Immer mehr Beschäftigte in Europa stellen ihr aktuelles Arbeitsverhältnis infrage – und nicht nur das: Auch das herkömmliche Modell der Festanstellung gerät zunehmend unter Druck.
Laut der Personio HR Study 2024 erwägen fast 50 Prozent der Arbeitnehmer:innen einen Jobwechsel innerhalb des kommenden Jahres. Auf Seiten der Unternehmen rechnet sogar die Mehrheit mit wachsender Fluktuation. Die Gründe sind vielfältig, doch oft geht es um mehr als nur unpassende Stellen oder Chefs. Es geht um grundsätzliche Fragen zur Arbeitsweise, Selbstbestimmung und Lebensqualität.
Zwischen Dienst nach Vorschrift und innerer Kündigung
Zahlreiche Beschäftigte erleben ihren Job als Belastung statt als erfüllende Tätigkeit. Fehlende Gestaltungsspielräume, geringe Flexibilität und mangelnde Einflussmöglichkeiten auf den eigenen Arbeitsalltag sind weit verbreitet. Symptome wie das sogenannte „Quiet Quitting“ – also ein Verhalten, bei dem nur noch das Nötigste getan wird – sind Ausdruck dieser Entwicklung. Parallel dazu steigen die Burnout-Zahlen, wie unter anderem Daten des AOK-Fehlzeiten-Reports zeigen. Das alles weist darauf hin: Es ist nicht nur Zeit für einen Tapetenwechsel, sondern für ein Umdenken im gesamten Arbeitsmodell.
Auf der Suche nach Freiheit: Der Trend zur Selbstständigkeit
Die wachsende Unzufriedenheit mit klassischen Arbeitsverhältnissen trifft auf ein gesellschaftliches Bedürfnis nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Viele Menschen hinterfragen heute, ob die Festanstellung tatsächlich das passende Modell für ihr Leben ist. Eine wachsende Zahl von Berufstätigen entscheidet sich bewusst für das Freelancing – also die selbstständige Arbeit auf Projektbasis.
Ergebnisse aus dem „Freelancer-Kompass 2025“, einer groß angelegten Umfrage unter Selbstständigen im deutschsprachigen Raum, zeigen: Der Wunsch nach Entscheidungsfreiheit und flexibler Zeitgestaltung ist das wichtigste Motiv für diesen Schritt. Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, ihre Arbeitsweise selbst bestimmen zu wollen; mehr als die Hälfte nannte die freie Zeiteinteilung als ausschlaggebend. Ebenso bedeutsam ist für viele die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten – sei es im Homeoffice oder unterwegs.
Unabhängigkeit will gut vorbereitet sein
Der Schritt in die Selbstständigkeit bietet viele Chancen, erfordert aber auch Planung und Sicherheit. Drei Viertel der befragten Freelancer:innen empfehlen, mit einem finanziellen Puffer von etwa 25.000 Euro zu starten, um Anfangszeiten mit unsicherem Einkommen überbrücken zu können. Auch Netzwerke und digitale Plattformen können helfen, erste Aufträge zu gewinnen und sich in der neuen Arbeitswelt zurechtzufinden.
Ein sanfter Übergang ist ebenfalls möglich: Über ein Viertel der heute Selbstständigen startete zunächst nebenberuflich, um erste Erfahrungen zu sammeln und Risiken zu minimieren.
Zeit für neue Wege
Nicht jeder Mensch wird im Freelancing die passende Lösung finden. Doch für viele kann der Ausstieg aus dem starren Arbeitsalltag neue Energie und berufliche Perspektiven eröffnen. Die Selbstständigkeit ist kein einfacher Weg, aber für jene, die Eigenverantwortung und Flexibilität schätzen, oft ein lohnender. Angesichts der wachsenden Unzufriedenheit in klassischen Strukturen gewinnt die Frage an Bedeutung, wie wir künftig arbeiten wollen – und was wir von Arbeit überhaupt erwarten. Klar ist: Die Arbeitswelt der Zukunft wird individueller, flexibler und vielfältiger sein als je zuvor.