"Das ist ein Weckruf"

Fiverr-CEO: „KI kommt, um Ihren Job zu übernehmen“

KI Arbeiter

In einem offenen internen Schreiben warnt Fiverr-CEO Micha Kaufman seine Mitarbeiter vor den tiefgreifenden Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf den Arbeitsmarkt. Seine Botschaft: KI wird Jobs übernehmen – auch seinen eigenen – und nur außergewöhnliche Talente werden in diesem Umfeld bestehen können. Aber wie?

„Hier ist die unangenehme Wahrheit: KI kommt, um Ihre Jobs zu übernehmen. Verdammt, sie kommt, um meinen Job zu übernehmen“, schreibt Kaufman in dem Memo, das er selbst später auf X veröffentlichte. „Das ist ein Weckruf. Es spielt keine Rolle, ob Sie Programmierer, Designer, Produktmanager, Data Scientist, Jurist, Kundendienstmitarbeiter, Verkäufer oder Finanzexperte sind.“

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Kaufman macht zudem deutlich, dass sich die Definition von „einfachen“ und „schwierigen“ Aufgaben grundlegend verschieben wird: „Was einst als ‚einfache Aufgaben‘ galt, wird nicht mehr existieren; was als ’schwierige Aufgaben‘ angesehen wurde, wird das neue Einfache sein, und was als ‚unmögliche Aufgaben‘ galt, wird das neue Schwierige sein.“ Seine drastische Prognose: „Wenn Sie kein außergewöhnliches Talent in dem werden, was Sie tun, ein Meister, werden Sie sich in wenigen Monaten mit einem Berufswechsel konfrontiert sehen.“

Konkrete Handlungsempfehlungen

Der CEO empfiehlt seinen Mitarbeitern konkrete Maßnahmen, um in der KI-getriebenen Zukunft bestehen zu können. Er rät dringend dazu, die neuesten KI-Lösungen im eigenen Fachgebiet zu studieren und zu beherrschen.

Kaufman betont die Notwendigkeit, Expertise im „Prompt Engineering“ zu entwickeln – einer Disziplin, die inzwischen weit über das einfache Formulieren von Anfragen an KI-Systeme hinausgeht. Es geht nicht einfach nur darum, ChatGPT ein paar Fragen zu stellen. Prompt Engineering hat sich zu einer hochspezialisierten Fähigkeit entwickelt, bei der es darum geht, komplexe Anweisungen so zu strukturieren, dass KI-Systeme präzise die gewünschten Ergebnisse liefern.

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Im Kontext von Fiverr bedeutet dies, dass Mitarbeiter lernen müssen, wie sie KI-Systeme dazu bringen können, genau die Arbeit zu erledigen, die früher von Menschen ausgeführt wurde – sei es das Verfassen von Texten, die Erstellung von Designkonzepten oder die Entwicklung von Codestrukturen. Aus Kaufmans Sicht wird die Fähigkeit, mit präzisen Anweisungen hochwertige KI-Outputs zu erzeugen, zur entscheidenden Kernkompetenz, die über beruflichen Erfolg oder Misserfolg entscheidet.

Der CEO fordert zudem, Large Language Models (LLMs) sowie generative KI vollständig in die täglichen Arbeitsabläufe zu integrieren. Nicht als gelegentliches Hilfsmittel, sondern als zentrale Produktivitätstreiber. Kaufman macht unmissverständlich klar, dass traditionelle Tools wie Google zunehmend obsolet werden. Seine Warnung ist deutlich: Wer KI nicht als Kernkompetenz annimmt, riskiert, seinen beruflichen Wert rapide zu verlieren.

Drastischer Strukturwandel

Der öffentlich gewordene Warnruf des Fiverr-CEO ist deshalb so bemerkenswert, weil das Unternehmen selbst im Zentrum der Gig-Economy steht, die nun durch KI grundlegend verändert werden könnte. Die Plattform vermittelt Freelancer für digitale Dienstleistungen – genau jene Tätigkeiten, die besonders anfällig für KI-Automatisierung sind.

Dass der Chef eines solchen Unternehmens so offen über die disruptiven Kräfte spricht, zeigt, wie tiefgreifend der bevorstehende Strukturwandel eingeschätzt wird. Während Fiverr offiziell betont, dass KI neue Möglichkeiten schaffen werde, lässt Kaufmans internes Memo keinen Zweifel daran, dass diese Transformation keineswegs schmerzfrei verlaufen wird.

„Diese Nachricht soll zum Nachdenken anregen“, schließt Kaufman sein Memo. „Diejenigen von euch, die mit mir zusammensitzen und unsere Zukunft besprechen möchten, können dies tun. Ich freue mich darauf, euch zu sehen.“

Lars

Becker

Redakteur

IT Verlag GmbH

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