Unbekannt, aber mächtig: NHIs im Schatten der Systeme

Warum Unternehmen Non-Human Identities endlich ernst nehmen müssen

Identität, Identity

Non-Human Identities (NHIs) machen längst den Großteil aller digitalen Identitäten aus – und agieren unbeobachtet im Hintergrund. Sie steuern kritische Prozesse, greifen auf sensible Daten zu und verfügen über weitreichende Rechte. Doch in vielen Unternehmen fehlen Sichtbarkeit, Kontrolle und passende Sicherheitsstrategien. Wer NHIs unterschätzt, riskiert gravierende Lücken in der Cyberabwehr.

Mehr als 60 Prozent aller digitalen Identitäten entfallen laut Gartner bereits heute auf nicht-menschliche Akteure. Und die Zahl steigt weiter, getrieben von Cloud-Technologien, Automatisierung und KI. APIs, Container, Microservices, Bots, Service-Accounts oder autonome KI-Agenten agieren unabhängig voneinander, greifen auf sensible Daten zu und übernehmen zentrale Aufgaben. Häufig verfügen sie über weitreichende Rechte und werden dabei nur unzureichend überwacht. Die Folge: Unternehmen unterschätzen die Risiken dieser Identitäten, obwohl sie längst ein fester Bestandteil ihrer IT-Landschaft sind.

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Branchen im Fokus: Wo NHIs zur Achillesferse werden

Besonders deutlich zeigt sich das Gefahrenpotenzial nicht-menschlicher Identitäten in kritischen Branchen: Im Finanzwesen steuern NHIs Hochfrequenzhandel, Abwicklungsprozesse und Schnittstellen zu Drittanbietern. Ungesicherte Zugriffe können hier regulatorische Risiken und massive Reputationsschäden verursachen. Im Gesundheitswesen greifen maschinelle Identitäten auf medizinische Geräte und sensible Patientendaten zu. Ein kompromittierter Zugriff kann lebensbedrohliche Folgen haben. In der IT-Security wiederum sichern NHIs Infrastrukturen wie Firewalls, Monitoring-Systeme oder Endpoint Protection. Wird hier eine Identität manipuliert, steht die gesamte Verteidigungskette auf dem Spiel. Die Beispiele zeigen: NHIs sind längst kein Randphänomen mehr – sie sind geschäftskritisch.

Wie es zum Kontrollverlust kommt

In modernen IT-Umgebungen entstehen NHIs oft schneller, als Sicherheitsprozesse sie erfassen können. Automatisierungen, Microservices und externe Integrationen erzeugen fortlaufend neue maschinelle Identitäten. Viele davon bleiben dauerhaft aktiv, obwohl sie nur für temporäre Zwecke gedacht waren.Besonders kritisch: NHIs verfügen nicht nur über weitreichende Privilegien, sondern entziehen sich oft den etablierten Kontrollmechanismen. Sie werden selten zentral dokumentiert, kaum regelmäßig überprüft und sind für klassische Identity-Management-Strukturen schwer greifbar.

Hinzu kommt: Statt sicherer Authentifizierung, etwa durch Multi-Faktor-Verfahren, werden vielfach statische Zugangsdaten, hartcodierte Secrets oder persistente API-Schlüssel verwendet. Ein gefährlicher Angriffsvektor, der in herkömmlichen Sicherheitskonzepten meist nicht vorgesehen ist.

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Wenn klassische IAM-Modelle nicht mehr ausreichen

Viele Unternehmen wissen weder, wie viele NHIs in ihren Systemen aktiv sind, noch welche Rechte diese besitzen. Ohne strukturiertes Lifecycle-Management bleiben ausgemusterte Service-Accounts, veraltete Skripte oder abgelaufene Tokens weiterhin mit Zugriff ausgestattet und könnten ein ideales Einfallstor für Angreifer werden. Es entstehen sogenannte Schattenidentitäten: maschinelle Akteure mit teils unkontrolliertem Zugriff auf kritische Ressourcen.

Gleichzeitig stoßen klassische Identity- und Access-Management-Systeme zunehmend an ihre Grenzen. Sie basieren auf einem Identitätsverständnis, das auf menschliche Nutzer ausgelegt ist – nicht auf Maschinen, Bots oder KI-Agenten. Autonom agierende Systeme werden von herkömmlichen Anomalie-Erkennungen kaum als verdächtig eingestuft. Dabei müssten sie längst als sicherheitsrelevante Instanzen behandelt werden. Es braucht ein erweitertes Sicherheitsmodell, das auch NHIs konsequent mitdenkt, über alle Phasen hinweg: von der Entstehung über die Authentifizierung bis zur Rechtevergabe und Deaktivierung.

Umsetzung in der Praxis: Wie NHIs kontrollierbar werden

Eine zeitgemäße Sicherheitsarchitektur denkt Schutz nicht mehr von der Infrastruktur, sondern von der Identität aus, menschlich wie nicht-menschlich. 

Zentrale Voraussetzung dafür ist die automatische Erkennung und Klassifizierung neu entstehender NHIs in Echtzeit. Nur so lassen sich Zugriffsrechte situationsgerecht zuweisen, Risiken frühzeitig erkennen und privilegierte Identitäten gezielt absichern. Modelle wie Role-Based Access Control (RBAC) oder Attribute-Based Access Control (ABAC) ermöglichen dabei eine differenzierte, kontextabhängige Zugriffskontrolle – unabhängig davon, ob ein Nutzer real oder virtuell ist.

Ebenso wichtig ist ein umfassendes Credential Management: Dazu gehören automatisierte Schlüsselrotation, Ablaufüberwachung sowie die lückenlose Protokollierung aller Zugriffe. Audit Trails und Echtzeit-Logging schaffen die nötige Transparenz, um Sicherheitsvorfälle aufzuklären, Compliance-Vorgaben einzuhalten und Risiken proaktiv zu managen.

Zukunftsorientierte Konzepte wie Identity-First Security oder Adaptive Identity Management (AIM) erweitern den Handlungsspielraum zusätzlich: Sie ermöglichen Sicherheitsmaßnahmen, die sich dynamisch an Identitätstyp, Nutzungsszenario und Risikoprofil anpassen. In Kombination mit Zero-Trust-Prinzipien – also kontinuierlicher, kontextbasierter Authentifizierung ohne implizites Vertrauen – entsteht ein Schutzkonzept, das auf Identitäten zentriert ist und auch zukünftigen Bedrohungen standhält.

Ohne Kontrolle keine Sicherheit

Ohne ein strukturiertes Lifecycle-Management entwickeln sich ungenutzte Zugänge und veraltete Automatisierungen rasch zu Einfallstoren für Angriffe. Wer Non-Human Identities nicht aktiv verwaltet und absichert, verliert die Kontrolle über kritische Zugänge und gefährdet die gesamte IT-Sicherheit. Unternehmen müssen NHIs als eigenständige Identitäten begreifen und in ihre Sicherheitsarchitektur integrieren, um dauerhaft resilient zu bleiben.

Stephan

Schweizer

CEO

Nevis Security GmbH

Stephan Schweizer verantwortet als Chief Executive Officer der Nevis Security AG, einem Spin-off der AdNovum Informatik AG, den strategischen Geschäftsaufbau der Nevis Security Suite auf dem internationalen Markt.
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