Hersteller helfen nicht?

Fabian Czicholl: Das würde nur bedingt helfen, denn für die Standard-Updates im Kern ist die erforderliche Individualität oft zu kleinteilig. Aus Sicht der großen ERP-Anbieter lohnen sich entsprechende Updates nicht, sodass hierfür entweder Nischenanbieter in die Bresche springen oder das ERP dahingehend angepasst wird.

Da aktuell viele Firmen mit der ERP-Migration beschäftigt sind, werden solche funktionalen Erweiterungen pausiert. Zudem zeigt sich in der Migrationsphase meist, dass in der IT-Architektur eine Brücke zwischen den Alt- und Neusystemen geschlagen werden muss.

Es braucht den Menschen als Nutzer dieser Technologien, um zu kontrollieren und gegenzusteuern.

Fabian Czicholl, Appian

Wie kann das funktionieren?

Fabian Czicholl: Indem eine Plattform mit hoher Integrationsfähigkeit, diese ist entscheidend, zur Prozessorchestrierung genutzt wird. Eine solche Plattform kann als „Agilitätsschicht“ an die vorhandenen Systeme angedockt werden, völlig unabhängig davon, was die Systeme darunter tun oder wie alt sie sind. Unterschiedliche Datenquellen werden miteinander verbunden, die während einer laufenden Migration flexibel austauschbar sind.

Wir von Appian orchestrieren mit unserer Plattform die Prozessvariationen über Systeme hinweg, was Transparenz schafft und zur Effizienz beiträgt. Das wäre der erste Schritt. Nimmt man noch eine Prozessautomatisierung vor, verändert das die Art und Weise, wie Unternehmen mit Anbietern und Lieferanten kommunizieren, grundlegend.

Können Sie hier ein Beispiel nennen?

Fabian Czicholl: Verknüpft man die Datenquellen der ERP-Systeme und automatisiert die Prozesse zur Fallbearbeitung erhält man dynamische Ad-hoc-Arbeitsabläufe, die Ereignisse automatisch zur Überprüfung und Bearbeitung weiterleiten. Mit den Workflow-Funktionen können Sie jeden Schritt Ihres Einzelfalls überwachen, gegensteuern, falls nötig, und effizienter gestalten. Unsere Case-Management Plattform unterstützt das Erstellen und Verwalten von Geschäftsregeln und bietet den Fallbearbeitern die Möglichkeit, Prozesse umgehend an neue Situationen anzupassen.

Das Anbinden von verschiedenen Sanktionslisten oder Compliance-Anbietern für die Due-Diligence-Prüfungen beispielsweise minimiert das bereits erwähnte Geschäftsrisiko. All das hilft auch bei der Einhaltung von Compliance-Regeln, womit wir wieder bei den Lieferkettengesetzen wären. Vieles ist möglich. Schnell und flexibel in der Anwendung und Gestaltung mit einem modernen User Interface, das auch mobil sofort verfügbar ist. Durch die schnelle Umsetzung ergibt sich übrigens auch ein schneller ROI für die Unternehmen.

Kommen wir zur künstlichen Intelligenz. Diese nutzen Sie doch sicher auch, oder?

Fabian Czicholl: Selbstverständlich. Intelligent Document Processing (IDP) als ein Beispiel für künstliche Intelligenz spielt schon seit Jahren eine große Rolle in unserem Technologie-Baukasten. KI, konkret Machine Learning, kann beispielsweise unstrukturierte Daten in strukturierte umwandeln oder auch Dokumente automatisch klassifizieren. Die neusten Entwicklungen zu generativer KI und Large Language Models sind ein weiterer technologischer Fortschritt, der uns auch in der Prozessautomatisierung hilft. Wenn es aber um die Anwendung von Anbietern wie OpenAI oder Google geht, möchte ich vehement auf die Möglichkeiten einer privaten KI verweisen.

Könnten Sie uns das bitte etwas näher erläutern?

Fabian Czicholl: KI-Modelle sollten bestenfalls mit ausschließlich unternehmenseigenen Daten trainiert werden und Dritten den Zugang zu diesen Daten verwehren. Keine Firma möchte fremde KI-Modelle mit ihren Unternehmensdaten trainieren. Eine private KI verhindert das ganz im Sinne des Datenschutzes und den entsprechenden Policies. Alle KI-Services von Appian sind im Übrigen private KI-Services.

Und wo bleibt der Mensch bei aller Prozessautomatisierung auch durch KI?

Fabian Czicholl: Der Mensch bleibt ein integrativer Bestandteil des technologischen Fortschritts. Stichwort: Human in the loop. Es braucht den Menschen als Nutzer dieser Technologien, um zu kontrollieren und gegenzusteuern. Gleichzeitig befreit eine Prozessautomatisierung die Mitarbeitenden von sinnfreien, repetitiven Tätigkeiten, da diese von einem Bot und einem Programm übernommen werden können. So ermöglicht Appian es, Freiräume für die wertvolleren Tätigkeiten an gut ausgebildete Fachexperten zu geben. Damit wird Mehrwert in einer Zeit geschaffen, in der durch Fachkräftemangel die Experten rar sind.

Herr Czicholl, wir danken für das Gespräch.

Fabian

Czicholl

Appian -

Regional Vice President

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