Automobilbranche: Transportroboter und E-Lkw sorgen für Transformation

Elektro-LKW

Leuchtend orangene Transporter fahren durch die Hallen des Continental-Werks in Rheinböllen – ganz ohne Fahrer. Die unter anderem als Gabelstapler einsetzbaren Fahrzeuge sind das Ergebnis der Transformation an der Produktionsstätte von Bremssätteln für Autos – einem der größten Arbeitgeber im Hunsrück. «Der mobile Roboter ist die Zukunft hier am Standort», sagt Werksleiter Stephan Nachtmann. Die Transportroboter werden seit 2019 zusätzlich zu den Bremsen produziert.

«Der Mix macht uns aktuell aus.» Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) spricht von «einem der gelungensten Beispiele für Transformation» im Land.

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Gerade Autohersteller und Zulieferer gehören zu den Branchen, die unter einem besonderen Anpassungsdruck stehen, wie Transformationsminister Alexander Schweitzer (SPD) feststellt. Die Integral Accumulator GmbH in Remagen etwa zeige, wie Transformation in Unternehmen gelingen könne, die bisher schwerpunktmäßig im Automotive-Bereich unterwegs waren. «Das Unternehmen nutzt dafür die Möglichkeiten der Digitalisierung in innovativer Weise», heißt es im Ministerium. So etwa bei der digitalen Überwachung der Produktion, der Fernwartung und dem Einsatz von Datenbrillen bei der Konzeption neuer Anlagen. Die GmbH, die zum Freudenberg-Konzern gehört, entwickelt und produziert Kolben-, Membran- und Blasenspeicher.

Im größten Lkw-Montagewerk von Mercedes-Benz Trucks in Wörth am Rhein vereinbarten Betriebsrat und Unternehmensleitung 2021 die Transformation zu einem «Vorreiter in grüner Produktion», wie die Sprecherin Natalie Knauer sagt. Im selben Jahr begann die Serienproduktion eines batterieelektrisch angetriebenen Mercedes-Benz-Lkw, ein Jahr später folgte der zweite Elektro-Serien-Lkw.

Und der batterieelektrische Lkw für den Fernverkehr kommt künftig auch aus Wörth – mit rund 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach eigener Darstellung der zweitgrößte Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz. Er soll am 10. Oktober vorgestellt werden, die Serienreife sei für nächstes Jahr geplant.

Auch in der eigenen Lieferkette setzt Mercedes Benz auf E-Lastwagen: Bis 2026 soll der Lieferverkehr zu 100 Prozent elektrisch sein. «Ein bedeutender Teil der direkten Lieferkette kann so CO2-neutral werden», sagt Knauer. Gemeinsam mit Logistikdienstleistern und Spediteuren, die täglich das größte Werk von Mercedes-Benz Trucks beliefern, arbeite das Unternehmen daran, «in deren Flotten sukzessive elektrisch angetriebene Lkw zu integrieren».

«Die Einführung neuer Technologien und digital gesteuerter Arbeitsprozesse haben das Potenzial, unsere Arbeitswelt umfassend zu verändern – nicht nur indem sie Arbeit produktiver machen, sondern auch, indem sie die Beschäftigten entlasten», stellt Minister Schweitzer fest.

Continental etwa verkauft den autonomen, mobilen Transportroboter nicht nur, sondern setzt ihn im Werk in Rheinböllen auch selbst ein. Viele schwere Lasten müssen nicht mehr von Hand bewegt werden, weil der Roboter das Material im Hochlager verteilt. Einer kann bis zu 1200 Kilogramm auf einmal transportieren, die gesamte Flotte im Werk übernimmt bis zu 3200 Materialtransporte pro Tag. Bei einer durchschnittlichen Wegstrecke von 250 Metern kommen am Tag rund 80 Kilometer zusammen, wie Unternehmenssprecher Sören Pinkow berichtet. «Das erlaubt uns auch, im hohen Alter noch hier arbeiten zu können», sagt der Chef der Produktion, Hagen von Schledorn.

«Die Transformation insgesamt stellt allerdings auch immer neue Anforderungen an die Qualifikationen», weiß Schweitzer. Und dabei zeige sich immer wieder: «Am erfolgreichsten sind diejenigen Unternehmen, die ihre Beschäftigten in diesem Prozess mitnehmen, denn wirklich nachhaltig kann Transformation nur von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam gestaltet werden.»

Auch das lässt sich in Rheinböllen beobachten. Ein gelernter Elektriker etwa erzählt begeistert, wie er sich im Werk zum Programmierer weiter entwickelte. «Ich musste mich auf was komplett Neues einlassen, ich wusste gar nicht, was auf mich zukommt», berichtet ein gelernter Mechatroniker, der inzwischen als Servicetechniker arbeitet. «Man sieht hier Menschen, die in der alten und der neuen Welt arbeiten und beides können», lobt Ministerpräsidentin Dreyer bei einem Rundgang. Sie drückt ihren Respekt vor der Belegschaft aus, die zeige, «dass Transformation nicht Angst heißen muss, sondern Hoffnung und Zukunft bedeutet».

In der Integral Accumulator GmbH würden die Transformationsprojekte auch gemeinsam mit den Beschäftigtenvertretern und Teilen der Belegschaft entwickelt und umgesetzt, heißt es in Schweitzers Transformations- und Arbeitsministerium. Das Unternehmen greife auch auf dessen Angebot der Transformationsbegleiter zurück, die Qualifizierung und Weiterbildung unterstützen.

Aus- und Weiterbildung ist auch bei den Beschäftigten von Mercedes-Benz Trucks ein Dauerthema. Im Werk Wörth seien bisher rund 2700 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen am standorteigenen Aus- und Weiterbildungszentrum für den Umgang mit Hochvolt-Fahrzeugen und -Komponenten ausgebildet worden, berichtet Knauer.

Mercedes Benz engagiert sich in Wörth auch über die Lkw hinaus für Klimaneutralität und die Energiewende. Im diesem Sommer hat das Unternehmen zudem 6400 Photovoltaikmodule auf den Dächern der Betriebshallen aktiviert, wie Knauer sagt. Der Strom werde direkt ins Netz des Werks eingespeist. Gemeinsam mit dem baden-württembergischen Energieversorger EnBW und der Stadt Wörth am Oberrheingraben will Daimler Truck zudem die Möglichkeit geothermischer Wärmegewinnung ausloten – ein entscheidender Schritt, um das Ziel der Kommune zu erreichen, bis 2030 CO2-neutral zu werden.

dpa

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