Interview mit Thomas Unterbörsch, Opitz Consulting

Cloud & die Managed Service Provider-Auswahl

Die Cloud hat mittlerweile in vielen Bereichen On-Prem als Betreibermodell abgelöst. Das gilt auch für – früher häufig als Kernsysteme angesehene – Applikationen wie Datenbankanwendungen. Thomas Unterbörsch, Infrastrukturspezialist und Cloud Partner Manager bei Opitz Consulting Deutschland GmbH, im Gespräch mit Ulrich Parthier, Publisher it management. 

FragezeichenUlrich Parthier: Nachdem die Cloud zunächst über Themen wie Spitzenabdeckung, Nischenapplikationen oder Test & Development Einzug in die Unternehmen gehalten hat, kommen heute immer mehr Kernapplikationen in die Cloud und das via Managed Service Provider, kurz MSP. Wie sehen Sie die Entwicklung?

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Thomas Unterbörsch: Zunächst freuen wir uns darüber, dass wir unseren Kunden häufig gar nicht mehr die Vorzüge und den Nutzen von Cloud erläutern müssen. Viele Kunden verfügen über entsprechende Cloud Center of Excellence, die sich gar nicht mehr mit dem „Ob und Warum“ sondern schon mit dem „Wie und Wann“ auseinandersetzen. Gefragt sind vor allem unsere Erfahrungen für die Cloud-Migration und für den Betrieb Cloud-basierter Anwendungen. Die Kunden kommen aus den unterschiedlichsten Branchen und Service Modelle werden in den Varianten IaaS, PaaS oder SaaS benötigt. Mit Cloud, Infrastructure as Code und DevOps entstehen neue Geschäftsmodelle und Formen der Zusammenarbeit. Jedoch wächst die Anzahl der unterschiedlichen Cloud-Dienste mit rasantem Tempo. Damit steigen die Anforderungen an Kostenkontrolle, Sicherheit, Compliance sowie Monitoring in hybriden IT-Landschaften. Genau hier entlasten wir unsere Kunden als MSP mit standardisierten Lösungskomponenten. Sie selbst können sich auf das eigentliche Kerngeschäft konzentrieren.

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Nun gibt es ja eine Vielzahl an MSPs. Auch aus diesem Grund hat Amazon für seine Web Services (AWS) eine AWS Managed Partner Program Validation Checklist erstellt. War das der Grund, warum Sie sich auf AWS als Hyperscaler fokussieren und nicht auf MS Azure, Google, Alibaba oder andere Plattformen?

Thomas Unterbörsch: Mit AWS hat Amazon momentan das vielfältigste Cloud-Angebot im Portfolio. Für Oracle Anwender sind auch die Cloud Services von Oracle nicht vom Tisch. Amazon bietet aber auch hier sehr flexible Möglichkeiten für die Migration von Datenbanken in die Cloud. Welche Services wir unseren Kunden empfehlen, hängt immer von den individuellen Anforderungen und Rahmenbedingungen ab. Insbesondere im BI/Analytics-Bereich arbeiten wir zum Beispiel auch mit Microsoft Azure.

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Ist das auch für die Anwender eine gute Entscheidungsgrundlage für die Auswahl oder gehen die in ihren Pflichtenheften anders vor?

Thomas Unterbörsch: Der originäre Zweck derartiger MSP Validation Checklists ist, die Kriterien für ein offi zielles MSP-Audit aufzulisten. Derartige herstellerspezifische Listen gibt es für alle großen Public Cloud Anbieter. Darin enthalten sind die Kriterien, die ein Anbieter von Managed Services benötigt, um das offizielle MSP-Gütesiegel für die jeweilige Herstellerplattform zu erreichen. Außerdem beschreiben die Listen die Sichtweisen des jeweiligen Herstellers auf die Fähigkeiten, die ein Partner zur Unterstützung von Kunden mitbringen sollte. Das umfasst insbesondere die Phasen: Planen, Entwerfen, Migrieren, Erstellen, Ausführen und Optimieren. Partner müssen diese Checklisten auf der Grundlage ihrer Einschätzung zu den eigenen Fähigkeiten ausfüllen. Diese Einschätzung dient als Basis für eine vollständige Prüfung durch einen externen Auditor.

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Wie gestalten sich die MSP-Projekte, die Sie mit Ihren Kunden durchgeführt haben. Würden Sie das bitte einmal für uns skizzieren?

Thomas Unterbörsch: Tagtäglich betreuen wir über 4.000 Datenbanken und mehr als 2.000 Server unserer Kunden. Als Managed Service Provider unterstützen wir Kunden bei der Migration, der Wartung und dem Betrieb sowohl von Applikationen als auch von hybriden Infrastrukturen. Als zusätzlichen Baustein bieten wir spezialisierte Dienste für das Management von digitalen Plattformen an. Besonders stolz sind wir dabei auf die vielen langjährigen Beziehungen. Bei nicht wenigen Kunden waren gemeinsame Design-, Architektur- und Strategieworkshops der Auftakt für die gemeinsame Zusammenarbeit. Wir unterstützen bei der Analyse der Geschäftsprozesse, dem Design der Gesamtarchitektur, beim Aufbau und der Etablierung agiler Entwicklungsteams, bei der Implementierung sowie bei der schrittweisen Inbetriebnahme kundenindividueller Gesamtlösungen. Die für den Betrieb notwendigen Services und Systeme werden von Opitz Consulting installiert beziehungsweise provisioniert und gemäß Einsatzszenario optimal konfi guriert. Als MSP kümmern wir uns anschließend 24×7 um den Betrieb und die Weiterentwicklung der ganzheitlichen Lösung.

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Opitz Consulting ist ja schon seit Anfang der 1990er Jahre Experte in Sachen Oracle Datenbanken. Über die Jahre haben Sie viele Erfahrungen gesammelt und in einem Competence Center gebündelt. Wie kann man sich das vorstellen?

Thomas Unterbörsch: Die beste Einbindung aller Interessensgruppen erreichen wir innerhalb des Unternehmens durch eine Querschnittsorganisation, in der die Kompetenz aller Unternehmensbereiche vertreten ist. Aus unserer Sicht reicht es in Zeiten serviceorientierter und hochverteilter IT-Landschaften nicht mehr aus, sich als MSP allein auf die Betreuung der Datenbanken zu fokussieren. Stattdessen ist eine ganzheitliche Sicht gefragt. Wir haben in den vergangenen Jahren den Begriff der dynamikrobusten Architekturen geprägt. In unserem gleichnamigen Buch beschreiben wir aufeinander abgestimmte Referenzmodelle für zukünftige Architekturen von Applikation, Integration, Infrastruktur und Analytics. Der Aufbau mehrerer Competence Center mit entsprechender Durchsetzungsverantwortung bildete für uns die Basis, um Kompetenzen adäquat zu bündeln und die im Buch beschriebenen Standards für unsere Kunden zu entwickeln.

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Wenn wir ins Detail gehen, dann steht ja ein weitreichender Shift bevor, denn relationale Datenbanken sind heute Legacy-Systeme. Big Data und Analytics fordern neue Konzepte wie analytische Datenbanken, neue Frontends mit Predictive Analytics und KI sowie moderne Visualisierungsmöglichkeiten. Der zweite Aspekt betrifft den Wechsel von On-Prem zu Cloud. Ist das zu viel auf einmal?
 
Thomas Unterbörsch: Die Digitalisierung und in der Folge die kürzer werdenden Zyklen der Anpassung und Veränderung der IT-Landschaft machen ein „Design for Change“ als übergeordnetes Architekturprinzip der Systemarchitektur und als Haltung für die Organisation notwendig. Was hilft eine agile Organisation, wenn sie an änderungsresistenten Systemen verzweifelt? Wie agil eine Organisation ist, zeigt sich nicht darin, ob sie Scrum, Kanban, SAFe, LeSS oder andere Frameworks anwendet, sondern ob sie in der Lage ist, kontinuierlich einen gesteigerten Wert zu liefern und auch Experimente durchzuführen. Dieses Vorgehen ist als „Inspect & Adapt“ bekannt und benötigt IT-seitig eine Continuous Delivery um auf permanente technologische und fachliche Veränderungen reagieren zu können. Das Cloud Computing lockt dabei mit einfach zu skalierenden Infrastrukturen und somit mit einer Reduzierung des Time-to-Market bei der Einführung von Lösungen.
 
Traditionelle Wertschöpfungsketten verändern sich. Mehr und mehr Chancen ergeben sich aus der Einbindung von Geschäftspartnern – sei es um die Geschäftsprozesse zu optimieren oder die eigene Fertigungstiefe an die Marktgegebenheiten anzupassen. Daher muss die IT-Plattform eines Unternehmens in der Lage sein, Geschäftspartner bidirektional einzubinden. Die Analysten von Forrester sprechen von einem „Eco-System of Value“, das sich permanent an den Kunden- und Marktgegebenheiten ausrichten lässt, Kostensenkungspotenziale erschließt und durch die Dienste von Dritten auch die Kundenbindung erhöht. Es darf kein Applikationsstau entstehen. Neue Ansätze müssen unkompliziert und transparent implementierbar sein. Die Applikationslandschaft muss als digitale Plattform fungieren und die Fähigkeit besitzen, die interne Funktionalität Dritten anzubieten und die externe Funktionalität Dritter intern zu verwenden. Als MSP etablieren wir derartige Plattformen und sichern die Innovationsfähigkeit. Von besonderer Bedeutung ist aber das Umdenken der IT-Organisation.
 

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Ärger gibt es bei Oracle immer wieder mit dem Thema Lizenznutzung. Da sind Sie als MSP in der Pfl icht. Wie gehen Sie mit dem Thema um?
 
Thomas Unterbörsch: Wir haben dafür erfahrene Lizenzexperten in unseren Reihen, die unsere Kunden, sowohl für On-Prem als auch für Cloud, beraten.
 
Im Bereich Cloud lohnt es sich, etwas genauer hinzusehen. Im Allgemeinen ersetzen in der Public Cloud die Services und Subscriptions die alten Lizenzmodelle. Man bezahlt in der Public Cloud also nur für das, was man nutzt. Nicht mehr und nicht weniger. Jedoch gibt es hier Unterschiede, über welche Metriken die Abrechnung erfolgt, von der minutengenauen Abrechnung über die Anrechnung vorhandener Lizenzen (BYOL) bis zur Abrechnung nach Durchsatzrate, Art des Speichers und so weiter. Die Liste ließe sich noch beliebig fortführen. Hier zeigt sich die Komplexität der Preisgestaltung in der Public Cloud. Kostentransparenz ist daher ein entscheidender Faktor.
 
Lizenzärgernisse führen mitunter aber auch dazu, dass Kunden ihre Oracle-Systeme migrieren möchten, zum Beispiel nach AWS. Als Partner von AWS und Oracle verfügen wir über die notwendige Expertise, derartige Systeme zu analysieren, die Kosten einzuschätzen und die Migration durchzuführen.
 
Module Service Operation
Bild: Überblick über die Module für Module Service Operation (Quelle Opitz Consulting).
 

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Haben Sie für verschiedene Szenarien ein Vorgehensmodell entwickelt, das dann individuell auf den Kunden abgestimmt wird?
 
Thomas Unterbörsch: Die Managed Services von Opitz Consulting sind nach einem Baukastenprinzip konzipiert. Alle betriebsrelevanten Themen wurden in einzelnen Service-Modulen gebündelt und können an den jeweiligen Bedarf angepasst werden. In einem fundierten Anforderungsmanagement schnüren wir alle benötigten Service Module zu einem Managed Services Paket. Das zeigt eine Übersicht der möglichen Service-Module: Die Basis für unsere Managed Services sind standardisierte Service Level Agreements (SLAs), die entsprechend der Kundenanforderungen oder Systemverfügbarkeit angeboten werden können. Es stehen vier SLA-Gruppen – Bronze, Silber, Gold und Platinum – zur Auswahl. Die SLA-Gruppen unterscheiden sich entsprechend der folgenden Kriterien und können nach Kundenbedürfnissen individuell kombiniert werden:
  • Servicezeiten (zum Beispiel 8 x 5)
  • Verfügbarkeitszeiten (zum Beispiel 24 x 7)
  • Reaktionszeit (zum Beispiel 0,5 Std.)
  • Fehlerbehebungszeit (zum Beispiel 4 Std.)
  • Systemverfügbarkeit (zum Beispiel 99,5%)

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Thema „Kosten“, Kunden werden Sie nach dem ROI fragen. Wann und wie rechnet sich das MSP-Modell für beide Seiten?
 
Thomas Unterbörsch: Eine direkte ROI ist nicht einfach zu berechnen. Durch Managed Services wird das Personal des Kunden entlastet, dieses wiederum kann für strategische Projekte oder für die Weiterentwicklung des Kerngeschäftes eingesetzt werden. Je höher die Anforderungen an die Verfügbarkeit von IT-Systemen sind, umso personalintensiver ist die Sicherstellung des Betriebs. Bei einem 24×7-Betrieb müssen mindestens sechs Mitarbeiter über gleiche Qualifi kation verfügen, um die Systeme sicher betreuen zu können. Dabei achten wir auf die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes, insbesondere auf die Ruhezeiten nach einem Einsatz in der Nacht und an Wochenenden. Andererseits müssen unsere Kunden, während sich die IT-Technologie rasant entwickelt, zusehen, wie sie ihre Mitarbeiter weiterbilden, um die Verfügbarkeit von Systemen On-Prem oder in der Cloud sicherzustellen. Das ist mit viel Aufwand und Kosten verbunden. Diesen Aufwand können sich die Unternehmen sparen, indem sie unsere Managed Services in Anspruch nehmen. Diese oben genannten Themen müssen bei der Betrachtung der Kosten beziehungsweise des ROI im Einzelfall für jeden Kunden bewertet werden.
 

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Thema Leadership. Was unterscheidet Opitz Consulting von anderen MSPs, wo liegt der besondere Mehrwert für Ihre Kunden?
 
Thomas Unterbörsch: Zum einen decken wir als Partner für die Bereitstellung von Cloud Services ein nahezu vollständiges Spektrum aller führenden Anbieter ab. Dann basieren die Prozesse und Leistungen unserer Managed Services auf dem etablierten ITIL-Framework. Damit garantieren wir eine standardisierte Abwicklung sowie eine transparente Kundenkommunikation. Des Weiteren sorgen wir in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit unseren Kunden für klare Rollendefinitionen und eindeutige Beschreibungen der Betriebsprozesse und legen so den Grundstein für einen reibungslosen Betrieb.

Thank YouHerr Unterbörsch, wir danken für dieses Gespräch.

 
 

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