Ende des Blindflugs: Liquiditätsprognosen aus der Cloud

Cloud-basierte Software verändert die technologischen Rahmenbedingungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Kombiniert man die „Cloud-Technologie“ mit einer integrierten ERP-Suite, lassen sich enorme betriebswirtschaftliche Potenziale ausschöpfen. Werden darüber hinaus die Daten so gespeichert, dass diese sofort analytisch auswertbar sind, kann ein Geschäftsführer sein Unternehmen jederzeit überblicken.
Ist man heutzutage mit einem Auto auf unbekannten Pfaden unterwegs, hilft ein Navigationssystem. Bei der Routenführung zum gewünschten Ziel erwartet der Fahrer, dass auch aktuelle Verkehrsinformationen berücksichtigt werden. Aus unseren Fahrzeugen sind solche Assistenzsysteme nicht mehr wegzudenken. In vielen Unternehmen dagegen wird eine vergleichbare Unterstützung mittels exakter Analysen betriebswirtschaftlicher Daten vielleicht vermisst, ihre Abwesenheit jedoch als Normalzustand empfunden. Mehr noch: Die meisten Geschäftsführer wären über eine solche Unterstützung schlichtweg überrascht.

Voraussetzungen

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Eine Ursache für dieses Defizit liegt an der Tatsache, dass verfügbare Daten in der Regel fragmentiert vorliegen und oft nicht aktuell sind. An dieser Stelle werden derzeit durch das Cloud-Thema die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidend verändert. Denn ein cloud-basiertes System zeichnet sich dadurch aus, dass die Datenerfassung an einem anderen Ort als die Datenspeicherung erfolgt. Bei verteilten Standorten und dezentraler Erfassung von Daten und Informationen, beispielsweise beim Kunden vor Ort, handelt es sich also nicht mehr um Ausnahmen der zentralen Datenerfassung, sondern um Standardprozesse. Datensilos existieren nicht, eine Datenkonsolidierung ist aufgrund dessen nicht notwendig. Unabhängig vom Ort der Erfassung werden alle Daten ohne Zeitverlust zentral gespeichert.

Nutzen mittelständische Unternehmen nun auf dieser technischen Grundlage ein ERP-System mit durchgängigen Prozessen und integrieren ihre Logistik und Finanzbuchhaltung, vermeiden sie redundante Daten und manuelle Erfassungen. Werden die so gewonnenen betriebswirtschaftlichen Daten darüber hinaus derart gespeichert, dass jederzeit eine analytische Auswertung möglich ist, dann sind die Voraussetzungen für betriebswirtschaftliche Assistenzsysteme erfüllt. Die alles entscheidende Frage lautet demnach: Gibt es überhaupt ein ERP-System, das all diese Voraussetzungen erfüllt?

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Bild 1: Liquiditätsübersicht auf Unternehmensebene

On-Demand-Lösung

Am Beispiel der On-Demand-Lösung SAP Business ByDesign ist ein Experten-Team der IBIS Prof. Thome AG dieser Frage auf den Grund gegangen. Dabei galt es die Lösung auf drei Anforderungen eines Geschäftsführers eines mittelständischen Unternehmens hin zu untersuchen. Erstens sollte die Lösung tagesgenaue Liquiditätsprognosen für die kommenden 90 Tage ermöglichen, und zweitens sicherstellen, dass sich Daten von überall aus und ohne manuellen Aufwand erstellen und aktualisieren lassen. Drittens sollten sich mit der Lösung Auftragschancen und deren Auswirkungen auf die prognostizierte Liquidität simulieren lassen können.

Die Untersuchung des in der Lösung enthaltenen Liquiditätsmanagements durch das Experten-Team ergab, dass Liquiditätsprognosen tagesgenau auf Basis der operativen Prozesse ohne manuellen Aufwand erstellt werden können. Damit werden die Anforderungen des Unternehmens grundsätzlich erfüllt. Einschränkungen wurden allerdings hinsichtlich der für die Prognose berücksichtigten betriebswirtschaftlichen Inhalte und einer möglichen Simulation von Auftragschancen festgestellt. Aus diesen Gründen hat sich der IT-Dienstleister entschlossen, ein Liquiditäts-Cockpit für SAP Business ByDesign zu entwickeln. Dieses als Add-on für die SAP-Lösung realisierte Cockpit nutzt die Eigenschaften der On-Demand-Lösung als Grundlage, erweitert diese aber um zusätzliche betriebswirtschaftliche Inhalte. Dazu zählen die Option, manuelle Daten zu ergänzen sowie die Simulation von Auftragschancen.

Auswertungen auf Knopfdruck

Wie in Bild 1 ersichtlich, werden „Einnahmen“ und „Ausgaben“ im Liquiditäts-Cockpit mit ihren Bestandteilen, wie „Bestellobligo“ oder „Kundenaufträge Bestand“, getrennt ausgewiesen. Die vom Cockpit dargestellten Daten stammen aus der cloud-basierten ERP-Lösung SAP Business ByDesign und werden durch operative Prozesse erzeugt, also beispielsweise durch das Anlegen einer Kundenrechnung oder der Freigabe einer Bestellung. Da sich diese Werte durch die betriebliche Tätigkeit permanent ändern, kann ein Geschäftsführer diese jederzeit unabhängig von seinem Aufenthaltsort über das Cockpit auf Knopfdruck aktualisieren. Die tagesgenaue Zuordnung der Beträge erfolgt durch eine Auswertung der Informationen auf Ebene der einzelnen Belege wie Lieferdatum oder Zahlungsbedingungen. Alle angezeigten Werte lassen sich bis auf die Ebene des ursprünglichen Belegs, beispielsweise einer Bestellung, identifizieren und nachvollziehen.

Handlungsoptionen abwägen

Fasst ein Geschäftsführer nun diese einzelnen relevanten Bewegungsdaten zusammen und berücksichtigt dabei die aktuellen liquiden Mittel, kann er, wie in Bild 2 dargestellt, eine Prognose über die Liquiditätsentwicklung für sein Unternehmen erstellen. Führt er diese Auswertung nun exemplarisch in der Kalenderwoche 26 durch, erkennt er auf Anhieb, dass für die Wochen 27 und 35 dringender Handlungsbedarf gegeben ist. In seinem Cockpit (Abbildung 1) sieht er, dass am 2. Juli die Tagesliquidität in den negativen Bereich gerät. Da er die Zahlung der Löhne und Gehälter (125.000 Euro in der Kategorie „Wiederkehrende Posten“) nicht kurzfristig beeinflussen kann, muss er mit Hilfe der Auswertung andere Optionen überprüfen: So kann er möglicherweise die Ausgaben vom 28. Juni in Höhe von 85.000 Euro bis zum 6. Juli verschieben oder die erwartete Einnahme vom 6. Juli in Höhe von 180.000 Euro auf den 28. Juni vorziehen. Falls dies nicht möglich sein sollte, kann er weitere Posten abgleichen und diese verschieben oder vorziehen, um die negative Entwicklung zwischen dem 2. und 5. Juli zu vermeiden. Steht keine der drei Optionen zur Verfügung, könnte das Unternehmen versuchen, erbrachte aber noch nicht fakturierte Leistungen schneller abzurechnen oder andere Beschaffungen zu vermeiden. Im ungünstigsten Fall müsste sich die Geschäftsführung frühzeitig mit der Hausbank abstimmen und eine entsprechende Kreditlinie sicherstellen.

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Bild 2: Liquiditätsprognose des Unternehmens

Solide Planungsgrundlagen schaffen

Eine gezielte Liquiditätsprognose verleiht den Unternehmen eine bessere Planungsgrundlage. Ein speziell dafür ausgelegtes Werkzeug reduziert den Aufwand einer zuverlässigen Auswertung erheblich. Finanzielle Engpässe lassen sich so frühzeitig erkennen, unnötige Kosten vermeiden und insbesondere Auftragschancen simulieren. Damit kann das Management die Auswirkungen von potenziellen Großaufträgen auf die Liquidität des Unternehmens schnell überprüfen. Das „IBIS Liquiditäts-Cockpit“ ist ein Beispiel dafür, wie mittelständische Unternehmen durch die Kombination der eingangs geforderten Eigenschaften eine leistungsfähige betriebswirtschaftliche analytische Unterstützung erreichen können.

Dr. Christian Bätz

Web-Tipp: www.ibis-thome.de

 
Diesen Artikel finden Sie auch in der it management Ausgabe 10-2012.

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