"Dieser Test ist eine Mahnung an uns"

Russland strebt unabhängiges Internet an

Gestern schlugen Berichte zu Russlands Ankündigung hohe Wellen, Telekommunikationsanbieter zu Testzwecken dazu zu zwingen, die Kommunikationsinfrastruktur Russlands in Kürze vorübergehend vom weltweiten Datenverkehr des Internets abzukoppeln.

Sicherheits-Experte Ryan Kalember nennt diese Pläne einen „aggressiven Schritt“: „Russland testet seine eigene Version von Chinas Great Firewall“, sagte der Senior Vice President für Cybersecurity-Strategie von Proofpoint am Dienstag in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Bloomberg TV.

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Kalember erklärte in dem Gespräch des Formats „Bloomberg Technology“, warum Russland ein unabhängiges Internet anstrebt, bei dem sämtlicher inländischer Datenverkehr über staatlich kontrollierte Knotenpunkte ablaufen kann: „Russland zensiert ja bereits seit Jahren Inhalte. So kann es aber auch noch kontrollieren, welche Kommunikationskanäle überhaupt nutzbar sind.“ Auf diese Weise könne Russland beispielsweise die Nutzung von Whatsapp, Telegram oder Facebook einschränken.

Doch nicht nur die private Kommunikation wäre von einem RuNet dieser Art betroffen: Die Regierung nehme auch wirtschaftliche Konsequenzen in Kauf. Beispielsweise werde es Unternehmen in einem Land mit solchen Beschränkungen schwerfallen, Innovationen zu entwickeln – wenn der Zugang zum World Wide Web eingeschränkt ist und sie damit keinen Zugriff mehr auf die neuesten Trends und Praktiken im Rest der Welt haben.

„Dieser Schritt wird massive Konsequenzen haben für jede Organisation, die nicht möchte, dass Russland vollständige Kontrolle hat über die Daten, die über ihre Dienste fließen“, sagte Kalember. Proofpoint selbst tätige keine Geschäfte in Russland und China, führte er dazu an – eine Entscheidung, die damit zu tun habe, dass es als Cybersecurity-Unternehmen „praktisch unmöglich wäre, unsere Kunden zu schützen, würden wir die Gesetze in diesen Ländern einhalten“.

Für die russische Regierung bedeute das RuNet eine Absicherung, ergänzte Kalember später noch: „Wenn es ihnen gelingt, das ganze Land vom globalen Internet abzuschneiden, werden sie ein erhebliches Hindernis für Länder geschaffen haben, die versuchen, Gegenangriffe auf Cyberattacken durchzuführen.“ Dieser Test von Russland sei eine Mahnung, sagte der Sicherheits-Experte: „Er erinnert uns daran, dass moderne Kriegsführung über das physische Schlachtfeld hinausgeht – und dass das Thema Angriffe von Nationalstaaten oberste Priorität haben muss für Regierungsvertreter auf der ganzen Welt.“ Eine physische und eine Cyber-Verteidigungsstrategie abzustimmen und dafür Budgets zur Verfügung zu stellen, sei für alle Länder notwendig, um sich gegen die aktuellen Bedrohungen zu wappnen.

Das komplette Interview bei Bloomberg (in englischer Sprache) finden Sie hier.

www.proofpoint.com/de
 

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