Kommentar

Digitalsteuer: Yes or no?

Über Steuern kann man geteilter Meinung sein. Einerseits ist die Gier des Staates unersättlich, andererseits gibt es selten, aber manchmal doch sinnvolle Gründe. Bei der Digitalsteuer liegt ein solcher Fall vor. Ein Kommentar von Ulrich Parthier, Herausgeber it management.

Neuestes Objekt der Begierde ist eine europäische Digitalsteuer. Die Lobbyvereinigung eco ist da klarer Meinung. Deren Vorstandsvorsitzender Oliver Süme meint dazu:

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Contra

„Die aktuell auf EU-Ebene diskutierten Pläne zur Besteuerung digitaler Unternehmen führen in die falsche Richtung. Wir benötigen ein kohärentes Steuersystem, das für alle Marktteilnehmer die gleichen, fairen und nachvollziehbaren Regeln aufstellt.“ Entsprechende Reformen müssten auf OECD-Ebene erfolgen. „Die Pläne der EU-Kommission diskriminieren ausdrücklich die digitale Wirtschaft, indem sie Onlinewerbung gesondert besteuern wollen oder eine sogenannte Suchmaschinensteuer anregen. Auch die extra Besteuerung der Umsätze aus Nutzerdaten exklusiv für Digitalunternehmen ist fragwürdig.

Die Regeln, mit denen die Kommission eine Abmilderung für kleine und mittelständische Unternehmen sowie eine Vermeidung der Doppelbesteuerung erreichen will, täuschen über diesen Umstand nicht hinweg“, so Süme weiter. Besonders kritisch beurteilt Süme die von einer Sonderbesteuerung ausgehenden negativen Auswirkungen auf die Digitalisierung von Industrie und Mittelstand in Deutschland. „Hier hat Deutschland ohnehin Nachholbedarf und eine weitere Verzögerung der Digitalisierung von Unternehmen würde sich negativ auf das Wachstum und den Wirtschaftsstandort insgesamt auswirken“, so Süme. Auch der Verwirklichung des europäischen digitalen Binnenmarktes würde eine solche Sonderbesteuerung entgegenwirken.

Pro

Ich bin da ganz anderer Meinung. Stets werden irgendwelche Änderungen und Erneuerungen im Wirtschaftsleben verteufelt. Statt die Chancen zu sehen, werden negative Auswirkungen prognostiziert. Die Digitalsteuer ist richtig. Das sie richtig ist, beweist die Vergangenheit. Beispiel Automobilindustrie: Die Einführung der Sicherheitsgurte, die asbestfreien Bremsbeläge, Grenzwerte für Schadstoffe, kein Argument war der Lobby der Automobilhersteller zu billig, um all das zu verteufeln. Das Gegenteil von all dem ist eingetroffen. Es hat unser Leben sicherer und komfortabler gemacht und es war bezahlbar. Bei der Digitalsteuer sieht es ähnlich aus.

Der französische Präsidenten Emmanuel Macron sieht sie als ein effektives und faires Steuersystem für das digitale Zeitalter. Die Finanzminister von zehn EU-Staaten, ebenfalls unter französischer Führung und unter deutscher Beteiligung, hatten zuvor schon ein konkretes Modell vorgeschlagen: eine Art „Ausgleichssteuer“, die sich an den Umsätzen der Digitalunternehmen orientiert. Genau dieses Modell will die Kommission – als Übergangslösung – nun vorschlagen.

Die EU sollte nicht akzeptieren, dass internationale Konzerne einem „fairen Anteil“ an der Steuerlast auswichen. Frei nach dem Motto Gewinne kommerzialisieren und Verluste sozialisieren. Im Ergebnis wäre das eine längst überfällige Beseitigung des Steuernachteils für den stationären Handel in den einzelnen Ländern und das auf Kosten Dritter. Und viel wichtiger: Es träfe vor allem die Multis, die Steuerflüchtlinge und Steuervermeider in Personalunion sind. Denn Steuereinnahmen sind das A und O eines jeden Landes und davon partizipieren wir alle, jedenfalls fast alle. Und damit wäre dann endlich auch eine der großen Fehl-Weichenstellungen des Internet-Zeitalters beseitigt und das ist nur fair.

 

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