Projekt meets ERP: Mehrwert für die Anwender

Die Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) auf den weltweiten Märkten sind darauf ausgerichtet, alle im Unternehmen anfallenden Prozesse zu erfassen und auswertbar zu machen. Von der Datenerfassung über die Prozessabbildung bis hin zu komplexen Berichten ist mit diesem System jeder Winkel des Unternehmens IT-gestützt überwacht und analysierbar. Soll das alles gewesen sein?

Es gibt über die Jahre betrachtet immer wieder Trends, die erst in den Unternehmen und dann in den Softwareportfolios auftauchen. Vor über zehn Jahren hieß einer dieser Trends CRM (Customer Relationship Management). Kundendatenerfassung und Kommunikationsprotokollierung war zunächst eine sehr erfolgreiche Stand-Alone-Lösung, wurde aber ebenso schnell und erfolgreich zu einem zentralen, integrierten Bestandteil vieler ERP-Systeme, auch in Branchen, deren Hauptaugenmerk nicht auf dem Vertrieb liegt.

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Was alles zu einem ERP-Standard gehört entscheidet früher oder später der Markt. In den letzten Jahren ist ein neuer Trend hinzugekommen. Dass diese Entwicklung noch recht jung ist, sieht man daran, dass noch nicht viele ERP-Systeme diesen Unternehmensprozess in ihr Standard-Portfolio aufgenommen haben, sondern meist noch mit externen Add-on´s lösen. Es ist das Projektmanagement. Abwandlungen und Ansätze, wie auch branchenspezifische Interpretationen dieses Teilgebiets sind selbstverständlich bereits seit Jahren auch Bestandteil der Unternehmens-IT. Vertriebskampagnen, Mailingkampagnen, Messeplanungen, Kundenaufträge im Anlagen- oder Gerätebau, IT-Projekte – all dies sind Teildisziplinen des Projektmanagements und sind in den ERPs von heute auch teilweise schon abbildbar.

Das Projektmanagement

Allerdings beschränkt sich diese Abbildung zumeist auf die reine Ertrags- und Kostensammlung, oder aber auf die terminliche Planung. Nicht selten ist die Sicht auf diese Projekte auch lediglich nur bereichsspezifisch möglich, so dass eine echte Aufwandsanalyse, Ressourcenverbrauch, Mitarbeiterbindung oder sogar Informationsmanagement als Kernprozess zu kurz kommen. Dieser Entwicklung wirken Unternehmen entgegen, die an ihre Klienten herantreten, um ihnen ihre Projektmanagementberatung anzubieten. Mit im Gepäck ist zumeist ein eigenes Tool. Es werden Schnittstellen zum ERP-System gebaut und so wird diese Lücke geschlossen. Das ist zwar eine Lösung, genügt aber per Definition höchstens als ein „Workaround“. Denn mit der Schnittstelle wird nur ein bestimmter Teil der Daten ausgetauscht, und somit die Vielfalt der Unternehmensdaten beschnitten.

Die Projektmanagement-Tools sind eigene Entwicklungen, die zu vielen ERPs kompatibel gemacht werden müssen, um die Absatzchancen nicht zu verringern. Somit sind diese Tools keine konsequente Weiterentwicklung innerhalb der ERP-Systeme, sondern eine externe Sicht durch ein Fenster des Datenhochhauses des Unternehmens. An dieser Stelle muss ganz klar gesagt werden, dass viele Unternehmen mit diesen eingesetzten Lösungen durchaus zufrieden sind. Sie nehmen das dafür nötige Geld gerne in die Hand und lassen sich so ein Top-modernes Netzwerk nach allen Ansprüchen der wichtigsten Stakeholder knüpfen. Aber auch hier ergeben sich Nachteile. Wenn eine der Netzwerkkomponenten ein neues Release erhält, muss jede verbundene Schnittstelle überwacht und oft auch angepasst werden. Datenströme müssen erneut geprüft werden und eine anschließende Neukonzeption der IT-Landschaft kann nicht ausgeschlossen werden.

Wie bereits erwähnt ignorieren die Hersteller von ERP-Systemen jedoch solche Entwicklungen nicht. Es dauert nicht lange, dann gibt es in den einzelnen Softwareschmieden weltweit Entwicklungsprojekte, um einen Teil des Kuchens abzubekommen. Es wird eine Entwicklung wie im Bereich CRM geben. Mit der homogenen Integration steigt die Kundenzufriedenheit, da die Investitionssicherheit durch ein geschlossenes System maßgeblich gesteigert wird und des Weiteren ergibt sich durch die Integration ein organischer Informationsfluss innerhalb des Systems.

Einige ERP-Systeme sind bereits mit einem Projektmanagement ausgestattet, wie beispielsweise Canias ERP, das System der Industrial Application Software GmbH aus Karlsruhe (IAS). „Durch die mittelständische Unternehmensgröße sind solche Unternehmen viel eher in der Lage eine solche Entwicklung zu stemmen als die Riesen in der Branche. Diese Anbieter können sehr schnell auf die Marktbedürfnisse reagieren und haben weitaus geringere Entwicklungskosten.

Innerhalb eines ERPs sind die Anforderungen an ein Projektmanagement nach den Maßgaben des PMI (Project-Management Institute) zum einen allgemeiner Natur und zum anderen bezogen auf die Vernetzung mit allen im System bereits vorhandenen Prozessen und Abläufen, sehr ERP-spezifisch. Zum allgemeinen Bereich gehören beispielsweise Mitarbeiterzuordnungen, Dokumentenverwaltung, Terminplanung, Kostenanalyse, und die Kommunikation. Der für die ERP-Systeme spezifische Teil vernetzt diese und andere Teile des Projekts mit Vertriebsvorgängen, wie Angebote, Aufträge und Rechnungen. Ebenso wird der Einkauf mit überwacht. Die gesamte Disposition des Unternehmens kann durch im Projekt geplante Vorgänge und Verbräuche beeinflusst werden. Auch die Ressourcenbindung in der Fertigung ist durch das Projektmanagement beeinflussbar.

Vorteile für die Anwender

Bezugnehmend auf den ersten Teil dieses Artikels erlaubt die Betrachtung von Projekten als Planungsinstanz auch die bereichsübergreifende Darstellung von Prozessen und Abhängigkeiten. Terminierungsregeln innerhalb des Projektes schreiben die Abarbeitungs- und Rückmeldereihenfolge der Aktivitäten vor. Die direkten Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen lassen sich dann ohne Systemwechsel oder Medienbruch analysieren. Wenn Lösungen eine Projektfunktionalität mitbringen, dann ist damit meist ein Kostensammler gemeint, denn hier laufen dann alle Erträge und Aufwände zusammen, im besten Fall noch Rückmeldungen oder Aktivitäten, aber es fehlt ganz einfach der prozessuale Draufblick. Und ohne den sieht man ein Projekt immer erst hinterher, wenn es schon gelaufen ist. Das ist zwar generell nicht unwichtig, reicht aber heutzutage nicht mehr aus. Das zeigen die Erfahrungen am Markt in den verschiedensten Branchen.

Wenn ein ERP-Anbieter seinen Kunden eine integrierte Softwarelösung für das Projektmanagement anbieten kann, sind die Kunden meist mehr als dankbar. Viele der heutigen Unternehmer wissen gar nicht, was sie alles als Projekt planen können. Vieles, was durch seine Eigenschaften durchaus die Definition eines Projektes erfüllt wird nicht als solches gesehen. Somit entschwindet den Entscheidern, wie auch allen Beteiligten, wichtiger Steuerungseinfluss. In der IT-Branche gilt es fast als Gesetz, dass eine gute Analyse bereits mit dem richtigen Konzept ansetzen muss. Branchenübergreifend ist das Trial-and-Error-Konzept ein veralteter und viel zu teurer Ansatz in allen Geschäftsbereichen.

Projektmanagement braucht eigentlich jeder. Es gibt wenige Vorhaben, die so klein sind, dass eine strukturierte Planung teurer wird, als der dadurch gewonnene Mehrwert. Insbesondere im Mittelstand wird das oft falsch eingeschätzt. Wer sich keine Einkaufsliste schreibt, vergisst irgendetwas und muss nochmal los. Und das sind nicht einkalkulierte Mehrkosten. Der Mensch ist und bleibt in einer IT-gestützten Welt nach wie vor der größte Fehlerfaktor.

Es scheint also so, als wäre aus einem Trend wieder ein neuer Standard gewachsen. Projektmanagement als ERP-Komponente ist kein Hype, sondern eine zeitgemäße Ergänzung.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Systeme ihr eigenes Projektmanagement besitzen. Entweder sie entwickeln es selbst, oder die erfolgreichen Riesen kaufen einen erfolgreichen Lösungsanbieter und versuchen zu integrieren. Das nennt man dann Kompetenzfusion. Besser ist, und dass hat sich auch bei der CRM-Integration gezeigt, sicherlich der Ansatz einer bewusst integrierten, homogenen Entwicklung, so als wäre das Projektmanagement-Modul schon immer integrierter Bestandteil einer ERP-Standard-Software.

Tobias Zirzow, IAS GmbH

Diesen Artikel finden Sie auch in der it management Ausgabe 5-2011.

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