Ohne Rechenzentren wären viele digitale Dienste nicht möglich

Immer mehr Rechenzentren – Der Stromhunger wächst

Rechenzentrum

Schnell mal eine Kurznachricht verschicken, ein Foto posten, eine Mail beantworten, die Lieblingsserie streamen, eine Künstliche Intelligenz (KI) zu Rate ziehen oder online shoppen gehen: Ohne Rechenzentren wären viele digitale Dienste und Annehmlichkeiten des modernen Alltags nicht möglich.

Hessen gilt als einer der wichtigsten Standorte für Rechenzentren in Europa. Mit einem der weltweit größten Internetknotenpunkte DE-CIX in Frankfurt als Impulsgeber hat sich das Rhein-Main-Gebiet als führender Standort für digitale Infrastruktur etabliert. Rechenzentren sprießen wie Pilze aus dem Boden. Eine Herausforderung ist dabei der hohe Stromverbrauch; Energieeffizienz und Abwärmenutzung stehen im Fokus.

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In Frankfurt und Umgebung gibt es Dutzende größere Rechenzentren. Nirgendwo sonst in Deutschland ist deren Dichte so hoch. Am Dienstag wurde bekannt, dass der US-amerikanische Software-Riese Oracle in den kommenden fünf Jahren in Deutschland zwei Milliarden US-Dollar investieren will, um der wachsenden Nachfrage nach Anwendungen künstlicher Intelligenz und nach Cloud-Infrastruktur gerecht zu werden. 

Die Summe von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro wird in großen Teilen in die Rhein-Main-Region fließen. Im Großraum Frankfurt sollen die Cloud-Infrastruktur von Oracle ausgebaut und Kapazitäten für Anwendung der künstlichen Intelligenz erheblich erweitert werden. 

Google: Entkopplung von Strombedarf und CO2-Emissionen

Der Internet-Riese Google hatte bereits im Oktober 2023 in Hanau sein erstes Cloud-Rechenzentrum in Deutschland eröffnet. Über den aktuellen Stromverbrauch dieser Einrichtung ist wenig Konkretes bekannt. «Wir weisen den Energieverbrauch nicht für einzelne Standorte aus, aber unsere Rechenzentren gehören zu den effizientesten der Welt», erklärte ein Unternehmenssprecher auf Nachfrage der dpa. 

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Der Konzern will in den kommenden Jahren immer stärker auf klimafreundlichere Energiequellen setzen. «Hanau ist Teil unserer Cloud-Region in Frankfurt, die derzeit durchschnittlich 90 Prozent CO2-freie Energie nutzt», erklärte der Sprecher. Dank Investitionen in die Energieeffizienz sei der wachsende Strombedarf der Google-Rechenzentren weltweit von den damit verbundenen CO2-Emissionen entkoppelt worden. 

Stromverbrauch wie eine Großstadt

Nur ein paar Kilometer von der Google-Einrichtung entfernt soll ebenfalls in Hanau ein weiteres Großrechenzentrum des französischen Data4-Konzerns entstehen. Dessen jährlicher Stromverbrauch könnte bei voller Auslastung einmal ungefähr so hoch sein wie derjenige der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt Hanau, teilte Data4 mit. 

Das Unternehmen bekräftigt, dass die Anlage, die auf einem ehemaligen US-Kasernengelände entsteht, mit Ökostrom betrieben werden soll. «Zu 100 Prozent», sagte Chief Operating Officer François Sterin der dpa. Die Abwärme soll für die Bürgerinnen und Bürger als Fernwärme nutzbar gemacht werden. Mitte September ist die Grundsteinlegung für das Milliardenprojekt geplant. 

Doch woher soll all der «grüne Strom» kommen? Data4 stehe derzeit in Kontakt mit auf Ökostrom spezialisierten Energieunternehmen in Deutschland, um durch den Abschluss langfristiger Abnahmeverträge die Einhaltung des 100-Prozent-Versprechens zu garantierten, erklärte Sterin. Ähnlich sei das bereits mit Partnerunternehmen in Frankreich, Italien und Spanien geschehen.

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Schätzung: Hessenweiter Stromverbrauch rund 7.000 Gigawattstunden

Wie viel Strom die Rechenzentren in Hessen im vergangenen Jahr genau geschluckt haben, ist nicht bekannt. «Genaue Messwerte liegen für 2024 nicht vor, da noch keine umfassende Dokumentationspflicht bestand», erklärte das Wirtschaftsministerium. Schätzungen belaufen sich den Angaben zufolge auf etwa 6.500-7.000 Gigawattstunden (GWh) für ganz Hessen.

Nach Einschätzung des Ministeriums wird der Stromverbrauch der hessischen Rechenzentren weiter deutlich steigen. Für das Jahr 2030 ist demnach mit rund 8.000 GWh zu rechnen.

Da Hessen in hohem Maße auf Stromimporte aus anderen Bundesländern angewiesen sei, müsse der Ausbau der Übertragungsnetze in Nord-Süd-Richtung beschleunigt werden. Zudem müssten zahlreiche Umspannwerke bedarfsgerecht ausgebaut beziehungsweise neu errichtet werden, damit der steigende Stromverbrauch im Rhein-Main-Gebiet zukünftig gedeckt werden könne, erklärte das Ministerium. «Dies ist die Voraussetzung, damit die Netzbetreiber den Rechenzentren in den kommenden Jahren die notwendigen zusätzlichen Netzanschlusskapazitäten zur Verfügung stellen können.»

Wasserstofffähige Gaskraftwerke als nächster Schritt

Die Landesregierung treibe nicht nur den Ausbau der Erneuerbare-Energien-Anlagen in Hessen voran, sondern setze sich beim Bund auch dafür ein, dass an den Standorten Biblis (Kreis Groß-Gerau) und Großkrotzenburg (Main-Kinzig-Kreis) neue wasserstofffähige Gaskraftwerke errichtet werden. Wenn die Bundesnetzagentur die Ausschreibungen wie geplant noch in diesem Jahr auf den Weg bringe, könnten die Konzerne RWE und Uniper die neuen Gaskraftwerke im Jahr 2030/2031 in Betrieb nehmen, wenn sie den Zuschlag erhielten, erklärte das Ministerium.

dpa

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