Der Branchenverband Cloud Infrastructure Services Providers in Europe (CISPE) hat beim Europäischen Gerichtshof eine formelle Nichtigkeitsklage gegen die Genehmigung der VMware-Übernahme durch Broadcom eingereicht.
In einer offiziellen Stellungnahme wirft CISPE der Europäischen Kommission “Rechtsfehler und offensichtliche Versäumnisse im wettbewerbsrechtlichen Bewertungsprozess” vor. Die am 13. Mai 2025 veröffentlichte Zusammenfassung der Kommissionsentscheidung zeige, dass die Behörde durchaus erhebliche Wettbewerbsrisiken erkannt hatte. Dennoch versäumte sie es, Broadcom Auflagen zur Verhinderung einer Marktmachtkonzentration oder zum Schutz vor Missbrauch aufzuerlegen.
Diese Versäumnisse seien schwerwiegend genug, um eine Aufhebung der Entscheidung zu rechtfertigen, argumentiert CISPE. Die Klage wurde innerhalb der zulässigen Berufungsfrist beim Gericht eingereicht.
Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, kritisiert: “Die Kommission wurde vor diesen Entwicklungen gewarnt, doch sie blieb untätig. Sie muss ihre Entscheidung nun überdenken.”
Drastische Lizenzänderungen sorgen für Unmut
Seit der Übernahme habe Broadcom bestehende VMware-Verträge mit teils nur wenigen Wochen Vorlaufzeit gekündigt und neue, deutlich restriktivere Lizenzbedingungen eingeführt. CISPE berichtet von Kostensteigerungen, die teilweise das Zehnfache der bisherigen Preise erreichen, sowie von obligatorischen mehrjährigen Verträgen für den Zugang zu essentieller VMware-Software.
Besonders problematisch wurde die Situation im Juli, als Broadcom neue restriktive Lizenzbedingungen ankündigte, die kleinere Cloud-Anbieter – darunter viele CISPE-Mitglieder – faktisch vom Markt ausschließen könnten. Diese Provider könnten künftig vom Kauf und Weitervertrieb VMware-basierter Cloud-Dienste ausgeschlossen werden.
Vergebliche Verhandlungsversuche
CISPE hatte bereits in den vergangenen zwei Jahren kontinuierlich Alarm bei der EU-Kommission – insbesondere bei der Generaldirektion Wettbewerb – geschlagen und vor Broadcoms unfairen Software-Lizenzpraktiken gewarnt. “Trotz zahlreicher Meetings und ausführlicher Antworten auf detaillierte Informationsanfragen wurde keine substanzielle Maßnahme ergriffen, um europäische Cloud-Service-Provider oder ihre Kunden zu unterstützen”, beklagt der Verband.
Gleichzeitig scheiterten wiederholte Versuche von CISPE, konstruktiv mit Broadcom zu verhandeln und fairere Zugangsbestimmungen für seine Mitglieder zu erreichen. Diese Bemühungen stießen auf “Verweigerung und Missachtung” seitens des Chip-Konzerns.
Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, verdeutlicht die Tragweite: “Die Dominanz von VMware-Software im Virtualisierungsmarkt bedeutet, dass die unfairen neuen Lizenzbedingungen von Broadcom fast jede europäische Organisation betreffen, die Cloud-Technologie nutzt. Nicht nur Cloud-Service-Provider, sondern auch Krankenhäuser, Universitäten und Kommunalbehörden stehen nun vor unerschwinglichen Rechnungen und starren langfristigen Verpflichtungen, die die Flexibilität und Erschwinglichkeit ihrer Cloud-Infrastruktur gefährden.”
Broadcom wies die Vorwürfe zurück. Ein Unternehmenssprecher erklärte laut TheRegister, man halte sich an die gegenüber der EU-Kommission gemachten Zusagen und bringe Kunden weiterhin bessere Wahlmöglichkeiten und Lösungen für komplexe technologische Herausforderungen.