OKR und Scrum: Zwei Schwergewichte aus der agilen Welt

ElefantenDass Agilität immer mehr Unternehmen erreicht hat und sich verschiedene Frameworks aus der agilen Welt dabei zum Standard entwickelt haben, steht zweifelsohne außer Frage. Ein Artikel allein zu diesem Thema würde wohl kaum mehr einen Aufschrei erzeugen.

Scrum, OKR, Design Thinking oder Google Design Sprint sind für viele keine Fremdwörter mehr, sondern haben ihren festen Platz im agilen Werkzeugkoffer innovativ denkender Organisationen gefunden.

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Viele Unternehmen sehen sich jetzt jedoch der nächsten Herausforderung gegenüberstehen: Wie lassen sich eigentlich die einzelnen Frameworks miteinander kombinieren? Wo ergänzen sie sich und wo ersetzen sie sich vielleicht auch?

Eines der wohl bekanntesten Beispiele dafür sind die beiden Frameworks Scrum und OKR (Objectives & Key Results). Scrum, das Framework für Produktentwicklung und OKR, die agile Form für Zielvereinbarungen, lassen bei vielen Unternehmen die Frage aufkommen, wie die “richtige” Kombination beider Frameworks denn nun aussehen könnte.

OKR und Scrum? Ersetzt OKR Scrum oder brauchen wir kein OKR wenn wir doch Scrum nutzen? Die Wahrheit ist: OKR und Scrum können sich wunderbar ergänzen und ersetzen sich keinesfalls! Bevor wir jedoch auf diese Kombination näher eingehen, ist es durchaus sinnvoll einen Blick auf die Grundsätze beider Methoden zu werfen.

Scrum

Das von Ken Schwaber und Jeff Sutherland entwickelte Framework Scrum fokussiert sich auf die Produktentwicklung. Dabei stehen kurze Iterationen (sogenannte Sprints), in denen selbstorganisierte Teams funktionierende Produktelemente kreieren, im Vordergrund. Sprints geben Kunden die Möglichkeit, Einfluss und Feedback schon während der Entwicklung des Produktes zu erhalten. Scrum liefert somit durch kontinuierliches Feedback, Transparenz und Fokus schnell werthaltige Produkte.

OKR (Objective & Key Results)

OKR, entwickelt von Andy Grove, adressiert das Thema Zielvereinbarungen. OKR schafft es, in kurzen Iterationen Unternehmensziele zu formulieren, die eng mit der langfristigen Strategie verbunden sind. Zudem gibt es Teams die Möglichkeit, selbstorganisiert ihre eigenen Ziele herauszufinden, die wiederum einen direkten Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele und -strategie leisten. Transparenz und Kommunikation sorgen dafür, dass die Ziele der Teams miteinander abgestimmt (“aligned”) sind und damit viele Synergien genutzt werden, die bei klassischen Methoden, wie zum Beispiel Management-by-Objectives (MbO, meist Jahreszielgespräche) ungenutzt bleiben.

OKR ermöglicht es somit, strategische Ziele für das Unternehmen und einzelne Teams transparent und für einen kurzen Zyklus (meist drei Monate) zu verfolgen. Scrum hingegen hat seinen Fokus eindeutig auf die Entwicklung von Produkten. In vielen kurzen Sprints (oft über nur ein oder zwei Wochen) werden die einzelnen Anforderungen (sog. Stories) eines Produktes umgesetzt.

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Der Hauptunterschied zwischen Scrum und OKR liegt in der jeweiligen Perspektive!

Zur Unterscheidung der beiden Frameworks hilft es, diese Perspektiven genauer zu betrachten. OKR nimmt eine Metaperspektive ein. Das bedeutet, dass OKR stets das gesamte Unternehmen betrachtet. Einzelne Teams überlegen sich, wie ihr aktiver Beitrag zur Unternehmensstrategie aussehen könnte. Damit bildet OKR eine figurative Klammer über das gesamte Unternehmen. Dieser Kerngedanke spiegelt sich auch in der Länge einer OKR Iteration (meist 3 Monate) wieder.

Scrum hingegen setzt den Fokus auf das Daily Doing der einzelnen Teams. Zwar besitzt die sogenannte Produktvision auch im Scrum eine große Bedeutung, doch geht es in den einzelnen Iterationen um die konkrete Umsetzung einzelner Produktanforderungen. Das bedeutet, dass ein Scrum Prozess in der Regeln nicht vom gesamten Unternehmen durchgeführt wird, sondern nur von den Teams, die zusammen an einem konkreten Produkt arbeiten.

OKR bildet die Klammer um das gesamte Unternehmen – Scrum bildet die Klammer über ein Produkt.

Der angesprochene Detaillierungsgrad zeigt, wie die Kombination beider Vorgehensweisen aussehen kann. Während OKR aus der Metaperspektive einen längeren Zeithorizont anspricht und damit auch nicht konkret in einzelne Umsetzungsdetails heruntergebrochen werden kann (es geht um Ziele – nicht um Tasks!), sieht dies bei Scrum deutlich anders aus. Somit kommt es relativ häufig vor, dass OKR die Grundlage für einen – aus Unternehmenssicht richtigen – Fokus schafft und langfristige strategische Elementen mit dem “Hier und Jetzt” verbindet. Scrum greift diese Ideen auf und setzt sie konkret um. Somit kann Scrum OKR helfen sein volles Potenzial auszuschöpfen, während OKR Scrum dabei unterstützt, die Verbindung zur Unternehmensstrategie zu wahren.

Wie sieht nun eine erfolgreiche Kombination zwischen OKR und Scrum aus?

Ein Team kann beispielsweise am Beginn einer OKR Iteration (eines sogenannten Zyklus, Bild 1) seine Ziele und Schlüsselergebnisse (Objectives und Key Results) für die nächsten drei Monate definieren und in die OKR-Liste aufnehmen. Während des Zyklus können dann einzelne Key Results in Scrum Projekten auf detaillierter Ebene umgesetzt werden, indem aus großen Key Results (beispielsweise: “Die Plattform fähig für 100.000 User machen”) mehrere detaillierte Anforderungen (sogenannte User Stories) entstehen und diese mit Hilfe von Scrum in mehreren Sprints durchgeführt werden. Oder aber innerhalb von OKR werden beispielsweise strategische Initiativen vereinbart (z.B. höhere Qualität von Programmcode durch eine höhere Testabdeckung), die dann im Scrum mit einfließt.

OKR Framework

Bild 1: Rot umrahmt sind die Erweiterungen der pluswerk.consulting am Standard OKR (Quelle pluswerk.consulting).

Der wesentliche Vorteil liegt eindeutig in der Verbindung von einzelnen Scrum Elementen (wie zum Beispiel User Stories) mit der gesamten Unternehmensstrategie. Scrum Teams können weiterhin selbst organisiert und frei arbeiten, ihre Inhalte und Ziele sind jedoch nicht nur auf die Unternehmensstrategie ausgerichtet, sondern sogar mit allen anderen Teams abgestimmt (“aligned”). Aus dieser Kombination beider Frameworks und der entsprechend eingesetzten Ressourcen kann somit ein gigantisches Potenzial aus Synergien entstehen!

Events, Rollen und Artefakte – Auch auf der Detailebene von OKR und Scrum gibt es viele Möglichkeiten der Kombination!

Bei noch tieferem Eintauchen in die Frameworks entdecken Teams häufig noch mehr Potenzial zur Kombination. Als agile Methoden arbeiten beide Frameworks beispielsweise mit Events zum täglichen (Scrum) oder wöchentlichen (OKR) Austausch sowie Retrospektiven. Diese Events lassen sich wunderbar kombinieren, da sie den gleichen Zweck verfolgen. Eine Retrospektive hilft Teams Wege zu finden sich selbst kontinuierlich zu verbessern und die eigenen Challengers (häufig auch “Impediments” genannt) zu identifizieren und zu beseitigen. Dies gilt für Scrum wie auch für OKR.

System View

Bild 2: OKR und Scrum als Kern für Agilität und Systemic View (Quelle pluswerk.consulting).

Auch die zentralen Rollen beider Frameworks (OKR Master und Scrum Master) haben eine ähnliche Ausprägung. Beide sind im Kern dafür verantwortlich, Agilität ins Unternehmen zu bringen und Teams dabei zu unterstützen, OKR und Scrum perfekt für sich nutzbar zu machen. Als Scrum Master empfiehlt sich daher eine Weiterbildung zum OKR Master aus zwei einfachen Gründen: Zum Einen kann das bereits erworbene Fachwissen aus Scrum fast nahtlos in das OKR Framework übertragen und entsprechend adaptiert werden. Zum Anderen schärfen Mitarbeiter in der Doppelfunktion aus Scrum und OKR Master ihre eigene Expertise zum Thema Agilität und entwickeln sich damit ganz organisch zu einem ganzheitlichen Agile Coach.

Das zeigt uns vor allem eins: Die Kombination von OKR und Scrum hilft Unternehmen dabei, den nächsten großen Schritt auf dem Weg zum “Agilen Unternehmen” zu machen. Zusammen schaffen es die beiden Frameworks Scrum und OKR, eine kraftvolle Klammer über das gesamte Unternehmen zu spannen und damit die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen!

Christian Jacob, Ramona Fellermeier, Patrick Lobacher

Christian Jacob, Ramona Fellermeier und Patrick Lobacher, +Pluswerk Consulting GmbH

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